Umweltfreundliche öffentliche Beschaffung - Innovationspotenziale, Hemmnisse, Strategien

von: Regine Barth, Christoph Erdmenger, Edeltraud Günther

Physica-Verlag, 2006

ISBN: 9783790816310 , 400 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 78,22 EUR

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Umweltfreundliche öffentliche Beschaffung - Innovationspotenziale, Hemmnisse, Strategien


 

13 Schlüsselkriterien für Beschaffungsleitlinien (S. 353-354)

Christoph Erdmenger, Michaela Winter

13.1 Grundlagen für die Beschaffungsleitlinien
In den vorausgehenden Kapiteln wurde eine ausführliche Übersicht über die derzeitige Situation umweltfreundlicher Beschaffung in deutschen Kommunen geliefert. Ferner wurde aufgezeigt, welches Potenzial umweltfreundliche Beschaffung für Kommunen bietet. Die nächste Frage ist nun: Wo fangen wir an? Das ultimative Ziel derjenigen, die sich den Prinzipien einer verantwortungsvollen Beschaffung verschrieben haben, sollte es sein, Umwelterwägungen in alle Beschaffungsvorgänge mit einzubeziehen. Dies kann natürlich nicht ad hoc geschehen. CLEMENT/ ERDMENGER (2004) raten deshalb zur schrittweisen Einführung von umweltfreundlicher Beschaffung, um somit Angestellte in den öffentlichen Ämtern von den Vorteilen derartiger Anstrengungen zu überzeugen und die Vorstellungen zu beseitigen, dass höhere Kosten und erheblicher Arbeitsaufwand damit verbunden sind. Des Weiteren wird empfohlen, dass man sich bei einem derartigen schrittweisen Ansatz auf die Produktgruppen konzentriert, die ein größtmögliches Umweltentlastungspotenzial versprechen und schon vorhandene, kostengünstige Alternativen bieten. Die unzähligen Umweltauswirkungen im Lebenszyklus eines Produkts stellen ein weiteres Hindernis dar. Wie soll man die einzelnen identifizieren? Wie soll man Produktkriterien entwickeln, um diese zu minimieren? Und wie soll man die Einhaltung der Kriterien durch Anbieter sicherstellen? Die Komplexität der Materie hält viele öffentliche Beschaffer davon ab, sich überhaupt mit der Einführung von Umweltkriterien auseinander zu setzen. Die Anwendung von umweltfreundlichen Beschaffungskriterien muss demzufolge so rationalisiert werden, dass sich die ‚grüne’ Beschaffung so einfach wie möglich gestaltet. Das Projekt hat daher die Entwicklung von Beschaffungsleitlinien vorgesehen, die auf den in Kapitel 2.2 und 4.3 gewonnenen Erkenntnissen über die Umweltauswirkungen der Produkte aufbauen. Neben den Umweltauswirkungen sind für die Wirksamkeit solcher Leitlinien natürlich auch die Praktikabilität in Entscheidungsprozessen und die Marktsituation ausschlaggebend. Im Rahmen des EU-Projektes RELIEF wurde ein solcher Dialog mit Beschaffern, Herstellern und Wis senschaftlern geführt.1 Da ein ähnliches Verfahren im NaBesI-Projekt nicht möglich war, bauen die folgenden Ausführungen auf den Ergebnissen dieser ‚Runden Tische’ auf und ergänzen sie mit Informationen aus dem deutschsprachigen Raum. Basierend auf Untersuchungen und Fallstudien einer Anzahl von Kommunen wurden sechs Produktgruppen identifiziert, bei denen das Potenzial an Umweltentlastungen als sehr hoch eingeschätzt wird. Eine Vielzahl von Faktoren wurde bei der Auswahl der Produktgruppen berücksichtigt. Besondere Beachtung wurde dabei den folgenden Faktoren gegeben:

1. dem Grad der Umweltauswirkungen bezogen auf den gesamten Lebenszyklus des Produkts und das inhärente Potenzial, diese durch Produktkriterien zu reduzieren,

2. am Markt vorhandenen Alternativprodukten zu einem fairen Preis und

3. der Gestaltung der Einführung von umweltfreundlichen Beschaffungskriterien.

Bei den sechs ausgewählten Produktgruppen handelt es sich um Gebäude, Strom, IT-Ausstattung, Busse, Reinigungsmittel und Lebensmittel. Die ausgewählten Produktgruppen wurden auf ihre Umweltwirkungen im Laufe des gesamten Lebenszyklus untersucht. Es wurde festgestellt, dass bei den meisten Produkten mit ein bis drei Kriterien wesentliche Umweltwirkungen vermindert werden können. Dies bedeutet nicht, dass andere Auswirkungen unerheblich wären, aber es ermöglicht denjenigen Akteuren, die nicht mit erheblichem Zeitaufwand viele Umweltkriterien einbeziehen wollen, ihre Anstrengungen zu priorisieren.

Davon ausgehend wurde ein Set an Schlüsselkriterien für jede ausgewählte Produktgruppe bestimmt, welches die wesentlichen Umweltauswirkungen wiedergeben soll. Diese Kriterien wurden aufbauend auf den Ergebnissen der ‚Runden Tische’ entwickelt und mit Interessenvertretern eines breiten Spektrums diskutiert. Darunter befanden sich Vertreter der öffentlichen Beschaffung, der Industrie, der Verbände für Umweltzeichen, der Europäischen Kommission, sowie Rechtsexperten, internationale Experten und Forscher. Eine wichtige Erwägung in der Festlegung dieser Schlüsselkriterien war vor allem die einfache Anwendung und die einfache Überprüfung der Einhaltung durch die öffentlichen Beschaffer. Eine weitere Anforderung war zudem, dass die Anwendung dieser Kriterien nicht mit einem „mehr" an Kosten verbunden sein sollte.