Der öffentliche Sektor im Wandel

Der öffentliche Sektor im Wandel

von: Stefan Luft

Kellner-Verlag, 2009

ISBN: 9783939928287 , 178 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 7,49 EUR

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Der öffentliche Sektor im Wandel


 

Leben im Eigenbetrieb (S. 71-72)

Barbara Lison

Einleitung

Viele öffentliche Bibliotheken in Deutschland haben sich seit Beginn der 90er Jahre sehr intensiv mit dem Thema Verwaltungsreform auseinandergesetzt: Angefangen mit theoretischen Überlegungen infolge des sogenannten »Tilburger Modells« über diverse Stadien der Ablösung von der Kameralistik bis hin zur Einführung neuer Rechtsformen haben öffentliche Bibliotheken als Teile der Kommunalverwaltung in unterschiedlicher Weise Reformwillen gezeigt und praktiziert. Die Rechtsform »Eigenbetrieb« ist allerdings bei den öffentlichen Bibliotheken (bislang?) nicht sehr verbreitet. Von den 20 größten deutschen Stadtbibliotheken haben nur die Bibliotheken in Dortmund und Bremen den Status eines Eigenbetriebes, das Bibliothekssystem in Hamburg und die Zentralbibliothek Berlin werden als Stiftungen geführt. Alle anderen großstädtischen Bibliothekssysteme arbeiten nach wie vor als Bestandteile von im Grundsatz kameral ausgerichteten Kommunalverwaltungen.

Als der Eigenbetrieb Stadtbibliothek Bremen 1999 gegründet wurde, beschrieb die zuständige Fachsenatorin als Ziel der Maßnahme: »Mit mehr Eigenverantwortung der Einrichtungen, mit mehr Effizienz in deren Organisation wollen wir deren inhaltliche Arbeit schützen«.

Der Ursprung dieses Eigenbetriebes, wie aller anderen Bremischen Eigenbetriebe auch, lag in den umfangreichen Aktivitäten der Freien Hansestadt Bremen im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform begründet. Seit 1992 brachte sich die Leitung der Stadtbibliothek engagiert in diese Reformaktivitäten ein, nahm ab 1995 an dem bremenweiten Pilotprojekt zur Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung teil und baute auf der Grundlage der Balanced Score Card die betriebliche Steuerung auf. Als 1997 eine von McKinsey durchgeführte betriebswirtschaftliche Untersuchung des Kulturbereiches zu der Empfehlung führte, unter anderem die Stadtbibliothek in einem Eigenbetrieb zu verwandeln, wurde damit eine seit mehreren Jahren von der Stadtbibliothek eingeforderte Perspektive Realität.

1. Der Eigenbetrieb und die Bremer Verwaltung

Der zur Zeit der Eigenbetriebsgründung für das Finanzressort verantwortliche Staatsrat Günter Dannemann charakterisierte einmal scherzhaft den Status eines Eigenbetriebes in etwa so: »Ein Eigenbetrieb ist ein kommunales Amt mit kaufmännischer Buchführung«. Die folgenden Ausführungen werden zeigen, dass diese Charakteristik zwar einiges auf den Punkt bringt, aber doch so manche Dimension der Eigenbetriebspraxis ausblendet.

Zunächst ist festzustellen, dass der Eigenbetrieb eine finanzwirtschaftliche Sonderstellung innerhalb der kommunalen Einrichtungen hat, die sich darin ausdrückt, dass der Eigenbetrieb ein Sondervermögen der Gemeinde ist. Das bedeutet, dass er nicht mehr Teil des städtischen Haushaltsplanes ist, sondern dort lediglich mit dem für ihn vorgesehenen Zuschussbetrag auftaucht. Dieser Zuschussbetrag setzt sich in der Regel aus drei Positionen zusammen: dem Sachkostenzuschuss, dem Personalkostenzuschuss und dem Investitionszuschuss. Aufgrund der Zuschusszusage des zuständigen Senators entwirft der Eigenbetrieb einen Wirtschaftsplan, der die Grundlage seines wirtschaftlichen Handelns ist.

Im Unterschied zu einem kommunalen Amt hat der Eigenbetrieb eine selbstständige doppelte Buchführung und fertigt einen eigenständigen Jahresabschluss an, der von einem Wirtschaftsprüfer testiert werden muss. Das Rechnungsergebnis, das in Form einer Gewinn- und Verlustrechnung bzw. in Form einer Bilanz aufgestellt wird, geht nicht automatisch auf das Gesamtergebnis der Gemeinde über. Deswegen verwaltet der Eigenbetrieb sein Vermögen selbst und muss gegebenenfalls auch für den Ausgleich seiner Schulden selbst sorgen. Für das betriebliche Handeln des Eigenbetriebes sind das Handelsgesetzbuch und andere Gesetze über die Führung von Unternehmen, wie z. B. das KontraG (Gesetz über die Kontrolle und Transparenz von Unternehmen), die rechtliche Grundlage.

Daneben gelten weiterhin alle Rahmenvorschriften, Verordnungen etc. des öffentlichen Dienstes für Vergabe von Aufträgen bzw. Leistungen, für den Arbeitsschutz, den Datenschutz und ähnliche Regelungsbereiche. Die Gründung eines Eigenbetriebes nimmt eine Kommune auf der Grundlage ihrer Satzungshoheit vor.