LernWerk

von: Friederike Fahr

wbv Media, 2008

ISBN: 9783763944897 , 456 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 35,00 EUR

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LernWerk


 

3 Konzeptioneller Bezugsrahmen: (Neue) Lernkultur (S. 48-49)

In der soeben dargestellten aktuellen Diskussion zur gesellschaftlichen Situation, zum hohen Stellenwert von Wissen, zur tragenden Bedeutung der menschlichen Potentiale und einer lernförderlichen Arbeit lässt sich aus der Zusammenschau verschiedener Äußerungen und Positionen eine Art „Hintergrundszusammenhang" ableiten, in welchem Wissen, Lernen und Kontext aufeinander bezogen sind.

Das aber legt nahe, der Sache und dem Begriff nach einen Übergang zu „Lernkultur" zu vollziehen. Hierzu finden sich Aussagen in eher thesenhaft-positioneller Form, die für die vorliegende Forschungsarbeit einen theoretischen Bezugsrahmen bilden. Schüßler/Weiß (2001) zeigen die Bedeutsamkeit auf, Lernen und Weiterbildung in die Wirtschafts- und Produktionsprozesse zu integrieren und eine neue Lernkultur zu gestalten, die organisationales Lernen ermöglicht (ebd., S.258). Nach Erpenbeck/ Sauer (2001) wird die Lernkultur eines Unternehmens dabei als eine der entscheidenden Ressourcen für die strategische Unternehmensentwicklung und für die internationale Wettbewerbsfähigkeit gesehen (ebd., S.49).

Im Rahmen solcher Lernkulturen entwickeln sich Kreativität und Innovationen durch Lernen im Prozess der Arbeit. Aus diesem Grund ist es erforderlich, „die spezifischen Rahmenbedingungen und Ressourcen für die Kompetenzentwicklung in Arbeitszusammenhängen zu analysieren und nach neuen Gestaltungsmöglichkeiten zu suchen" (ebd.). Die Lernkultur bildet somit einen lernleitenden, integrativen und latenten Orientierungs- bzw. Ermöglichungsrahmen, der in seinen Wirkungen alle Akteure im Unternehmen erfasst und Ergebnis und Prozess des Lernens beeinflusst. So geht als weitere Grundannahme in diese Untersuchung ein, dass eine zukunftsorientierte, innovative Lernkultur als wesentlicher Teil der Unternehmenskultur und als Grundlage bzw. Rahmenbedingung für die Ermöglichung und Gestaltung von Lernen und Kompetenzentwicklung im Prozess der Arbeit zu sehen ist.

3.1 Lernkultur als Teil der Unternehmenskultur

Neue Lernkultur in Unternehmenszusammenhängen beschreibt Knoll (2001) als ein neues Paradigma von beruflichen und betrieblichen Lernen: einen Ansatz, der nicht als Anpassung an von außen definierte Veränderungsnotwendigkeiten fungiert (= Ausgleich fremddefinierter Defizite) bzw. vorab definierte Ergebnisse festlegt, die zu erreichen sind, sondern sich im Sinne vorauslaufender Potentialentwicklung und Erfindung von Neuem versteht und dafür Räume eröffnet, in denen neue Lösungen entwickelt werden (ebd., S.137). Lernen geschieht hier als Handeln von Menschen, die als Experten für Arbeitsabläufe und Produkte gesehen werden und insofern auch als Sachverständige für das, was gegenüber dem schon Bekannten eben noch nicht bekannt, neu und entwicklungsbedürftig ist (ebd.). Studien zur neuen Lernkultur betonen Autonomie- und Kompetenzerleben der Mitarbeiter sowie das Erleben von sozialer Einbindung als Bedingungen für das Lernen in Unternehmen (vgl. Straka 2001, S.32).

Wichtige Merkmale einer zukunftsorientierten, innovativen Lernkultur sind bei Dehnbostel (2001) Lerninhalte bzw. Wissen in Abhängigkeit von individuellen und sozialen Kontexten (ebd., S.83). Wissen wird in offenen, gestaltbaren Handlungssituationen angewendet und nutzbar gemacht. Die Lernenden organisieren und steuern die Arbeits-Lern- Prozesse weitestgehend selbständig. „Verbesserungs-, Optimierungs- und Gestaltungsprozesse in modernen Arbeitsprozessen erfordern ein Lernen als situierten und größtenteils selbstgesteuerten Prozess (...) um entsprechende Lernprozesse zu ermöglichen, werden mit der Gestaltung des Arbeitsprozesses zugleich lernförderliche Arbeitsbedingungen und dezentrale Lernformen geschaffen." (Ebd.) Die Entwicklung und Gestaltung lernförderlicher Arbeitsumgebungen und die Ermöglichung von Lernprozessen in bzw. während der Arbeit in einer produktionsintensiven Organisation ist entscheidend davon abhängig, inwieweit das Lernen im Unternehmen gepflegt wird.

Die Lernkultur wird in dieser Arbeit als ein wesentlicher, bestimmender Teil der Unternehmenskultur verstanden (vgl. Sonntag 1996, Dehnbostel 2001). Das Lernen stellt selbst eine „wesentliche Instanz zur Festschreibung und Weiterentwicklung der Unternehmenskultur dar" (Sonntag 1996, S.41). In Anlehnung an Risch (2004) wird weiter davon ausgegangen, dass jedes Unternehmen eine wie auch immer geartete Lernkultur besitzt, die die Organisationsmitglieder mehr oder minder stark wahrnehmen und die auf unterschiedlichen Ebenen innerhalb des Unternehmens wirkt (ebd., S.3). Lernkultur und Unternehmenskultur stehen zudem in einem wechselseitigen Bezug zueinander.