Neue Impulse in der Hochschuldidaktik - Sprach- und Literaturwissenschaften

von: Ulrike Eberhardt

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2010

ISBN: 9783531923192 , 331 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 42,25 EUR

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Neue Impulse in der Hochschuldidaktik - Sprach- und Literaturwissenschaften


 

VII. Kunst, Kultur und Wissenschaft (S. 299-300)

Lügen, Stehlen, Ausbilden Zur Arbeitsweise des Theaters der Versammlung zwischen Bildung, Wissenschaft und Kunst


Jörg Holkenbrink

„Werden Institutionen, die einander nicht verstehen können, abrupt miteinander konfrontiert, so entsteht regelmäßig an der Trennstelle ein intelligenter Funke. Er entsteht aus der Not, in die die Kommunikation gerät.“ (Alexander Kluge)

1 Lügen


„Das Theater der Versammlung muss man erlebt haben“. Diese oder ähnliche Äußerungen stammen oft von Hochschullehrern oder Hochschulangehörigen, die einem Theater in der Lehre zuvor eher gleichgültig bis skeptisch gegenüber standen. Möglicherweise ist bei dem Versuch, eine wissenschaftliche Hochschule für künstlerische Strategien zu öffnen, die Überzeugungskraft von Argumenten in Konzeptpapieren begrenzt.

Wenn ich zum Beispiel in einem Rundschreiben an wissenschaftlich Lehrende behaupte, dass „in Seminaren durch themenorientierte szenische Aktionen verborgene Apathien aufgespürt und die Beschäftigung mit Inhalten intensiviert werden können“, darf ich selbstverständlich nicht davon ausgehen, dass die Empfängerin bzw. der Empfänger meines Schreibens dieses überhaupt zur Kenntnis nimmt.

Wenn ich formuliere, dass „performative Verfahren das Vorstellungsvermögen und die Imaginationskraft in Produktions- und Reflexionszusammenhängen stärken können“, muss ich selbstverständlich immer damit rechnen, dass dem Adressaten ausgerechnet solche Bilder vom Theater im Kopf herumspuken, deren Wirkung auch mein Reflexionsvermögen eher schwächen würde.

Und wenn ich für die „Produktivität der Fremdheit im Umgang mit Gegenständen und Situationen, mit anderen und mit sich selbst“ plädiere, kann ich neuerdings auf breite Zustimmung stoßen, - verbunden mit der Nachfrage, was denn in diesem Zusammenhang Künstler in einer wissenschaftlichen Einrichtung zu suchen hätten. Es liegt also für das Theater in der Lehre eine große Herausforderung zunächst schon einmal darin, Menschen, die gewohnt sind, über Sachverhalte nachzudenken, in ungewohnte Sachverhalte zu verstricken, über die sie dann anschließend neu wieder nachdenken.