Der große Raubzug - Wie im Windschatten der Weltfinanzkrise die Staatskassen geplündert werden

von: Alexander Dill

FinanzBuch Verlag, 2009

ISBN: 9783862480777 , 240 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 15,99 EUR

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Der große Raubzug - Wie im Windschatten der Weltfinanzkrise die Staatskassen geplündert werden


 

Geldempfänger I: Die Hypo Real Estate (S. 19)

2, äh, 5,5, äh 35, nein, 102 Milliarden bitte …

Verfolgt man die ersten Meldungen zur Inanspruchnahme des neuen Staatsgeldes, dann ist die Hypo Real Estate als erste und bisher auch größte Empfängerin zu nennen. Zuerst waren es 2, dann 5,5, dann 35 Milliarden, nun sind es gleich 1021 Milliarden, die der Bund der Münchner Holding geben möchte.

Einen Grund dafür gibt es auch, den aufmerksame Leser in der Selbstdarstellung der Tochter DEPFA, die nur auf Englisch verfügbar ist, aus folgenden Sätzen ablesen können:

»Die DEPFA Bank wird weiterhin ihr klares Geschäftsmodell optimieren, mit dem Ziel, der wichtigste Finanzpartner für öffentliche Verwaltungen weltweit zu werden.«

Oder, einfacher formuliert: Anstatt an Unternehmen oder gar den Mittelstand, die Erfindungen machen, Produktion einrichten und Arbeitnehmer schulen müssen, Kredite zu vergeben, gibt Hypo Real Estate diese lieber an todsichere Schuldner wie Staaten mit einem AAA-Rating, Deutschland zum Beispiel.

Das gefällt den Herrschaften von der Großen Koalition: Sie geben der Hypo Real Estate 102 Milliarden Garantie, die sie laut Bundesgesetzblatt über die Ausgabe von Schuldbriefen finanzieren, die wiederum von der Hypo Real Estate vertrieben werden.

»Too big to fail«, heißt dies im Investorenjargon. Dass die gesamten Verluste der Hypo Real Estate alle von der in Dublin beheimateten DEPFA kommen und bis vor ein paar Monaten auch die amerikanischen Hypothekendarlehen als sicheres Business angesehen wurden, scheint dieses Geschäftsmodell nicht zu trüben.

Auch die Standorte der DEPFA klingen nicht alle so sehr nach deutscher Staatsfinanzierung. Neben dem Hauptsitz im aufsichtsbefreiten Offshore-Finanzplatz Dublin (der irische Staat verteilt dort gerade unvorstellbare 400 Milliarden Euro Garantien) finden sich DEPFA- und Hypo-Real-Estate-Niederlassungen auch in den Geldwäschezentren Nikosia auf Zypern und in Luxemburg.

Depfa Bank plc 10 Diomidous Street, 3rd Floor 2024 Nicosia, Cyprus Hypo Pfandbrief Bank International S.A. 4, rue Alphonse Weicker L – 2099 Luxembourg sowie in den eher weniger bekannten Weltfinanzzentren Athen, Mailand, Istanbul, Madrid, São Paulo und Warschau.

Dass die Hypo Real Estate möglicherweise Weltmarktführer in der Finanzierung »öffentlicher« Verwaltungen, also von mehr oder weniger korrupten Staaten, ist und das als Geschäftsmodell ansieht, lässt noch einiges erwarten.

Immerhin sind die Staaten, deren Hauptstädte die Hypo-Finanzierer hier belagern, noch weitaus insolvenzgefährdeter als die Bundesrepublik Deutschland. Dort sichert nämlich kein genossenschaftliches (Raiffeisen) und kommunales (Sparkassen) Bankensystem mit 75% Marktanteil die Guthaben der Sparer und die Kredite an den Mittelstand, sondern es ringen nur noch Geschäftsbanken um die besten Risiken.

Die Menschen haben dort den Status von Billigarbeitskräften und Konsumenten und sind längst nicht mehr Bürger eines demokratischen Staates. Welches Interesse hat nun die Bundesrepublik Deutschland daran, maroden Staaten Kredite zur Verfügung zu stellen? Sogar in Dallas, Houston und Sacramento hat die Hypo Filialen – finanzieren wir am Ende noch Gefängnisse in den USA?