Liebe dich selbst und freu dich auf die nächste Krise

von: Eva-Maria Zurhorst, Wolfram Zurhorst

Arkana, 2009

ISBN: 9783641015251 , 384 Seiten

Format: ePUB, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 8,99 EUR

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Liebe dich selbst und freu dich auf die nächste Krise


 

2. Kapitel
Willkommen im Club!
Bis hierher habe ich versucht, mit aller Leidenschaft deutlich zu machen, dass die Heilung Ihrer Beziehung nicht einfach eine Einsicht braucht. Sie braucht SIE mit Haut und Haaren. All Ihre Hingabe und Ihr Engagement. Und trotzdem heißt das nicht, dass Sie kämpfen müssten und sich disziplinieren. Ganz im Gegenteil: Es geht darum, dass Sie sich endlich wirklich einlassen und gleichzeitig von vielem Vertrautem loslassen. Ich weiß, dass das für unseren Kopf ein Paradoxon ist. Dass dieser Ansatz bei vielen Lesern von Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest, meinem letzten Buch, zwar das Herz berührt hat. Aber bei der Frage der Umsetzung wurde es für viele verwirrend. Hunderte von Malen ist mir die Frage gestellt worden: »Ja, ich will diesen neuen Weg durch meine alte Beziehung nehmen. Mir ist jetzt klar, dass Weglaufen und Trennung nicht die Lösung sind. Dass es tatsächlich einen Ausweg aus unserer Sackgasse gibt. Dass Annahme und Vergebung nichts mit Selbstaufgabe zu tun haben, sondern ziemlich kraftvolle Werkzeuge sein können. Hab ich alles verstanden. Aber wie nur kann ich es tun? Wie geht dieser Weg im Alltag?«
Oder geht es Ihnen eher so wie der zweiten großen Gruppe? »Ja, nach dem Lesen hatte ich auf einmal eine ganz neue Sicht auf die Dinge. Ich war wieder bereit, mich einzulassen und mich noch einmal für unsere Partnerschaft zu engagieren. Nur leider macht mein Partner nicht mit. Er öffnet sich einfach nicht für einen neuen Ansatz. Im Gegenteil, er macht nur noch mehr zu. Er bewegt sich einfach nicht, weigert sich strikt, meinen neuen Einsichten wenigstens mal zuzuhören, geschweige denn so ein Buch zu lesen und mit mir endlich offen über alles zu reden.«
Oder erkennen Sie Ihr Thema eher im dritten zentralen Feedback wieder, das mich so oft erreicht hat: »Während des Lesens wurde ich zwar erst schlagartig zuversichtlicher. Ich fand sogar endlich wieder Mut, noch mal einen neuen Anlauf in meiner Beziehung zu wagen. Aber dann, nach den ersten Schritten, schien es, als ob alles nur noch schlimmer würde. Ich verlor meinen Halt und war auf einmal in vielem nicht mehr so klar und sicher wie früher. Auf einmal kamen Gefühle hoch, die mich regelrecht aus der Bahn warfen und nur schwer auszuhalten waren. An jeder Ecke tauchten neue Ängste auf … Das kann doch nicht der richtige Weg sein, oder …?«
Alle drei Erfahrungen haben bei vielen Lesern dafür gesorgt, dass nach den ersten Hochgefühlen doch wieder Resignation, Widerstand oder Hilflosigkeit die beherrschenden Kräfte in ihrem Leben wurden: »Ich will ja. Aber so sehr ich mir auch gewünscht hätte, dass wir es schaffen – ich weiß einfach nicht mehr weiter. Ich weiß nicht, wie ich all diese festgefahrenen, leidigen Muster hier in meiner Partnerschaft tatsächlich annehmen soll und trotzdem wirklich aktiv etwas verändern kann.«
Annehmen, was ist, und gleichzeitig aktiv etwas verändern. Wie soll das gehen? Vor allem, wie könnte das im Alltag ganz praktisch, ganz handfest gehen? Die Beantwortung dieser Frage war der Auftrag an mich für das neue Buch. Einen ersten Ausblick auf mögliche Antworten habe ich bereits am Ende meines letzten Buches gegeben: Die Liebe – Arbeit, Ausdauer, Disziplin und Ernte, mit diesem Kapitel habe ich damals geendet. Und heute bin ich nur noch mehr davon überzeugt, dass es eins ist, die Prinzipien der Vergebung und damit der Liebe zu verstehen. Dieses Verständnis öffnet einem schlagartig das Tor in eine neue Welt und gibt einem endlich wieder ein Gefühl von Hoffnung. Aber dann braucht es jede Menge Hingabe, Geduld, aktive Vergebung und am tiefsten Punkt den Mut loszulassen, die Bereitschaft, alles aufs Spiel zu setzen und an Wunder zu glauben. Daran, dass es Antworten und Lösungen gibt, auch wenn ich sie noch nicht kenne und nicht mal die leiseste Hoffnung habe, dass sie mir zuteil werden könnten. Daran, dass ich nicht allein bin, wenn ich gerade meiner ausufernden Angst oder der Verschlossenheit und Abwehr meines Partners in die Augen schaue. Klingt wenig greifbar und konkret. Eher wie Gehen in einem zähen Sumpf. Ehrlich gesagt: Oft ist es das auch.
Klar, Sie wollen raus aus der Beziehungssackgasse und ihre dumpfe, abgestorbene Gefühlswelt wieder zum Leben erwecken. Ihnen hat das, was ich im ersten Buch geschrieben habe, offensichtlich genauso eingeleuchtet, wie es mir damals eingeleuchtet hat, als ich zum ersten Mal auf einem Seminar mit diesen Einsichten in Berührung kam. Ich war auf dem Tiefpunkt meiner Ehekrise – verzweifelt, ohnmächtig und leer. Ich hatte nicht mehr die geringste Ahnung, was ich noch tun könnte, um meine Ehe zu retten. Ich fühlte mich so festgefahren in einer Sackgasse mit der Aufschrift »Endstation«, dass ich endlich ausreichend weichgekocht war, um mir zu sagen: Okay, was hast du noch zu verlieren? Geh mal zum Seminar dieses amerikanischen Beziehungsspezialisten.
Also, für alle die, die diese Weichen stellende Geschichte aus meinem Leben noch nicht kennen … Da kam ich durch die Tür zu diesem Seminar, von dem ich lediglich in einer kleinen Broschüre irgendwo in einem Café gelesen, aber nicht die geringste Ahnung hatte. Erst dachte ich, ich bin im völlig falschen Film: Fast zweihundert Menschen drängelten sich auf Sitzreihen, die sich in einen imposanten Saal wie Tribünen nach hinten erhöhten. Trotz der Menge hatte alles eher etwas von einer großen Familie und war mir viel zu gefühlsduselig und vertrauensselig. Ich hatte vielleicht mit zwei Dutzend gefassten Leidensgenossen in kleinem, verschwiegenem Kreis gerechnet, aber nicht mit einer Massenveranstaltung mit Sektencharakter. »Nein, hier bleibst du keine Sekunde«, bäumte sich alles in mir auf.
Aber während meine Augen immer wieder den Fluchtweg nach draußen fixierten, war in meinem Inneren noch ein anderer Teil aktiv. Ein waghalsiger und neugieriger Abenteurer in mir ließ mich nach einem Platz im Gewusel suchen. Kaum hatte ich mich hingesetzt, sah ich, dass überall vor den Füßen der Teilnehmer Kleenex-Schachteln auf dem Boden standen. Wieder wollte ich flüchten. Aber da kam dann auch schon unten einer auf die Bühne, der mit seinem Hawaiihemd und seinen warmen Hundeaugen aussah wie ein amerikanischer Erweckungsprediger. Jetzt war ich überzeugt: »Das hier ist bestimmt so was wie eine Sekte. Okay! Du kannst jetzt zwar nicht mehr aufstehen. Aber in der Pause wirst du hier sofort die Flucht antreten und den ganzen Spuk einfach vergessen.«
Der mit den sanftmütigen Hundeaugen war Dr. Chuck Spezzano. Ohne große Vorwarnung fing er an, auf eine Art und Weise über Beziehungen zu reden, die ich noch nie vorher gehört hatte. Kaum ein Eindruck in meinem Leben ist in mir so haften geblieben wie die ersten Momente seines Vortrags. Nur bitte fragen Sie mich nicht, was er gesagt hat. Es war einfach so, dass mich seine Worte direkt im Innersten erreichten. Und auch gegen die Sanftmut in seinem Blick konnte ich mich nicht mehr lange mit abschätzigen Bewertungen stemmen. All meine Abwehrmechanismen schmolzen während dieses Seminarwochenendes langsam, aber stetig dahin. Es war, als ob etwas in mir aufging – so eine alte, schwere, rostig quietschende Türe vor meinem Herzen.
Zu meinem Entsetzen gehörte ich zu den Ersten und zu den Letzten, die in die Kleenex-Box griffen. Ich weinte all meine ungeweinten Tränen der letzten Jahre – aber diesmal aus Berührung, Befreiung und aus einem Gefühl von Verstandensein. Ich hatte jemandem zugehört, der mir tief aus dem Herzen gesprochen hatte. Und dessen Geschichten mich manchmal erschreckten, weil er da vorne gerade ganz offensichtlich mein ausgelaugtes Liebesleben in jedem Detail schilderte. Es war, als ob er als unsichtbarer Dritter die letzten Jahre dabei gewesen wäre. Er kannte scheinbar wirklich jede Facette meines Beziehungselends höchstpersönlich. Vor allem aber hatte er am Tiefpunkt seiner Ehegeschichte tatsächlich Auswege gefunden. »Ja! Es könnte gehen. Auch wir könnten es vielleicht schaffen«, sagte ich mir, und noch ganz benommen vom vielen Weinen, aber untendrunter mit einem neuen, ermutigenden Gefühl voller Hoffnung ging ich nach Hause. Zum ersten Mal erfüllte mich wieder eine kleine Zuversicht, dass ich doch etwas an meinem Beziehungsdilemma verändern könnte.
Warum ich Ihnen diese Geschichte so ausführlich erzähle? Aus mehreren Gründen. Zuerst möchte ich Ihnen damit sagen: Ich war einst selbst auch nur die Frau mit der Ehekrise, ohne Wissen um Hilfe und ohne Hoffnung. Mir ging es damals mit dem Seminar genau wie vielen heute mit meinem letzten Buch. Aus all den Briefen weiß ich: Viele Menschen hatten ein fast identisches Erlebnis beim Lesen von Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest wie ich damals bei der ersten Begegnung mit den Thesen von Dr. Chuck Spezzano. Immer wieder beschrieben mir Leser den gleichen, mir selbst wohlvertrauten Ablauf: »Erst wollte ich das Buch gar nicht lesen und dachte nur: Schon wieder so ein Beziehungsratgeber … Und diesmal auch noch einer mit einem ziemlich seltsamen Titel. Aber dann hat mich das Buch verfolgt, ist mir förmlich auf die Füße gefallen. Und schließlich hat es mich beim Lesen regelrecht erwischt, konnte ich gar nicht mehr aufhören.« Viele haben beim Lesen geweint. Manche sind durch einen tiefen, inneren Prozess gegangen. Und oft gab es am Ende eben dieses Gefühl von Hoffnung: »Ja, es könnte gehen. Es gibt doch noch eine Alternative zur Trennung!«
Aber so hoffnungsfroh und ermutigt viele das Buch auch zugeklappt haben, so jäh war der Absturz zurück in den Alltag. Da wartete immer noch ein Geliebter auf den Partner oder eine drohende Trennung auf einen selbst. Da saß der Partner wie immer vor dem Fernseher oder...