Stiftungen in der Praxis - Recht, Steuern, Beratung

von: Klaus Wigand, Cordula Haase-Theobald, Markus Heuel, Stefan Stolte

Gabler Verlag, 2008

ISBN: 9783834993106 , 270 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 36,99 EUR

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Stiftungen in der Praxis - Recht, Steuern, Beratung


 

§ 4 Die Treuhandstiftung (S. 75-76)
A. Wesensmerkmale der Treuhandstiftung
Die Treuhandstiftung, die wegen der möglichen verschiedenen verträglichen Grundlagen juristisch genauer auch als unselbstständige Stiftung oder nichtrechtsfähige Stiftung bezeichnet wird, wird gemeinhin definiert als eine Zuwendung von Vermögenswerten durch den Stifter an eine bestehende Rechtsperson mit der Maßgabe, die übertragenen Vermögenswerte dauerhaft zur Verwirklichung eines vom Stifter festgelegten Zweckes zu verwenden. Bei dieser Konstellation übereignet der Stifter somit Vermögensgegenstände wie Barvermögen, Wertpapiere oder Immobilien auf einen anderen, der als Treuhänder der Stiftung fungiert. Der Treuhänder erhält das Eigentum aber nicht zur freien Verfügung, sondern ist an die Absprachen zwischen ihm und dem Stifter gebunden, die die Verwendung des Vermögens betreffen. In der Kegel hat er nach den getroffenen Absprachen den Vermögensstock wie bei einer rechtsfähigen Stiftung dauerhaft zu erhalten und die erwirtschafteten Erträge für den vom Stifter bestimmten Zweck zu verwenden.

Die Treuhandstiftung basiert typischer Weise auf einer schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen dem Stifter und dem künftigen Treuhänder der Stiftung oder einer Verfügung von Todes wegen, die mit einer entsprechenden Verpflichtung für den Treuhänder versehen ist. Demgegenüber sind in der Praxis Treuhandstiftungen öffentlichen Rechts kaum zu finden. Solche Stiftungen können auf Grundlage öffentlich-rechtlicher Normen in Trägerschaft einer juristischen Person öffentlichen Rechts errichtet werden. Zwar fungieren insbesondere die Kommunen und Universitäten sehr häufig als Träger von Treuhandstiftungen, weil viele Stifter aus persönlicher Verbundenheit mit einer Stadt oder einer Universität gezielt und dauerhaft für diese etwas tun möchten. Es handelt sich bei diesen Konstellationen aber nicht um öffentlich-rechtliche Treuhandstiftungen, sondern in aller Regel um von natürlichen Personen errichtete Treuhandstiftungen bürgerlichen Rechts. Die Wesensmerkmale der Treuhandstiftung sind die allgemeinen stiftungstypischen Merkmale Stiftungszweck, Stiftungsvermögen und Stiftungsorganisation sowie als Besonderheit das Fehlen der eigenen Rechtsfähigkeit. In Abgrenzung zur rechtsfähigen Stiftung nimmt die Treuhandstiftung nicht als eigenständiges Rechtssubjekt am Rechtsverkehr teil. Für sie handelt statt dessen ihr Treuhänder, der sämtliche sich aus der Absprache zwischen ihm und dem Stifter ergebenden Aufgaben für die Treuhandstiftung vornehmen muss.

I. Abgrenzungen
Die Treuhandstiftung ist in zwei Richtungen abzugrenzen. Zum einen findet sich in der rechtsfähigen Stiftung eine komplexere rechtliche Struktur, die der Stiftung vor allem eine eigenständige Handlungsmöglichkeit eröffnet, zum anderen existieren mit dem Stiftungsfonds und dem Zweckvermögen einfachere Gebilde, die den Zielen einer Treuhandstiftung relativ nahe kommen. Die Bildung von Stiftungsfonds oder Zweckvermögen bietet sich für Stifter an, die dauerhaft bestimmte Einrichtungen oder Projekte fördern möchten. Die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung ist hingegen angezeigt, wenn Stifter eine unabhängige Organisationsstruktur schaffen wollen, die über Generationen hinweg eigenständig einen Zweck verfolgen soll.

1. Rechtsfähige Stiftung
Die rechtsfähige Stiftung zeichnet sich im Vergleich zur Treuhandstiftung vor allem durch ihre rechtliche Eigenständigkeit aus. Sie ist in der Lage, in ihren Organen einen eigenen Willen zu bilden, und diesen dann selbstständig umzusetzen. Im Gegensatz zur Treuhandstiftung unterliegt die rechtsfähige Stiftung den stiftungsrechtlichen Regelungen der §§ 80 ff BOB und den Stiftungsgesetzen der Bundesländer. Diese erstrecken sich in ihrem Geltungsbereich in aller Kegel nicht auf die Treuhandstiftungen. Ausnahmen sind hier noch die Stiftungsgesetze der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, die auf dem im Jahre 1990 für das Gebiet der DDR erlassenen Stiftungsgesetz beruhen. Es ist jedoch zu erwarten, dass die hier zu findende Regelung zu den Treuhandstiftungen bei der anstehenden Reform der Landesstiftungsgesetze nicht weiter aufrecht erhalten wird.