Führen Regierungen tatsächlich? - Zur Praxis gouvernementalen Handelns

von: Everhard Holtmann, Werner J. Patzelt

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2008

ISBN: 9783531908250 , 214 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 42,99 EUR

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Führen Regierungen tatsächlich? - Zur Praxis gouvernementalen Handelns


 

Governance- und Managementkonzepte des Regierens (S. 21)

Klaus König

1 Perzeptionen und Konzepte

Governance und Management sind beides: Begriffe der Wissenschaft und Begriffe der wissenschaftlich inspirierten Praxis. Management ist ein etablierter Wissenschaftsgegenstand, im deutschsprachigen Raum insbesondere der Betriebwirtschaftslehre. Welche Wissenschaftsansprüche die Managementbewegung von Anfang an begleiten, belegt die Formel vom „Scientific Management (vgl. Taylor 1915).

Der Managerialismus ist deswegen vielfach kritisiert worden, etwa die Managementprinzipien als „Proverbs of Administration (vgl. Simon 1946: 53 ff.). Aber bis zum heutigen Tage sind Modelle wie „Lean Management oder „Total Quality Management vom Rationalitätsverständnis einer wissenschaftlichen Zivilisation geprägt.

Der Governancebegriff ist im Wissenschaftsbereich – sieht man von einem Vorlauf ab (vgl. Neumann 1980) – durch die Transaktionskostenökonomie eingeführt worden (vgl. Williamson 1979: 233 ff.). Es war dann gerade die Institutionenökonomik, die das Good Governance-Konzept der Weltbank intellektuell anregte (vgl. Theobald 2000).

Insbesondere der Weltbankbericht „Governance and Development (vgl. World Bank 1992) und das breite Konzept der Commission on Global Governance „Our Global Neighbourhood (vgl. Commission on Global Governance 1995) haben Governance zu einem Leitbegriff der Weltpolitik, vor allem der Entwicklungs- und Transformationspolitik gemacht (vgl. König 2002).

Der Governancebegriff ist in seiner weiteren internationalen Karriere unter vielfältige intellektuelle Einflüsse geraten: aus der Politischen Wissenschaft, den Entwicklungsmanagement- Modellen, weiterhin der Institutionenökonomik, dem internationalen Recht u.a. Unter Governance ist verwiesen worden auf die Form des politischen Regimes, auf den Prozess, durch den Autorität im Management von Wirtschaft und sozialen Ressourcen eines Landes für die Entwicklung ausgeübt wird, auf die Kapazität der Regierung, Sachpolitiken zu entwickeln, zu formulieren und zu vollziehen.

Governance hat sich hiernach zu einem ubiquitären Begriff entwickelt, nämlich auf allen territorialen Ebenen – international, national, regional, lokal –, in den ausdifferenzierten sozialen Handlungssphären – Staat und Verwaltung, Marktwirtschaft und Unternehmen, Zivilgesellschaft und Nicht-Regierungsorganisationen –, in den Sektoren des öffentlichen Handelns - Umweltschutz, Friedensstiftung, Wirtschaftsordnung – usw. Governance erhält seine Bedeutung so aus Merkmalskontexten, die explizit oder implizit beigefügt werden.

Beispiele für sinngebende Adjektive sind: „Global Governance – hier geht es darum, wie trotz Fehlens einer Weltregierung gemeinsame Angelegenheiten der Weltgesellschaft geregelt und gesteuert, konfligierende Interessen ausgeglichen, kooperatives Handeln initiiert, internationale Regime angewandt werden können –, „Europäische Governance – hier handelt es sich um alle Regeln, Verfahren und Verhaltensweisen, die mit der Art der Ausübung der Befugnisse auf der Ebene der Europäischen Union zusammenhängen – (vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2001), eben „Good Governance – hier werden die Steuerungs- und Regelungsprämissen für die ökonomische, soziale, politische Entwicklung bezeichnet, und zwar vor allem im Hinblick auf die Dritte Welt, aber auch für Transformationsländer.

Will man den Managementbegriff auf das Regieren beziehen, muss man noch vor den internationalen Modernisierungsbewegungen etwa der eines Planning-Programming-Budgeting Systems (vgl. Böhret 1970, Reinermann 1975) auf Entwicklungen in den Vereinigten Staaten zurückgreifen. Dort fand der Managerialismus früh im 20. Jahrhundert erste Anerkennung, und zwar auf dem Gebiet der Budgeterstellung und des Haushaltswesens. Von augenfälliger Symbolik war dann der „Report of the President’s Committee on Administrative Management von 1937.