Dezentrales vernetztes Energiemanagement - Ein Ansatz auf Basis eines verteilten adaptiven Realzeit-Multiagentensystems

von: Sebastian Lehnhoff

Vieweg+Teubner (GWV), 2010

ISBN: 9783834896582 , 278 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 49,44 EUR

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Dezentrales vernetztes Energiemanagement - Ein Ansatz auf Basis eines verteilten adaptiven Realzeit-Multiagentensystems


 

6 Experimentelle Untersuchungen (S. 145-146)

In den vorangegangenen Kapiteln wurde das DEZENT-Agentensystem modelliert (Kapitel 3.1), der Verhandlungsalgorithmus (Kapitel 3.2) entwickelt und sukzessiv um die Komponenten der Bedingten Agenten (Kapitel 4.1) und des verteilten Lernens (Kapitel 5) erweitert. Das erste formulierte Hauptziel (siehe Kapitel 1.2) von DEZENT ist, dass die erzielten Preise für Konsumenten und Produzenten günstiger sind, als unter zentralem Management in einem konventionellen Versorgungssystem (siehe Kapitel 2.1).

Die zweite wichtige Anforderung an das DEZENT-System ist, dass die entwickelten Prozesse für die Kommunikation, Koordination, Adaption und Stabilität (siehe Kapitel 1.4) die harten Echtzeitanforderungen in DEZENT erfüllen, d.h. hier, innerhalb einer Verhandlungsperiode von 500 ms Länge abgeschlossen sind. Zur Erfüllung des ersten Zieles wurden in Kapitel 3.3 enge Preisrahmen für die Verhandlungen eingeführt, da die Kosten für regenerative Energieerzeugung im bottom-up-Management deutlich niedriger liegen als Kosten für fossile Energieumwandlungsanlagen. Innerhalb dieser begrenzten Preisrahmen soll es Betreibern regenerativer Energieumwandlungsanlagen möglich sein, neben den Kosten für Abschreibung und Wartung der dezentralen Anlagen in angemessenem Rahmen Gewinn zu erwirtschaften.

Da Produzenten gleichzeitig Konsumenten sind (und umgekehrt), wird hiermit erreicht, dass Gewinne und Verluste weder einseitig verteilt sind noch extrem akkumuliert werden. In Abwesenheit von großen reinen Erzeugern (Großkraftwerken) sind die Preisrahmen ökonomisch akzeptabel, da einerseits die Selbstversorgung im Vordergrund steht und andererseits die Preisrahmen für top-down-Versorger (langfristige Einsatzplanung, Transport von fossilen Ressourcen und zentral erzeugter Energie) nicht lohnend sind. Beim Weiterreichen unbefriedigter Agenten auf höhere Verhandlungsebenen werden die festen Preisrahmen enger.

Hierdurch und in Kombination mit der Gestalt der Verhandlungskurven kann erwartet werden, dass die günstigsten Verträge zwischen Konsumenten und Produzenten stets auf der untersten Verhandlungsebene erzielt werden (siehe Kapitel 3.4.1). Dieser Anreiz für einen bevorzugt lokalen Ausgleich reduziert Transportwege und minimiert Verlustleistungen, wodurch die Gesamtversorgung insgesamt ef?zienter wird. Verträge werden zwischen Agenten mit „ähnlichen“ Geboten und Angeboten geschlossen. Der Energiepreis des geschlossenen Vertrags wird als das arithmetische Mittel aus dem „ähnlichen“ Gebot-Angebot-Paar berechnet.

Damit hierbei nicht Energiepreise verhandelt werden, die zu stark von individuellen Preisvorstellungen abweichen, wurde ein gültiger Ähnlichkeitsbereich – eine sog. similarity – de?niert, in dem Verträge zwischen unterschiedlich hohen Geboten und Angeboten geschlossen werden. Die Annäherung eines Konsumenten-Produzenten-Paares ?ndet auf Basis ihrer Verhandlungsparameter – ihrer „Strategien“ – statt. Diese Strategien werden von Periode zu Periode auf Basis von verteilten Lernprozeduren angepasst. Der Erfolg des Lernalgorithmus hängt dabei von demWechsel zwischen Erforschen neuer Strategien (Exploration) und dem Ausnutzen von Wissen über bewährte Strategien (Exploitation) ab.