Die Möse - Frauen über ihr Geschlecht

von: Meike Lauggas, Rosamaria Roffiel Franco, Katharina Riese, Gerburg Treusch-Dieter, Christa Nebenführ

Promedia Verlag, 2013

ISBN: 9783853718117 , 192 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 13,99 EUR

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Die Möse - Frauen über ihr Geschlecht


 

Der Name


..., daß dieses Vokabel „Möse“ absolut schrecklich ist.


Erst mal fällt mir ein, daß dieses Vokabel „Möse“ absolut schrecklich ist. Das habe ich immer als Schimpfwort empfunden.

Im Kamasutra sagen sie Yoni dazu, das gefällt mir viel besser. Das ist positiv. Wenn jetzt z. B. jemand sagt: Fickloch, das hört sich auch arg an; aber das finde ich lang nicht so arg wie Möse. Fut hat auch noch einen Reiz. Auch wenn es abwertend gemeint ist, hat es etwas an sich, wo man merkt, daß es den Männern wichtig ist. Fotze hat wieder so einen Touch von geheimnisvoll und schlimm. Und eben auf der sexuellen Ebene „schlimm“, das finde ich dann schon wieder o.k. Muschi ist halt harmlos. Venushügel finde ich nicht so schlecht, wobei das eigentlich nicht die Scheide beschreibt, sondern mehr diese Wölbung davor. Lustgrotte ist ein typisches ÖKM [Österreichisches Kontakt Magazin] Vokabel, das ist banal.

Als Kind haben meine zwei jüngeren Schwestern und ich immer gesagt: Das ist unsere Gotschn. Das war unser Ausdruck dafür. Ein Kind hat ja noch keine Haare, da sieht man das ja noch viel mehr. Das war auch irgendwie sehr liebvoll. Das Wort verwenden wir eigentlich nimmer, höchstens zum Spaß, wenn wir über solche Themen reden, sagen wir: Früher haben wir gesagt … Gotschn. Keine Ahnung, wo das herkommt.

Margit

Ich habe eigentlich kein Wort dafür, aber ich finde Möse nicht schlecht. Bei mir hat‘s wirklich einen Bezug zu Moos, grünes Moos irgendwo auf einem Stein, feucht und weich. Ich finde das ganz passend, nur war mir das Wort an sich lange Zeit fremd, ich glaube, ich habe es das erste Mal gehört, als ich so achtzehn oder neunzehn war. Und Moos hat bei uns wieder eine Assoziation mit Geld. Und dann sind wir wieder bei der alten Geschichte von der Käuflichkeit, vom Opfer u.s.w. Es ist ganz bestimmt ein deutsches Wort, es ist kein österreichisches Wort, die Österreicher haben da andere Ausdrücke, aber mir fallen eigentlich auch keine gescheiten ein. Muschi finde ich ganz lieb. Muschi ist herzig.

Wenn ein Mann das Wort Fut sagt, ist es mir ausgesprochen unangenehm. Für mich selber kann ich das verwenden, aber ich höre das nicht gerne, wenn mir das jemand sagt. Ich finde das Wort auch etwas kurz. Es ist ein eigener Laut. So wie Puff oder so, nicht?

Die „Kleine“ sagt man auch gelegentlich, was ich auch ganz nett finde.

Am besten würde man sich selbst einen Namen geben. Das wäre vielleicht gar nicht so unschlau, wenn man sich ein eigenes Wort erfinden würde.

Moucle

Also Scheide finde ich total widerlich. Das erinnert mich an einen Schulmeister, der so leicht geil sagt: „So und das, liebe Kinder, ist die Scheide, und diese Scheide müssen wir jetzt öffnen.“ Und dann fährt er mit seinem Finger vielleicht auch noch drüber. Also das ist für mich der Scheidenbegriff. Möse finde ich gut, Fotze ist schon ein bißchen brutaler, und Muschi, da stelle ich mir wieder einen Mann vor, so einen dickeren Mann mit einem Bart, der halt diese Muschi gerne lecken möchte und der primitiv ist. Andrerseits finde ich das Wort an sich sehr schön. Was gibt‘s noch? Die Fut finde ich gut. Das ist so kurz und prägnant. Obwohl ich dabei immer an die Hausmauern denke. Also verwenden würde ich am ehesten Möse. Vagina ist ja nur ein Teil. Vagina ist ja nur das Rohr innen. Die Möse ist die Vulva. Also Scham finde ich auch eher blöd, weil ich schäme mich ja nicht dafür.

Andrea

Um die Dinge beim wirklichen Namen zu nennen, würde ich mal sagen, gibt es nur Scheide oder Vagina, weil das einfach die Fachausdrücke sind. Also ich würde nie zum Frauenarzt gehen und von meiner Möse berichten.

Venushügel finde ich als Ausdruck absolut toll. Wenn zu mir jemand sagen würde: „Du hast einen schönen Venushügel“ würde ich mich total freuen.

Im Garten der Venus hört sich auch sehr poetisch an. Aber Lustgrotte, also gegen Grotten habe ich was.

Ich bleibe eigentlich schon bei dem Wort Scheide, außer wenn ich mit meinem Freund spreche, dann ist es halt die Muschi. Aber Möse oder Fotze … also Fotze finde ich absolut scheußlich. Und Fut … na ja …

Birgit

Spontan einfallen tut mir immer Möse, das ist seit Jahren mein Lieblingswort, glaube ich, dafür. Es klingt wie Rose, und mit dem Ö dazu – Möse, das hat etwas Geheimnisvolles, etwas Spannendes, das gefällt mir sehr gut. Aufgeblühte Rose habe ich auch einmal gehört dafür. Und dann gibt‘s natürlich die grauslichen Sachen, was gefällt mir denn da? Wart einmal: Klunt(z)e, Kleschen … entsetzlich, eigentlich kann ich das jetzt nicht mehr sagen. Also vor zwei Jahren war ich noch voll begeistert, wenn ich so etwas gehört habe, aber jetzt ist es in meinem Jargon einfach nicht mehr drinnen. Was habe ich denn noch? Fut, wenn ich ganz böse bin. Fut hat für mich so etwas wie Wut. Also wenn mir jemand beim Autofahren den Vorrang wegnimmt, dann sage ich: „Du Fut.“

Was ist österreichisch, was kann man da noch sagen? Ah ja, Brunzbu- schen, das ist aber eher die Behaarung, das ist lieb, das gefällt mir gut. Die Pißnelke ist zum Beispiel sehr piefkinesisch. Feige gefällt mir gut. Ja, weil das mag ich gern: Feigen. Das ist eine tolle Frucht. Alles, was mit Essen zu tun hat, das taugt mir. Das ist ja was Leckeres.

Irene

Die Bezeichnung Möse hat mir nie gefallen. Es erinnert mich an Öse und hat irgend etwas mit einer Verengung für mich zu tun, die eigentlich nicht sehr positiv ist. Mit Scheide, wenn ich jetzt den Fachbegriff hernehme, kann ich mehr anfangen. Scheide bezeichnet für mich eine Schnittstelle. Das da unten, man könnte auch sagen, das dunkle Loch mit einem, in meinem Fall, dunklen Eingang, also einem dunklen Eingangstor, ist für mich gewissermaßen eine Schnittstelle zwischen dem Dunklen und dem Hellen, zwischen Trieb und Verstand und diesen Dingen. Was sich dahinter verbirgt, nämlich wirklich verbirgt, wenn man vor dem Spiegel steht, ist dann etwas, das wirklich in die Tiefe und hinab geht und ganz hinein in den Körper. Wenn ich jetzt einen ganz persönlichen Namen dafür finden müßte – ich habe darüber nachgedacht! – , dann würde ich eine Bachblüte nennen, die Waterviolet heißt, wässriges Sumpfveilchen. Für mich ist es so etwas, etwas sehr sensibles, ein bißchen so mimosenartig. Wenn man antippt, dann ist es entweder erfreut oder erschreckt sich ganz entsetzlich. Ich finde, man könnte auch sagen, die Seele wohnt dort. Also es ist so sensibel, daß ich, wenn ich jetzt eine These aufstellen müßte, sagen würde, die Seele könnte dort ihr Zuhause haben.

Ich würde gerne Worte sagen, die mir selbst dafür einfallen, z. B. Erkenntnisofen. Es hat nämlich etwas Brennendes und es hat sehr viel mit Erkenntnis zu tun, über die Persönlichkeit, über die eigene Geschichte und über die Auseinandersetzung mit der Welt. Schamteil ist mir auch eingefallen, das hat aber sehr viel damit zu tun, wie Menschen oder Frauen damit umgehen. Schamteil impliziert ja den zögerlichen, nicht sehr positiv besetzten Umgang damit.

Dann ist mir noch eingefallen krapprote Chiffre. Chiffre und krapprot, das hat vielleicht was mit Blutung, mit Regel, mit Weiblichkeit, auch mit seelisch Verbluten zu tun. Krapprot hat für mich etwas von diesem Explosiven. Die Regelblutung einmal im Monat: etwas Vertrautes und doch etwas einen immer wieder Überfallendes, Ungestümes.

Lutschstein ist mir eingefallen, und dann noch Irrstern. Dann habe ich mir noch gedacht, wenn ich abgesehen von dieser dunklen Bedeckung durch Haar eine Farbe sagen sollte, dann würde mir nicht rosaviolett, sondern violettrosa einfallen, wobei violett dominant wäre. Und breit wie das Lachen habe ich mir aufgeschrieben; so die Welt auslachen. Und dann habe ich gedacht, daß wir dort zuerst sterben. Ich habe plötzlich so eine Assoziation gehabt: Dort sterben wir zuerst. Veilleicht sterben wir dort zuerst auch, wenn wir solche Erfahrungen machen, wie von diesem Schaukelrand runterzustürzen. Das war sicher ein Todeserlebnis.

Schlachtfeld ist mir noch als Wort dafür eingefallen. Und dann ist mir etwas Lustiges eingefallen.

Ich habe mir gedacht, falls ich um eine Namensgebung gefragt werde, dann würde ich ein Wort machen, eine Kreation, die sich aus verschiedenen Worten zusammensetzt. Und zwar, weil das auch sehr viel mit originär, mit uralt, mit Ursprung, mit Quelle zu tun hat, ist mir als Wort eingefallen: Steintierpflanzenmensch. Es ist ein alter Teil an uns. Der Kopf ist viel jünger.

Violet

Also, was ich meistens höre, ist halt Scheide, und dann Muschi, das klingt auch noch ganz nett, finde ich, aber die anderen, die härteren Sachen, die Fotze oder Möse oder was gibt‘s denn da noch? Diese Sachen lehne ich ab. Aber Scheide finde ich neutral. Im Burgenland sagt man die Scham, das ist ganz fürchterlich, und zum Schwanz sagen sie dann eher was Positives. Die Kraft oder so, und die Scham.

In der Volksschule war’s immer die Fut, weil das ist an jeder Hausmauer gestanden, und dann haben wir Auto daraus gemacht, weil’s in Blockbuchstaben war. Also das A eckig geschrieben. Oder wir haben dann gesagt, der Parkplatz, das kam von diesen Volksschulwitzen, und die Garage.

Ich bin aus dem 2. Bezirk, und da hat es ganz arge Kindergedichte gegeben.

Soll ich den Kinderreim jetzt sagen? Ja? Also, der geht so:

Wie ein Kind entsteht:

Einmal eins ist eins,

das Mädchen hat noch keins,

einmal zwei ist zwei,

ein Bub eilt schnell herbei,

einmal drei ist drei,

jetzt puderns alle...