Chronische Bauchbeschwerden - Grundlagen - Diagnostik - Therapie

von: Peter Buchmann, Lukas Degen

Hogrefe AG, 2010

ISBN: 9783456948287 , 243 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 35,99 EUR

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Chronische Bauchbeschwerden - Grundlagen - Diagnostik - Therapie


 

2 Psychosoziale und lebensgeschichtliche Ursachen chronischer Bauchbeschwerden (S. 23-24)

Rudolf Buchmann


2.1 Psychosomatik des Alltags

Unverstellte Selbstwahrnehmung

Beobachten wir uns selbst, spüren wir, wie unser Körper auf Ereignisse reagiert. Zwingend und unmittelbar stellt sich das Erleben der psychosomatischen Einheit her. Besonders deutlich wird dies zum Beispiel bei starken Affekten: Prüfungsangst, Schrecken oder Trauer usw. Werden wir erschreckt, ist nur mit gewaltiger Anstrengung eine Muskelreaktion zu verhindern. Sind wir auf ein kommendes Ereignis gespannt – ob freudig oder ängstlich – «reagieren wir» mit körperlichen Veränderungen, zum Beispiel Herzklopfen.

Das Einschlafen wird schwierig oder der Magen drückt. Alltäglich sprechen wir wohl von somatischer Antwort auf den psychischen Vorgang. Oder wir sehen Heißhunger, Übelkeit, Kribbeln bis hin zu Schmerzen oder auch Durchfall als Hinweis auf etwas «Psychisches ». Nun spürt nicht jede(r) beim selben Anlass das gleiche Organ.

Das affektive Erleben und die zugehörigen innerkörperlichen Prozesse sind keinesfalls naturgesetzlich, sondern sehr individuell angesiedelt. Ich kann meine «Nervosität» verschieden im Körper verteilen, zumeist geschieht mir dies unbewusst. Aber Yogaübungen, Meditationstechniken oder bewusstes Atmen lehren uns mit Spannungen bewusst umzugehen.

Dies beweist, dass es sich nicht einfach um bloße physiologische Abläufe handelt. Unser Bewusstsein kann – im Prinzip – direkt Einfluss ins vegetative Nervensystem hinein nehmen. Umgekehrt erleben wir, dass uns ein Unwohlsein, Krämpfe oder Appetitlosigkeit befallen, deren «Ursache» uns keineswegs klar sind.

Aber wir können lernen, welche Informationen uns bestimmte körperliche Beschwerden mitteilen, sofern wir es denn hören wollen. Magenweh oder Durchfall sagen uns, dass etwas mit uns oder unseren Lebensumständen nicht im Gleichgewicht ist. Manchmal wird uns rasch klar, worum es geht, oder «es fällt uns wie Schuppen von den Augen».

Manchmal können wir uns «keinen Reim darauf machen». Tatsächlich kann sowohl ein Virus, verdorbenes Essen oder die bevorstehende Prüfung Auslöser sein. Auseinander zu halten, was eine «materielle» Reaktion auf einen «materiellen» Einfluss ist und was der Lebenssituation entspringt, ist oft nicht einfach. Zudem besteht die «Lebenssituation » noch aus äußerem (z. B. drohende Arbeitslosigkeit) und innerem Geschehen (z. B. Zukunftspanik – eine mögliche, aber nicht notwendige Reaktion auf die Gefahr).