Eine neosoziale Zukunft

von: Ulrich Pfeiffer

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2009

ISBN: 9783531919324 , 240 Seiten

Format: PDF, OL

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Preis: 29,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Eine neosoziale Zukunft


 

XIII. Für die Stadt von morgen – Kommune 2030 (S. 206-207)

Rolf Böhme


Gemeinden sind wichtiger als der Staat
Theodor Heuß

1 Die Aufgabe


Die globale Finanzkrise zwingt den Staat zu milliardenschweren Staatsprogrammen, Steuererleichterungen und Garantien für gefährdete Banken und Unternehmen. Die Staatsverschuldung wird auf eine Rekordmarke des BIP ansteigen. Dennoch wird in breitem Konsens von Politik und Wirtschaft diese Schuldenlast akzeptiert, um Massenarbeitslosigkeit möglichst zu vermeiden. Die Finanzkrise trifft allerdings auf eine Bundesrepublik, die bereits vor der jetzigen internationalen Lage mit erheblichen inneren und eigenen Strukturschwierigkeiten zu kämpfen hatte. Die Kontroversen um die Agenda 2010 der rot-grünen Bundesregierung haben einen Teil der Probleme deutlich gemacht. Der nachfolgende Beitrag befasst sich mit der kommunalen Selbstverwaltung. Auch hier sind schwerwiegende Strukturveränderungen zu beobachten. Diese werden meistens an der chronischen Finanznot der Städte und Gemeinden festgemacht.

Deshalb wurde 2005 die Gewerbesteuer zur Stärkung und Stabilisierung ihres Aufkommens modifiziert. Bei den sozialen Ausgaben wurden die Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe im sogenannten Hartz-IV-Gesetz zum Arbeitslosengeld II zusammengefasst. Dadurch gelang eine qualitative Verbesserung der Gemeindefinanzen, die zusammen mit den starken Konjunkturjahren 2006-2008 auch zu guten Finanzergebnissen führte. Aber die Strukturfragen zur Gewerbesteuer sind geblieben und die Grundsteuer als zweite – viel zu schwache – Säule der Gemeindesteuern wurde überhaupt nicht behandelt und blieb völlig unverändert.

Auch die Entlastung im Sozialbereich durch das Arbeitslosengeld II ist nur teilweise gelungen und schuf keinen ausreichenden Ausgleich für die jahrelange Aufgaben- und Lastenübertragung des Bundes und der Länder auf die Kommunen. Vor allem wurden in der Sozial- und Jugendhilfe immer neue und mehr Aufgaben übertragen, ohne für ausreichenden Finanzausgleich zu sorgen. Dem drastischen Anstieg der kommunalen Soziallasten um rund 10 Mrd. € in den Jahren 1992-2004 stand ein beispielloser Verfall kommunaler Investitionen gegenüber.

Die Kommunen mussten ihre Investitionen in diesem Zeitraum um 60 % reduzieren (in Zahlen: um 14 Mrd. € auf weniger als 20 Mrd. €). Diese Entwicklung war negativ für die Städte und Gemeinden, weil sie zu einem Investitionsstau bei Schulen, Straßen und anderen Einrichtungen der Infrastruktur und Daseinsvorsorge führte (vgl. Presseerklärung Deutscher Städtetag 27.6.2005: Zehn Forderungen für eine zukunftsfähige Stadtpolitik). Die Wurzeln dieser finanziellen Auszehrung beruhen auf strukturellen Defiziten und langfristigen Fehlentwicklungen der kommunalen Selbstverwaltung. Es kommt darauf an, Denkanstöße zur Überwindung zu geben.