Ratgeber Alpträume - Informationen für Betroffene und Angehörige

von: Reinhard Pietrowsky, Johanna Thünker

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2014

ISBN: 9783840925863 , 88 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 8,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Ratgeber Alpträume - Informationen für Betroffene und Angehörige


 

1 Alpträume – Was ist das? (S. 11-12)

Alpträume sind eine Unterform von Träumen, die mit starken negativen Gefühlen wie Angst, Wut, Scham oder Ekel einhergehen. Häufig sind diese negativen Gefühle so bedrohlich, dass man aus dem Alptraum aufwacht. Danach weiß man schnell, dass es „nur ein Traum war“, man weiß wieder wo man ist, kann sich aber an die Inhalte des Traums noch gut erinnern. Häufig fällt es aufgrund der durch den Traum verursachten Aufregung anschließend schwer, wieder in den Schlaf zu finden. Die meisten Menschen kennen Alpträume vor allem aus der Kindheit. Auch im Erwachsenenalter treten Alpträume auf, bei einigen nur ganz selten, bei einigen aber auch fast jede Nacht. Treten Alpträume regelmäßig über einen längeren Zeitraum auf, so spricht man von chronischen Alpträumen. Die Folgen sind häufig Tagesmüdigkeit, eine verringerte Leistungsfähigkeit am Tag sowie häufiges Nachdenken (Grübeln) über den Alptraum. Manchmal sind die Alpträume so unangenehm, dass die Betroffenen sich abends scheuen, ins Bett zu gehen. Um Alpträume im Sinne einer behandlungsbedürftigen psychischen Störung zu diagnostizieren, müssen die unten genannten Diagnosekriterien erfüllt sein. Typischerweise treten Alpträume, die das subjektive Gefühl von Leiden nach sich ziehen, mit einer gewissen Regelmäßigkeit auf. Allerdings gibt es keine feste Regel bezüglich der Dauer oder Häufigkeit der Symptomatik. Das heißt, wer den Eindruck hat, durch seine Alpträume beeinträchtigt zu sein, sollte psychotherapeutischen Rat suchen.

Diagnosekriterien auf einen Blick
–– Lebhafte Erinnerung an einen sehr negativen Traum, meistens verbunden mit Erwachen, typischerweise in der zweiten Nachthälfte.
–– Die Träume sind meistens mit einer Bedrohung des Lebens, der Sicherheit oder des Selbstwertgefühls verbunden.
–– Nach dem Aufwachen ist die betroffene Person rasch orientiert und munter.
–– Das Traumerlebnis und die daraus resultierende Schlafstörung verursachen einen deutlichen Leidensdruck.

Mit Hilfe der Checkliste in Arbeitsblatt 1 (vgl. Anhang, S. 83) können Sie prüfen, ob die Diagnosekriterien auf Sie zutreffen.

Bei den Alpträumen lassen sich zwei Arten unterscheiden. Da sind zum einen die „normalen“ Alpträume, also Alpträume, die wir fast alle als Kinder hatten und die auch mehr oder weniger häufig noch bei Erwachsenen vorkommen. Diese Alpträume werden als „idiopathische“ Alpträume bezeichnet, was meint, dass sie durch keine andere Erkrankung oder Störung verursacht sind. Dann gibt es die Alpträume, die bei Menschen auftreten, die ein psychisches Trauma erlebt haben und immer wieder von dem erlebten Trauma träumen. Diese Alpträume, bei denen im Gegensatz zu den idiopathischen Alpträumen, ja ein tatsächliches Ereignis immer wieder geträumt wird, werden als „posttraumatische“ Alpträume bezeichnet.

1.1 Träume und Alpträume verstehen

Die Frage, wie Träume und speziell Alpträume entstehen, beschäftigt schon seit langer Zeit Philosophen, Psychologen, Ärzte und Laien. Dabei gibt es ganz unterschiedliche Vorstellungen. Eine extreme Vorstellung von naturwissenschaftlich geprägten Theoretikern ist es, dass alles, was wir im Schlaf erleben, völlig unwillkürlich passiert, dass im Gehirn ungesteuerte Prozesse ablaufen, die eine wirre Zusammensetzung von Bildern und Vorstellungen erzeugen, die keinerlei Zusammenhang aufweisen. Das andere Extrem ist eine Vorstellung, die von der Psychoanalyse kommt und besagt, dass Träume unbewusste Konflikte widerspiegeln und man somit jeden Traum deuten kann. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo in der Mitte. Heute weiß man, dass im Traum viele Dinge, die wir im Alltag erleben, verarbeitet werden. Auch Gedanken, Ängste oder Befürchtungen, die man am Tag hat, können in Träume eingebaut werden. Das theoretische Modell, das dieser Vorstellung zugrunde liegt, wird Kontinuitätshypothese genannt. Allerdings werden einzelne „Bruchstücke“ als Alltagswahrnehmungen, Erinnerungen, Gedanken und Gefühlen zum Teil wahllos miteinander verknüpft, so dass Träume häufig für den Träumenden keinen Sinn ergeben (können) und auch nicht interpretierbar sind.