111 Thesen zur erfolgreichen Softwareentwicklung - Argumente und Entscheidungshilfen für Manager. Konzepte und Anleitungen für Praktiker

von: Rainer Gerlich

Springer-Verlag, 2005

ISBN: 9783540273448 , 522 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 47,65 EUR

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111 Thesen zur erfolgreichen Softwareentwicklung - Argumente und Entscheidungshilfen für Manager. Konzepte und Anleitungen für Praktiker


 

3.2 Professionelle Softwareentwicklung – die Herausforderung (S.91)

Software entwickeln kann jeder, so könnte man denken. Man kauft sich einen Computer, besorgt sich (eventuell sogar kostenlos) einen Compiler, und schon kann man ein Programm entwickeln. Mit den heute zur Verfügung stehenden Ressourcen für CPU und Speicher werden weder Programmgröße noch Komplexität Grenzen gesetzt.

Bei der Fertigung von Hardware dagegen werden Hilfsmittel benötigt, die nicht leicht zu beschaffen sind und auch spezielle Vorrichtungen für die Benutzung erfordern. Zum Bau von Möbeln werden bereits Werkzeuge benötigt, die sachgemäße Bedienung und Vorkenntnisse erfordern.

Zwar kann die sich jeder – je nach Geschick – aneignen, aber man erkennt schnell, dass ohne Übung kein professionelles Ergebnis entsteht. Bei Hardware erkennt man schnell Mängel, funktionale – wenn ein Stuhl wackelt oder kippt, und nicht-funktionale – wenn er zu schwach ist oder die Lackierung fehlerhaft ist.

Dagegen verhält sich Software wie ein Gas

- denn sie nimmt jeden verfügbaren Raum ein, Zeit und Geld, Speicher und Rechnerleistung

- denn sie ist unsichtbar, wir können ihre Eigenschaften nicht sehen wie eine Chemikalie

- denn bei unsachgemäßer Handhabung kommt es zur Katastrophe, die Eigenschaften der verwendeten Substanz und ihre Wirkung sind unbekannt

Mit diesen für die Entwickler so problematischen Eigenschaften haben wir bei der Entwicklung von Software zu kämpfen. Während wir für Hardware "Sensoren" wie Augen, Nase, Ohren und Tastsinn haben, fehlen uns die geeigneten Sensoren für Software. Die Eigenschaften von Software, die positiven und die negativen – wie Fehler, können wir erst dann erkennen, wenn sie für uns sichtbar werden durch Hilfsmittel wie Drucker, Monitor, Datendisplays oder akustische Signale.

3.2.1 Risiken durch Informationsmangel

Wird nicht genügend für die "Visualisierung" der Eigenschafen in einer für Menschen leicht verständlichen Präsentation gesorgt (im übertragenen Sinn zählen wir zur Visualisierung nicht nur die Wahrnehmung durch Augen, sondern auch durch Ohren sowie den Tast- und Riechsinn), dann werden Abweichungen von den Vorgaben – also Fehler – nicht frühzeitig genug wahrgenommen.

Visualisierung der Software ist mit Aufwand verbunden. Zur Minimierung der Kosten wird man sich daher erst einmal auf das unbedingt Notwendige beschränken, wodurch ein nicht unerhebliches Risiko entstehen kann, da man dann möglicherweise nicht alle Eigenschaften des entstehenden oder fertigen Produkts erfährt. Denn mangelhafte Visualisierung impliziert fehlende Information, fehlende Information führt zur falschen Einschätzung der Situation, und bei der Softwareentwicklung in der Regel zur Unterschätzung oder zum Ignorieren eines Problems.

Ein typisches Beispiel hierfür sind Schnittstellen zwischen Softwarekomponenten wie Funktionen oder Teilprogrammen. Hier treten Probleme auf, wenn wegen mangelnder Visualisierung Inkompatibilitäten übersehen werden. Dann werden Probleme zu spät erkannt, was zu erheblichen Zusatzkosten und meistens auch zu Terminverzug führt.

Die bei der Softwareentwicklung auftretenden Probleme sind vergleichbar mit einer in ihren Auswirkungen nicht abschätzbaren chemischen Reaktion beim Mischen zweier unbekannter Chemikalien. Während in der Chemie strenge Regeln existieren, um Katastrophen zu verhindern, sind entsprechende Vorsichtsmaßnahmen in der Softwareentwicklung meistens nicht realisierbar, weil zu aufwändig.

In der Chemie ist die Mischung unbekannter Chemikalien aus Sicherheitsgründen verboten, in der Softwareentwicklung die Integration von Code mit unzureichend bekannten Eigenschaften nicht.