Chirurgische Proktologie

von: Jochen Lange, Bernward Mölle, Josef Girona

Springer-Verlag, 2006

ISBN: 9783540290377 , 482 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 189,99 EUR

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Chirurgische Proktologie


 

3 Proktologische Diagnostik (S. 94-96)

Die proktologische Diagnostik gliedert sich in 3 Bereiche: Basisuntersuchungen, bildgebende Diagnostik sowie funktionelle Untersuchungsmethoden. Zur Basisdiagnostik, die jeder Chirurg beherrschen sollte, gehort neben der Anamnese und der Inspektion die digitale Untersuchung des Anorektums sowie die Proktoskopie und die Rektoskopie. Damit konnen 70% der proktologischen Krankheitsbilder wie Hamorrhoiden, Fissuren, Perianalabszesse und vieles mehr diagnostiziert werden. Fur die bildgebende Diagnostik wie Defakographie, CT, Endo-MRI oder auch Endosonographie bedarf es des Spezialisten, nicht nur zur Durchfuhrung des Verfahrens, sondern auch zur Interpretation der Bilder. Nichtsdestoweniger sind diese Methoden heutzutage fur eine differenzierte proktologische Differenzialdiagnostik unabdingbar. Es genugt hierbei nicht die blose Durchfuhrung der Methoden, sie mussen vielmehr in Kenntnis der Differenzialdiagnose der moglicherweise zugrunde liegenden Krankheitsbilder angewendet werden. Die funktionellen Untersuchungsmethoden wie Analmanometrie, Fakoflowmetrie oder neurologische Diagnostik sind am schwierigsten, sowohl in der Indikationsstellung als auch in der Interpretation. Sie sollten proktologischen Zentren vorbehalten bleiben, da sowohl die direkte Auswertung der Untersuchungsergebnisse, aber auch die sich daraus ergebenden therapeutischen Konsequenzen profunde Kenntnisse der zugrunde liegenden Kranksheitsbilder voraussetzen.

3.1 Anamnese
C. Fantin, C. Meyenberger

Die Anamnese ist in der Proktologie von zentraler Bedeutung. Durch gezielte Befragung des Patienten lässt sich in einem hohen Prozentsatz bereits vor der eigentlichen klinischen Untersuchung eine Verdachtsdiagnose stellen. Die korrekte Anamneseerhebung wird oft durch den Umstand erschwert, dass falsche Scham die Patienten veranlasst, wesentliche Beschwerden zu bagatellisieren oder gar zu verschweigen. Dies muss immer beachtet werden, können doch aufgrund einer unvollständigen Erhebung der Vorgeschichte wichtige Symptome übersehen werden. Deshalb tragen Taktgefühl von Seiten des Arztes gepaart mit der Fähigkeit, auf den Patienten und seine Beschwerden einzugehen, dazu bei, irrationale Ängste und Hemmungen beim Patienten zu beseitigen und so das unbedingt wichtige Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient aufzubauen. Bei der Anamneseerhebung sollte auf Vollständigkeit geachtet werden. Die in der Übersicht genannten Symptomen sollten systematisch erfragt werden.

Proktologische Anamnese

- Blutabgang
- Schleimabgang
- Schmerzen
- Pruritus ani
- Inkontinenzprobleme (einschlieslich Urininkontinenz)
- (Plotzliche) Anderung der Stuhlgewohnheiten

Die Befragung über die Stuhlgewohnheiten (normaler Stuhlgang, Obstipation, Diarrhö), über Inkontinenzsymptome einschließlich Urininkontinenz sowie frühere chirurgische Eingriffe und Geburten runden die Anamnese ab. Blutabgang Menge, Farbe, Beschaffenheit und Häufigkeit der analen Blutabgänge müssen exakt erfragt werden, auch die Frage, ob Blutspuren lediglich am Toilettenpapier oder mit dem Stuhl vermischt beobachtet werden. Aus diesen Angaben lassen sich häufig Rückschlüsse auf die zugrundeliegende Krankheit ziehen.

Hellrote, streifenförmige Blutspuren am Papier verbunden mit Schmerzen während und nach der Defäkation können Hinweis auf eine Analfissur sein. Schmerzlose Frischblutabgänge ab ano während und nach der Defäkation werden häufig bei inneren Hämorrhoiden gesehen. Anale Frischblutabgänge können jedoch auch – insbesondere, wenn sie Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System haben (Tachykardie, Blutdruckabfall usw.) – Hinweis auf eine signifikante obere Gastrointestinalblutung mit beschleunigter aboraler Blutpassage sein. Eine Meläna (Absetzen schwarzgefärbten Stuhls) ist praktisch immer Symptom einer höhergelegenen Blutungsquelle.

Hellrotes Blut vermischt mit Stuhl ist verdächtig auf einen kolorektalen Tumor. Ausgeprägte Blutungen und Krämpfe vor und während der Defäkation (Tenesmen) verbunden mit Diarrhö können als Hinweise auf eine chronisch- entzündliche Darmerkrankung gewertet werden. Die Differenzialdiagnosen zeigt die Übersicht.