Das Populäre - Untersuchungen zu Interaktionen und Differenzierungsstrategien in Literatur, Kultur und Sprache

von: Olivier Agard, Christian Helmreich, Hélène Vinckel-Roisin

Vandenhoeck & Ruprecht Unipress, 2010

ISBN: 9783862341214 , 463 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 90,00 EUR

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Das Populäre - Untersuchungen zu Interaktionen und Differenzierungsstrategien in Literatur, Kultur und Sprache


 

IV. Volk und Popularität als ideologische Chiffre (S. 267-268)

Jean-Louis Georget

Welche Zukunftsaussichten hat die Volkskunde? Eine Wissenschaft zwischen deutscher Nostalgie und europäischer Öffnung

Zum 34. Kongress für Volkskunde in Berlin im Oktober 2003 hatten die Veranstalter folgenden Text verfasst, um das Fach in Broschüren und auf einer Website vorzustellen:

Die Wissenschaft Volkskunde ist selbst ein Produkt der Moderne. Sie entstand am Ende des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf die Veränderungen der sich industrialisierenden Welt, in der sie Kontinuität und Tradition behaupten wollte. Ihr Augenmerk galt dann im 20. Jahrhundert vor allem den Brüchen und Verwerfungen, die die Modernisierung begleiten.

Als historisch argumentierende Gegenwartswissenschaft hat die Volkskunde / Europäische Ethnologie mit ihren methodisch reflektierten Zugängen des genauen Beobachtens und des behutsamen Ethnografierens die Chance, die in den letzten Jahren diskutierten großen Theorieentwürfe mit empirisch gewonnenen Befunden zu konfrontieren, zu dementieren oder zu präzisieren. Diese Definition ist das Ergebnis eines langen historischen Prozesses.

Die Volkskunde oder deutsche Ethnologie, die sich mit deutschen Themen befasst, wurde erstmalig theoretisch von dem deutschen Kulturhistoriker Wilhelm Heinrich Riehl (1823–1897) begründet. Sie ging nicht aus derselben heuristischen Logik wie die Völkerpsychologie oder die Völkerkunde hervor, die auf einer Ethnologie des Andersseins beruhten.

Wie alle anderen Kulturwissenschaften ist dieses Fach nicht losgelöst von seiner eigenen Geschichte zu betrachten, kann aber nicht auf diese reduziert werden. Nach einer langen Orientierungsphase, die sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hinzog, erlebte das Fach während der 1920er Jahre seine akademische Blüte und erlangte volle wissenschaftliche Anerkennung, bevor es von der nationalsozialistischen Ideologie vereinnahmt wurde. Aus dieser pervertierten Geschichte entwickelte sich in den Nachkriegsjahren ein kathartischer Besinnungsprozess, der weit über