Einführung in die Limnologie

von: Jürgen Schwoerbel, Heinz Brendelberger

Spektrum Akademischer Verlag, 2006

ISBN: 9783827414984 , 350 Seiten

9. Auflage

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 31,10 EUR

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Einführung in die Limnologie


 

6 Lebensgemeinschaften im Gewässer (S. 49-50)

6.1 Leben im Süßwasser

Das Leben der Organismen im Süßwasser ist durch die folgenden Bedingungen geprägt:

1. die hohe Dichte des Mediums,
2. die Salzarmut des Mediums,
3. die hohe Lösungsfähigkeit des Wassers für anorganische und organische Stoffe,
4. die Ausbildung vertikaler Faktorengradienten im Gewässer,
5. kurze Existenz der Lebensräume,
6. enge Verbindung zu terrestrischen Lebensräumen.

Zu 1: Die Dichte des Wassers ist 775-mal größer als die der Luft, entsprechend höher ist der Auftrieb der Organismen im Wasser. Wegen des nur wenig höheren spezifischen Gewichtes der Organismen von 1,05 erweist sich dasWasser für sie als ein sehr tragfähiges Milieu. Das hat 2 Konsequenzen:

a) Der gesamte Freiwasserraum eines Gewässers kann von Organismen dauernd besiedelt werden,

b)Stützgewebe und Stützorgane sind als solche unbedeutend und werden in den Dienst der Fortbewegung gestellt.

Die Bewegung imWasser erfordert mehr Energie als in der Luft, weil der hydrodynamische Widerstand mit der Dichte und der Viskosität des Mediums zunimmt. Hierzu vgl. z.B. Nachtigall (1977).

Zu 2: Die Gewebe und Körperflüssigkeiten der Süßwasserorganismen enthalten eine viel höhere Elektrolytkonzentration und eine andere Elektrolytzusammensetzung als das Süßwasser.

Da sie stets hypertonisch gegenüber dem Medium sind (Abb. 6.1) und die Elektrolytzusammensetzung immer beibehalten, sind sie zur Osmoregulation (Regulation des Wasserhaushaltes) und zur Ionenregulation (Regulation der Ionenzusammensetzung im Körper) befähigt. Folgende Leistungen der Süßwassertiere sind dabei wichtig:

a) Ausscheidung großer Mengen salzarmen Urins und renale Resorption der Elektrolyte.

b)Verminderung des Wassereinstroms durch wasserundurchlässige Membranen (z.B. Insekten, vgl. S. 28).

c) Selektive Aufnahme von Elektrolyten aus dem Wasser entgegen dem Konzentrationsgefälle über „Chloridzellen"" (Komnick 1977).

d)Gewinnung der Salze teilweise aus der Nahrung.

Zu 3: Die umfassende Fähigkeit des Wassers zur Lösung von Gasen und Feststoffen führt im Zusammenhang mit Wasserströmungen zur Verteilung von Nährstoffen, Sauerstoff etc. im Gewässer und zur Ausbildung von Stoffgradienten (vgl. Kap. 7). Pflanzen und Mikroorganismen können gelöste Stoffe über die gesamte Körperoberfläche aufnehmen. Die von Organismen abgegebenen organischen und anorganischen Substanzen werden wegen ihrer Löslichkeit im Wasser sofort wieder in den Stoffumsatz einbezogen. Das gilt auch für jene Substanzen, die aus toten Organismen durch Autolyse und mikrobiellen Abbau freigesetzt werden (vgl. Abschnitt 8.4). Hierbei spielen freie und gebundene Exoenzyme eine bedeutende Rolle (Overbeck und Chr´ost 1990, Chr´ost 1991).

Alarm-, Lock-, Duft- und andere fernwirkende Stoffe (Ökomone) spielen auch im Gewässer eine bedeutende Rolle. Zusammenfassende Übersichten liegen von Larsson und Dodson (1993) für das Zooplankton, von Dodson et al. (1994) für das Zoobenthos der Seen und Fließgewässer vor (vgl. Abb. 6.2). Die Pheromone wirken intraspezifisch in erster Linie auf Artgenossen. Hierher gehören die Sexuallockstoffe, die natürlich besonders streng spezifisch sind. Bei Cladoceren, Copepoden und Rotifera sind offenbar Glycoproteine paarungsauslösend (Snell und Carmona 1994, Carmona und Snell 1995). Die „Schreckstoffe"" (Alarm-Pheromone) der schwarmbildenden Cypriniden (Weißfische, z.B. Elritzen) führen bei Artgenossen zu charakteristischen Verhaltensweisen, die den Schwarm vor einem Fressfeind warnen und schützen. Die Stoffe sind in „Riesenzellen"" der Epidermis der Fische gespeichert und gelangen bei einer Bissverletzung sofort ins Wasser. Die Schwarmgenossen werden dadurch alarmiert und fügen sich (im Licht) zu einem kompakten Schwarm zusammen oder (im Dunkeln) fliehen einzeln."