Architekturen und Prozesse - Strukturen und Dynamik in Forschung und Unternehmen

von: Peter Loos, Helmut Krcmar

Springer-Verlag, 2007

ISBN: 9783540468486 , 335 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 86,99 EUR

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Architekturen und Prozesse - Strukturen und Dynamik in Forschung und Unternehmen


 

Geschäftsprozesse aus Sicht des einzelnen Mitarbeiters – Aktivitätsmanagement als komplementäre Struktursicht auf Workflows (S. 99-100)

Ludwig Nastansky

1 Einführung: Persönlicher und fachlicher Kontext des Beitrags

Die ersten Kontakte des Verfassers dieses Beitrags mit August-Wilhelm Scheer stammen aus der Zeit als beide wissenschaftliche Assistenten waren, A.-W. Scheer an der Universität Hamburg am renommierten Lehrstuhl von H. Jacob, der Verfasser an der Universität des Saarlandes bei H. Hax. In 1969 erdreisteten sich der Verfasser und (sein damaliger Saarbrücker Assistentenkollege) K. Dellmann, in einem Beitrag zur Produktionstheorie (Dellmann und Nastansky 1969) gewisse Thesen herzuleiten, die im Widerspruch zu Ergebnissen standen, die H. Jacobs veröffentlicht hatte. Der junge Hamburger Assistent Scheer musste seinem Meister zu Hilfe eilen.

Dieser hätte sich kaum herabgelassen, mit Grünschnäbeln wie den unpromovierten Assistenten von der Universität des Saarlandes zu diskutieren. Und A.-W. Scheer tat diese Hilfeleistung schon damals mit jener Bravour, Überzeugungswillen, fachlichen Kompetenz und Bereitschaft zum Widerspruch, die ihn auch im weiteren Verlauf seiner wissenschaftlichen Karriere sowie dem späteren Wirken in der Praxis auszeichnen. (Zwar hatte er damals, natürlich, in unseren Diskussionen Unrecht, weil die Argumente der Saarbrücker schon zu jener Zeit schärfer waren. Aber diese Tradition, dass an der Universität des Saarlandes einfach bessere betriebswirtschaftliche Ideen geboren werden, hat er ja dann selber in weit überzeugenderer Art und Weise über Dekaden fortgesetzt.). Einerseits waren in den letzten 15 Jahren die fachlichen Kontakte zwischen den Arbeitsgruppen A.-W. Scheer's und denen des Verfassers seltener: Wir arbeiten zwar beide im Modelle bildenden und konstruktiven Bereich betrieblicher Informationssysteme.

Aber die Ausrichtung ist kom plementär. Die Arbeiten von A.-W. Scheer konzentrieren sich – aus Sicht des Verfassers – im wesentlichen auf IT-basierte Geschäftsprozessinnovationen mit Merkmalsmustern wie u. a. Transaktionen als wesentlichen Entitäten, Massenprozessen im e-Business, hoher Planbarkeit, vordefinierbaren Ablaufstrukturen, Abbildung auf zentrale IT-Systemarchitekturen und top-down Vorgehensweisen. Die ertragswirksame und produktive Gestaltung des abstrakten und als Artefakt gestaltbaren Geschäftsprozess steht im Vordergrund. Das Ergebnis folgt, wenn man so will, einem Automatenparadigma für die Rollenzuordnung des Computersystems. Es wird der „Business- Automat" für die betriebswirtschaftlichen Ebenen einer Unternehmung geschaffen, instanziiert z. B. in SAP. Die derart konstruierten Systeme mit ihrer Vielzahl von Transaktionsarten laufen prinzipiell aus sich heraus, das System gibt die Ablaufdynamik vor.

Der Verfasser sieht sich in der Arbeit mit seinen Teams auf einer dazu gegensätzlichen Seite. Wir entwickeln Collaboration-Informationssysteme (Collaboration IS) mit einer Ausrichtung auf Message-Objekte und Dokumente als wesentlichen Entitäten, hochindividueller Prozessausrichtung, geringer Planbarkeit, wenig vorher definierbaren und ad-hoc Ablaufstrukturen, Abbildung auf dezentrale, verteilte und föderierte Systemarchitekturen mit starkem bottom-up Einschlag. Das effektive Agieren und Kommunizieren von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesem Umfeld steht im Vordergrund. Das Ergebnis lässt sich am besten an einem Werkzeugparadigma in der Funktionszuordnung des Computersystems orientieren. Es beinhaltet Workflow-Infrastrukturen, in denen Individual- sowie Teamorientierte Interaktionswerkzeuge und Kommunikationsumgebungen die entscheidenden Komponenten darstellen. Derartige Systeme laufen nur, wenn die Menschen sie in ihren diversen Rollen, Funktionen, als Bearbeiter von Dokumenten, in Abteilungs- und Projektstrukturen in Eigendynamik laufend vorantreiben – genau das stellt eine der entscheidenden Herausforderungen in Collaboration-IS gegenüber dem „Business-Automaten"- Ansatz dar.