Supervision in der Pflege - Leitfaden für Pflegemanager und -praktiker

von: Renate Schwarz

Hogrefe AG, 2007

ISBN: 9783456943350 , 228 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 25,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Supervision in der Pflege - Leitfaden für Pflegemanager und -praktiker


 

1 Pflege findet in Organisationen statt (S. 21-22)

Zunächst mag es erstaunen, wenn zu Beginn eines Kapitels über die Pflege der Blick auf die Organisation gerichtet wird. Pflegende arbeiten doch am und mit dem Patienten, im kollegialen Kreis und im interdisziplinären Team. Was hat das mit Organisationen zu tun? Vor kurzem schrieb mich eine Frau an, die ich aus einer früheren Supervisionsgruppe einer Sozialstation kannte, und erkundigte sich nach Einzelsupervision. Sie hatte die Stelle gewechselt, und es lief wohl einiges nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie schrieb: […] Es hat sehr lange gedauert, bis ich auf Ihre Auskunft antworte, aber jetzt ist es ernst, und ich würde gerne zur Supervision zu Ihnen kommen […]. Könnte die erste Sitzung vielleicht auf zwei Stunden terminiert sein, da ich noch einiges zu meiner Stelle ausführen muss, damit Sie sich vorstellen können, in welchen institutionellen Zusammenhängen und in welcher Organisation ich arbeite?

Professionell gepflegt wird immer im Rahmen einer Organisation. Supervision mit Teams findet ebenfalls nicht im luftleeren Raum, sondern im Auftrag einer Organisation statt. Wenn ich als Supervisorin, als Fremde zum ersten Mal in eine Einrichtung komme, schärfe ich alle meine Sinne. Meine ersten Sinneswahrnehmungen geben mir wesentliche Informationen über die Organisation.

Wie ist der Eingangsbereich gestaltet?
Wer empfängt mich als erstes: die Sekretärin, die Stationsleiterin, eine Krankenschwester in Eile?
Wie riechen die Räumlichkeiten, in welchen Raum werde ich geführt?
Hat jemand Interesse, mir die Einrichtung zu zeigen?
Wo befindet sich der Raum, in dem die Supervision durchgeführt werden soll?
Ist alles eher beengt, gibt es Pflanzen, einen Stuhlkreis, einen Tisch, der zur Seite gerückt werden kann?
Hat jemand etwas zum Trinken bereitgestellt?
Wie pünktlich kommen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?
Umgibt mich ein Gefühl der Weite, der Neugierde, des Interesses? Oder wird mir zunächst eng und beklemmend zumute?
Und nicht zuletzt überlege ich: Wie mag es Patienten ergehen, die als Hilfsbedürftige zum ersten Mal mit dieser Einrichtung in Kontakt kommen?

Als jemand, die von außen kommt, nehme ich diese Dinge bewusst wahr, vor allem am Anfang eines Beratungsprozesses. Sie geben mir wichtige Auskunft über die Einrichtung. Für diejenigen, die in der Organisation arbeiten, vielleicht schon seit vielen Jahren, sind das Selbstverständlichkeiten, die zu ihrem Arbeitsalltag gehören, an die sie gewöhnt sind, die sie nicht hinterfragen und deren Wirkung auf ihre Arbeit und ihr Wohlbefinden sie nicht permanent reflektieren.

Die Organisationen, in denen gepflegt wird, unterscheiden sich zum Teil sehr stark. Ein städtisches Klinikum ist von einer anderen Kultur geprägt als eine gynäkologische Klinik in katholischer Trägerschaft. Ein vom Diakonischen Werk getragenes Seniorenheim hat andere Ziele und Aufgaben als ein ambulanter Pflegedienst in privater Trägerschaft. Das Organigramm einer ökumenischen Sozialstation unterscheidet sich von dem einer Fachpflegeeinrichtung für Schädel-Hirn-Verletzte, die einen privaten Träger hat. So ist zu beobachten, dass manche Pflegepersonen stolz sind auf ihre Organisation, auf ihre Leitung und die kollegiale Zusammenarbeit und dass sie gerne zur Arbeit kommen. Andere Pflegende sind unzufrieden, fühlen sich unwohl in ihrer Organisation, haben sich innerlich schon verabschiedet und halten Ausschau nach einem anderen Arbeitsplatz.

In diesem Kapitel soll nun folgenden Fragen nachgegangen werden:

Was ist unter einer Organisation zu verstehen?
Das Gesundheitswesen ist rasanten und gravierenden Veränderungen unterworfen und von chronischer Unbestimmheit gekennzeichnet. Welche Bedeutung hat dies für die Pflege? Und
wie kann die Pflege aktiv an der Gestaltung von Veränderungsprozessen mitwirken?