Management

von: Peter Drucker

Campus Verlag, 2009

ISBN: 9783593407999 , 732 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 79,99 EUR

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Management


 

Peter Druckers Vermächtnis Bei einer Diskussionsrunde mit Studenten stellte ein Professor meinen Studienanfängern die provokante Frage nach dem Unterschied zwischen einem Manager und einer Führungspersönlichkeit. Daraus entwickelte sich ungefähr folgendes Gespräch: 'Der Führer entwickelt die Vision. Der Manager findet heraus, wie man sie umsetzt', meinte ein Student. 'Führungspersönlichkeiten begeistern und motivieren, während Manager dafür sorgen, dass alles gut durchorganisiert wird', sagte ein anderer. 'Führer norden ihre Mitarbeiter auf hehre Werte ein. Manager kümmern sich um die Details.' Die Äußerungen offenbarten eine tiefe Bewunderung für 'Führer' und eine eher abfällige Einstellung zu 'Managern'. Führer haben Ausstrahlung. Führer sind überlebensgroß. Führer sind die Typen mit den schwarzen Lederjacken und den Sonnenbrillen, die so richtig cool wirken. Manager, na ja, das sind mehr die nervigen Typen, und lange nicht so interessant und charismatisch. Uns selbst sehen wir selbstverständlich alle lieber in der Führungsrolle und überlassen die dröge Verwaltungsarbeit gerne anderen. Fehlgeleiteter und unreifer können unsere Vorstellungen kaum sein. Wie Peter Drucker uns in diesem Buch auf den folgenden Seiten vor Augen führt, sind die besten Führungspersönlichkeiten in erster Linie effektive Manager. Wer führen will, aber nicht verwalten kann, versinkt entweder in Bedeutungslosigkeit oder er wird zur Gefahr - nicht nur für seine Organisation, sondern für die ganze Gesellschaft. Der Geschäftsmann und Sozialunternehmer Bob Buford hat einmal gesagt, dass Drucker genau so viel zum Triumph der freiheitlichen Gesellschaft beigetragen hat wie jeder andere Beteiligte. Dem stimme ich zu. Damit eine freie Gesellschaft funktioniert, brauchen wir leistungsfähige, eigenständige Institutionen in jedem Sektor, nicht nur in der Unternehmenslandschaft, sondern ebenso im sozialen Bereich. Ansonsten bleibt, wie Drucker selbst ausführte, die totalitäre Tyrannis der einzig gangbare Weg. Starke Institutionen wiederum hängen direkt von herausragendem Management ab, was in keinem Buch besser zum Ausdruck gebracht wird als in dem bahnbrechenden Werk Management. Erstmals kam ich mit Drucker Anfang der 90er Jahre in Stanford in Berührung, als Jerry Porras und ich über die großen Unternehmen des 20. Jahrhunderts forschten. Je mehr wir über die Gründungsstadien und Wendepunkte von Unternehmen wie General Electric, Johnson & Johnson, Procter & Gamble, Hewlett-Packard, Merck und Motorola in Erfahrung brachten, desto klarer erkannten wir Druckers intellektuelle Fingerabdrücke. David Packards Notizen und Reden aus der Gründerzeit von HP reflektierten so deutlich Druckers Schriften, dass ich mir unwillkürlich vorstellte, wie Packard sprach und dabei von einem klassischen Drucker-Text ablas. Als wir unsere Forschungsarbeit beendet hatten, suchten Jerry und ich krampfhaft nach einem geeigneten Titel für unser Buch und hatten schon über 100 Vorschläge verworfen. Frustriert platzte ich schließlich heraus: 'Warum nennen wir es nicht einfach Drucker hatte recht, und Schluss!' (Am Ende entschieden wir uns für Built to Last.1) Worin aber besteht Druckers enorme Wirkung? Die Antwort darauf ist meines Erachtens nicht nur an seinen Ideen selbst festzumachen, sondern daran, wie er an diese Ideen herangeht. Sein Ansatz besteht aus vier Elementen: 1. Er schaute aus dem Fenster, nicht in den Spiegel. 2. Er setzte zunächst - und stets - bei den Ergebnissen an. 3. Er stellte kühne Fragen. 4. Aus seiner Arbeit spricht immer Interesse und Anteilnahme an anderen. Einmal unterhielt ich mich mit einem Kollegen von der Fakultät darüber, welche Denker uns geprägt haben. Ich nannte Drucker. Mein Kollege rümpfte die Nase und meinte: 'Drucker? Aber der ist doch so ein Praktiker.' Über diesen Moment des Missfallens hätte sich Drucker diebisch gefreut. Er hätte es genossen, dafür kritisiert zu werden, dass seine Ideen funktionierten. Sie funktionierten, weil er sie aus der sorgfältigen Beobachtung empirischer Fakten ableitete. Er drängte stets darauf, sich draußen in der Welt umzuschauen, um daraus Ideen zu beziehen, und er rief sich selbst und seine Studenten dazu auf, 'aus dem Fenster zu blicken, nicht in den Spiegel!' Drucker reiht sich ein zwischen Denkern wie Darwin, Freud und Taylor. Sie alle waren Empiriker. Darwin füllte eifrig Notizbücher und schrieb viele Seiten über Tauben und Schildkröten. Freud nutzte seine therapeutische Praxis als Labor. Taylor führte empirische Experimente durch, indem er systematisch tausende von Details erfasste. Wie sie stürzte sich auch Drucker auf empirische Fakten und fragte dann: 'Welches Prinzip liegt diesen Fakten zugrunde und erklärt sie, und wie können wir uns dieses Prinzip zunutze machen?' Drucker glaubte an Ergebnisse. Er ging nicht etwa von einer beinah religiösen Überzeugung von einer bestimmten Kategorie von Antworten aus - einem Glauben an Führung oder Kultur oder Information oder Innovation oder Dezentralisierung oder Marketing oder Strategie oder irgendeine andere Kategorie -, sondern von der Frage: 'Was macht überlegene Ergebnisse aus?' Dann erst leitete er Antworten ab. Er begann beim Output - den Definitionen und Markern für Erfolg - und arbeitete sich zum Input vor, nicht umgekehrt. Und dann predigte er seinen Studenten und Kunden die Lehre von den Ergebnissen - nicht nur Wirtschaftsunternehmen, sondern auch solchen aus dem staatlichen oder sozialen Sektor. Je erhabener die Aufgabe, desto höher seine Ansprüche: Was bestimmt, wie überlegene Leistung aussieht? 'Gute Absichten sind keine Entschuldigung für Inkompetenz', schrie er förmlich heraus, ohne dabei je die Stimme zu erheben. Doch Drucker mochte noch so sehr Praktiker und Empiriker sein, nie glitt er dabei ins Technische oder Triviale ab - und er beugte sich auch nicht dem modernen akademischen Trend (um mit dem verstorbenen John Gardner zu sprechen), 'immer unbedeutendere Fragen immer genauer zu beantworten'. Indem er Professor für Management blieb - nicht im naturwissenschaftlichen, sondern im geisteswissenschaftlichen Sinne -, genehmigte er sich die Freiheit, kühnen Fragen nachzugehen. Gelesen habe ich Drucker erstmals im Urlaub im kalifornischen Monterey. Meine Frau und ich stöberten abenteuerlustig in einem Antiquariat auf der Suche nach unerwarteten Schätzen. Mir fiel dabei ein zerfleddertes, eselsohriges Exemplar von Concept of the Corporation in die Hände, von dem ich mir Nachhilfe zum Thema Unternehmensaufbau versprach. Doch nach wenigen Seiten merkte ich, dass hier eine viel weiter greifende Frage gestellt wurde: Welche Rolle spielen Unternehmen in dieser Phase der Zivilisation wirklich? Drucker war aufgefordert worden, General Motors von innen zu betrachten, und je mehr er sah, desto mehr verstörte es ihn. 'General Motors ... kann man als Triumph und Scheitern des technokratischen Managers betrachten', schrieb er später. 'In Bezug auf Umsatz und Gewinn ist [GM] bewundernswert erfolgreich. ... Doch gleichzeitig ist es grundlegend gescheitert - nämlich in Bezug auf seine öffentliche Reputation, Wertschätzung und Akzeptanz.' Drucker vertrat leidenschaftlich die Ansicht, dass Management mehr war als eine technokratische Übung. Er sah es als Profession mit einer edlen Berufung, vergleichbar mit der herausragender Mediziner oder Juristen. Drucker konnte bissig und ungeduldig sein, ja, nachgerade ein Ekel. Doch unter der reizbaren Oberfläche und hinter jeder Seite seines Werks steht ein Mann mit großer Leidenschaft für die Menschen. Er wollte nicht nur unsere Wirtschaft produktiver machen, sondern die ganze Gesellschaft - und humaner obendrein. Andere Menschen als bloße Mittel zum Zweck zu betrachten statt als Selbstzweck, erschien Drucker zutiefst unmoralisch. Und so viel er auch über Institutionen und Gesellschaft schrieb, in Wirklichkeit ging es ihm meiner Ansicht nach vor allem um eines - den Menschen. Am eigenen Leibe erfuhr ich Druckers Fürsorglichkeit und Anteilnahme 1994, als ich am Scheideweg stand und mich zwischen einem traditionellen Weg und meinem eigenen entscheiden musste. Gegenüber einem Redakteur der Industry Week erwähnte ich, dass ich ein Bewunderer von Peter Drucker sei. 'Ich habe ihn kürzlich interviewt', erzählte er mir. 'Wenn Sie möchten, frage ich ihn gern, ob er sich etwas Zeit für Sie nimmt.' Ich hatte mir nicht viel davon versprochen, doch eines Tages war die folgende Nachricht auf meinem Anrufbeantworter. 'Hier ist Peter Drucker' - langsam, gesetzt und mit österreichischem Akzent - 'und ich würde sehr gern einen Tag mit Ihnen verbringen, Mr. Collins. Bitte rufen Sie mich zurück. ' Wir verabredeten uns für Dezember und ich flog nach Claremont in Kalifornien. Drucker begrüßte mich bei sich zuhause und griff mit beiden Händen nach meiner ausgestreckten Hand. 'Mr. Collins, ich freue mich ja so, Sie kennenzulernen. Bitte kommen Sie doch herein.' Er widmete mir mehr als einen halben Tag, saß in seinem Lieblingskorbstuhl, stellte Fragen, dozierte, dirigierte und forderte mich heraus. Ich war nach Claremont gepilgert auf der Suche nach der Weisheit eines der größten Denker des Managementfachs. Zurück kam ich mit dem Eindruck, dass ich einen mitfühlenden, großherzigen Menschen kennengelernt hatte, der - beinah als Dreingabe - auch noch über einen äußerst regsamen Geist verfügte. Es gibt zwei Möglichkeiten, die Welt zu verändern: die Feder (durch Ideen) und das Schwert (durch Einsatz von Macht). Drucker wählte die Feder und revolutionierte auf diese Weise das Denken tausender Schwertträger. Wer sich für die Feder entscheidet, hat gegenüber denen, die das Schwert führen, einen großen Vorteil: das niedergeschriebene Wort lebt ewig. Wenn Sie nicht das Privileg hatten, Peter Drucker zu seinen Lebzeiten kennenzulernen, können Sie dies auf den folgenden Seiten nachholen. Sie können Zwiegespräche mit ihm halten, ihm Randnotizen schreiben, mit ihm hadern und sich von ihm irritieren und inspirieren lassen. Er kann Ihr Mentor werden, wenn Sie es zulassen. Er kann Sie weiterbilden, herausfordern und verändern - und durch Sie die Welt, in der Sie leben. Peter Drucker hat in einer dunklen, chaotischen Welt ein Licht aufstrahlen lassen. Seine Worte sind heute noch so gehaltvoll wie damals, als er sie vor Jahrzehnten in seine eigenwillige Schreibmaschine hackte. Sie sollten von jedem gelesen werden, der Verantwortung trägt - heute, morgen, in 10, 50 und 100 Jahren. Dass die freiheitliche Gesellschaft im 20. Jahrhundert triumphierte, heißt nicht, dass sie dies auch im 21. Jahrhundert tun wird. Die zentralisierte Tyrannei bleibt ein mächtiger Rivale und ihre Gewichtung in der Geschichte spricht gegen uns. Wenn junge Menschen fragen: 'Was kann ich tun, um wirklich etwas zu bewegen?', finden sie eine der besten Antworten darauf in diesem Buch. Sehen Sie zu, dass Sie eine Organisation finden, die Ihrer Leidenschaft entgegenkommt - wenn nicht in der Wirtschaft, dann im sozialen Bereich. Gibt es keine, dann gründen Sie eine. Führen Sie sie - durch die Management-Praxis - so, dass sie außergewöhnliche Ergebnisse erzielt und entscheidenden Einfluss ausübt. Damit vertausendfachen Sie, was Sie alleine erreichen könnten. Jim Collins Boulder, Colorado Dezember 2007