Der Ärger mit Marken: Markendisidentifikation untersucht am Beispiel der Deutschen Bahn, E.ON und Wiesenhof

von: Martin Seidensticker

disserta Verlag, 2015

ISBN: 9783954259090 , 156 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 39,99 EUR

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Der Ärger mit Marken: Markendisidentifikation untersucht am Beispiel der Deutschen Bahn, E.ON und Wiesenhof


 

Kapitel 2.3, Die Marke und ihre Wirkung auf den Menschen: Dieser Arbeit liegt nach Esch folgende Definition von Marken zugrunde: 'Marken sind Vorstellungsbilder in den Köpfen der Anspruchsgruppen, die eine Identifikations- und Differenzierungsfunktion übernehmen und das Wahlverhalten prägen' (Esch, 2012, S. 22). Das aktuelle Markenverständnis umfasst alles, was an einem Markt zum Kauf und Konsum angeboten wird, um ein Bedürfnis oder Wunsch zu befriedigen (Einwiller, 2003, S. 99). Die Marke umfasst damit physische sowie nicht-physische Güter (Keller, 2008, S. 10-26; Sommer, 1998, S. 23). Diese sind (digitale) Produkte, (digitale) Dienstleistungen, Bestandteile, Hersteller, Personen, Verkaufsstätten, Organisationen, Unternehmen, Qualitätssiegel, gesellschaftliche Funktionen, Orte und Ideen (ebd.). Die Marke ist eine wahrgenommene Gesamtheit, die in der Realität verwurzelt ist und die Vorstellungen sowie die Abneigungen der Anspruchsgruppen reflektiert (Keller, 2008, S. 10). 2.3.1, Funktionen der Marke: Der Nutzen der Marke aus Sicht der Anspruchsgruppen kann wie folgt unterteilt werden (Burmann & Meffert, 2005, S. 52ff.; Esch, 2012, S. 22; Kapferer, 2008, S. 186; Meffert et al., 2005, S. 10ff.): Orientierungs- und Informationsfunktion sowie Vertrauens-, Entlastungs-, Qualitätssicherungs-, Identifizierungs-, Prestige-, Symbol- und Identifikationsfunktion. Die Identifizierungsfunktion der Marke ist eine Orientierungshilfe, die zu einer effizienten und zielgerichteten Auswahl seitens des Konsumenten führt (Kotler, 2007, S. 637f.). Diese sollte nicht mit der Identifikationsfunktion verwechselt werden, welche im nächsten Kapitel betrachtet wird. Eine Marke verringert, aus transaktionskostentheoretischer Sicht, die Such- und Informationskosten und bietet damit Orientierung und Information (Meffert et al., 2005, S. 11). Die Vertrauensfunktion unterstützt durch wahrgenommene Risikoreduktion bzw. einem Gefühl der Sicherheit, den Nachfrager auf weniger aufwendige Weise zu einer Kaufentscheidung zu kommen (Einwiller, 2003, S. 59). Die Entlastung erfolgt durch Komplexitätsreduktion und Orientierung anhand von Schlüsselinformationen ('information chunks'), die die wichtigen Informationen zur Beurteilung bündeln (Kroeber-Riel et al., 2009, S. 332). Diese 'information chunks' sind verdichtete Markeninformationen, die die Kaufentscheidung bei weniger Informationsverarbeitung zufriedenstellender machen (Jacoby, Szybillo & Busato-Schach, 1977, S. 214). Marken stehen für Leistungsqualität durch einen Nachweis von Sicherheit, der sich aus der Qualitätsvermutung von Marken ergibt (Qualitätssicherungsfunktion) (Bamert, 2005, S. 48). Die Prestigefunktion meint, dass durch demonstrativen Konsum Zugehörigkeit und Konformität zu Bezugsgruppen aufgezeigt wird mit dem Ziel, diese nachzuahmen und damit soziale Akzeptanz zu generieren (Vigneron & Johnson, 1999). Die Marke wird zum Mittel der Kommunikation der eigenen Persönlichkeit gegenüber anderen (Meffert et al., 2005, S. 12). Die Identifikationsfunktion wird im folgenden Kapitel und die Symbolfunktion wird in Kapitel 2.3.4 näher betrachtet. 2.3.2, Markenidentifikation: Bei der Markenidentifikation überträgt der Konsument die Eigenschaften der Marke auf sich selbst und definiert dadurch sein Selbstkonzept. Diese identitätsstiftende Wirkung kann seine soziale Gruppenzugehörigkeit ausdrücken. Die Marke ist Kommunikationsobjekt innerhalb des sozialen Umfelds und besitzt dadurch einen psychologischen Wert. (Kehrer, 2001, S. 197-218; Meffert et al., 2005, S. 12). Analog zur Identifikation wird Markenidentifikation als wahrgenommene Einheit oder Zugehörigkeit mit der Marke, die direkte oder stellvertretende Erfahrungen mit den Erfolgen und Versagen der Marke miteinbezieht, definiert (vgl. Ashforth & Mael, 1989, S. 34). Die Markenidentifikation ist ein Selbstkonzept, das die gleichen Attribute beinhaltet, wie die wahrgenommene Identität der Marke (vgl. Dutton et al., 1994, S. 239). Nach Pepels ist die Bedeutung von Markenidentifikation für den Menschen immens. Menschen fehlt die Zeit, das Selbstkonzept anderer Menschen in ihrem Umfeld vollständig zu erfassen. Umgekehrt hat der Mensch zu wenig Zeit, sein eigenes Selbstkonzept jedem anderen Menschen vollständig zu erläutern. Durch das Bedürfnis andere Menschen subjektiv einschätzen zu wollen, ist man zwingend auf sogenannte Schlüsselsignale angewiesen. Die Beurteilung der eigenen Person erfolgt meist ausschließlich durch diese Schlüsselsignale. Sender der Schlüsselsignale sind Marken, mit denen man sich umgibt oder in Verbindung gebracht wird. Wenn man mit Marken in Verbindung gebracht wird, die nicht dem Selbstkonzept entsprechen, wird man falsch wahrgenommen und hat meist nicht die Chance sich zu rechtfertigen. Um dieses Risiko zu vermeiden, verwenden Menschen Marken, mit denen sie sich identifizieren. Es ist somit von Bedeutung, dass eine Marke der möglichst ideale Repräsentant des Selbstkonzeptes ist. (Kroeber-Riel et al., 2009, S. 583f.; Pepels, 2012, S. 59ff.). Andere Autoren (Ahuvia, 2005, S. 182f.; Belk, 1988, S. 159f.; Schouten & McAlexander, 1995, S. 56) gehen davon aus, dass beim Konsumentenverhalten die Marke in das Selbstbild integriert wird, wodurch Konsumenten ihre Identität durch die Marke ausdrücken und sich auf diese Weise bestätigt fühlen. Bei wenig Vorwissen über eine andere Person, ist das Konsumentenverhalten umso stärker an der Bildung eines Urteils beteiligt (Belk, 1987, S. 46f.). Eine Studie belegte beispielweise, dass einer unbekannten Person allein durch die Verwendung von Nescafé oder Filterkaffee unterschiedlich Persönlichkeitsmerkmale zugeschrieben wurden (Mason Haire, 1950). Zusätzlich beeinflussen soziodemografische Eigenschaften des Beobachters die Wahrnehmung des Selbstkonzeptes anderer, da beispielsweise Stereotypen bei jüngeren Menschen stärker ausgeprägt sind, als bei älteren Menschen (Belk, Bahn & Mayer, 1982). Analog zu Ashforth und Mael (1989) wird hier die Markenidentifikation als eine spezifische Form der sozialen Identifikation verstanden. Marken können das erwünschte Fremdbild beeinflussen und repräsentieren Werte nach außen, welche im folgenden Kapitel näher betrachtet werden.