Kapitalmarktfaktor Moral? - Kursimplikation ethisch relevanter Aspekte auf dem Kapitalmarkt

von: Jens Hawliczek

Gabler Verlag, 2008

ISBN: 9783834998415 , 456 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 56,64 EUR

Mehr zum Inhalt

Kapitalmarktfaktor Moral? - Kursimplikation ethisch relevanter Aspekte auf dem Kapitalmarkt


 

4.3.6 Fazit (S. 176-177)

Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass moralische Präferenzen als marktrelevante Anomalie verstanden werden können. Dadurch antizipiert der Kurs moralische Präferenzen. Aufgrund der Ausführungen kann festgehalten werden, dass die bisher vorgenommene Adaptierung existenter Modellierungsansätze nur sehr eingeschränkt die spezifischen Aspekte einer moralisch determinierten Kursbeeinflussung abzubilden vermag. Zum anderen sind bereits existente Ansätze ebenfalls nicht in vollem Umfang auf die Fragestellung anwend- bzw. reduzierbar. Diese „Theorielücke" führte zu der Modellierung eines eigenen Gleichgewichtsansatzes. Insgesamt basiert der verfolgte Ansatz auf einem erweiterten Portfolioansatz und verfolgt das Ziel gegenüber den klassisch determinierten Präferenzen, ein divergierendes Nachfrageverhalten abzubilden und die Effekte auf dem Kapitalmarkt in Form von Kursreaktionen darzustellen. Es wurde verdeutlicht, dass es auf Basis existenter Nachfragepräferenzen zu Kursreaktionen im Gleichgewicht kommen kann.

Die Kurseffekte basieren auf einem abweichenden Nachfrageverhalten, welches nicht Gegenstand der Modellierung ist. Dadurch ist es möglich, die Fragestellung zu erweitern und generelle Sachverhalte abzubilden und das durch moralische Präferenzen determinierte Verhalten als einen Spezialfall zu verstehen. Durch die umfassende Modellierung auf Individualebene sind dahingehend auch Aspekte von unterschiedlichen individuellen Erwartungswerten bzgl. ihres Kurseffektes sowie Ansätze der Marktsegmentierung darstellbar. Die Abhängigkeit der relativen Höhe dieser Effekte zum Verhalten der jeweiligen Marktparameter wurde im Vorfeld erschöpfend aufgezeigt. Es zeigt sich unter Einbezug der Ausführungen, dass es bei moralischen Präferenzen nicht nur zu einem direkten Effekt kommt, sondern dass auch indirekte Effekte (in Abhängigkeit zur Korrelationsmatrix) vom divergierenden Nachfrageverhalten hervorgerufen werden. In der mehrperiodischen Modellierung wurde zudem verdeutlicht, dass auch die vorhandene Angebotsstruktur dafür sorgt, dass es zu entsprechenden Preiseffekten kommen kann.

Des Weiteren ist auf Basis des Modells festzuhalten, dass moralische Unternehmensaktionen, die einen negativen Wirkungsmechanismus auf den Fundamentalwert (bzw. dadurch auch primär auf den Kurs) haben, nur sehr bedingt durch ein verändertes Nachfrageverhalten kompensiert werden können. Die potenziellen Effekte, die sich aufgrund einer starken Mindernachfrage entwickeln können, sind größer als die sich ergebenden Effekte einer starken Übernachfrage. Damit liegt bisher der einzige Ansatz vor, der moralische Präferenzen und die dadurch induzierten Preiseffekte auf dem Kapitalmarkt auf Basis eines differenzierten Ansatzes aus portfoliotheoretischer Sicht abbildet. Die Betrachtung erfolgte in dieser Arbeit bis zu diesem Punkt ausschließlich aus Sicht von Investoren, die auf Basis ihrer Präferenzen ihr Portfolio strukturieren. Wird diese erweiterte Sichtweise aufgegeben und ausschließlich eine Über-/ bzw. Unternachfrage (so etwa nach neuen, moralspezifischen Informationsinhalten) abgebildet469, so kann die daraus resultierende Preisänderung mit Hilfe von ( 4–113 ) bestimmt werden.

Grundsätzlich können damit keine neuen Informationen generiert werden. Es handelt sich dadurch um eine reduzierte Betrachtung, die es aber erlaubt, auf Basis nicht deterministischer Ereignisse (hierzu zählen dann die neuen Informationen) Reaktionen der Marktteilnehmer abzubilden und eine Preiskomponente abzuleiten. Überträgt man die bisherigen Erkenntnisse auf falsifizierbare Wirkungshypothesen, so kann – sofern die gesetzten Annahmen grundsätzlich übertragbar erscheinen – allgemein geschlossen werden, dass eine moralisch determinierte wertpapierspezifische Übernachfrage zu einem unmittelbaren Kursanstieg, eine moralisch determinierte Mindernachfrage jedoch zu einer unmittelbaren Kurssenkung führt.

Im Folgenden Kapitel wird daher umfassend auf die Informationsverarbeitung des Kapitalmarktes und die daraus resultierenden Kurseffekte eingegangen. Dafür wird eine grundsätzliche Betrachtung der Informationsverarbeitung auf Basis eines Modells vorgenommen. Im Anschluss wird der Grad der Informationseffizienz erörtert bevor auf die Methodik der Ereignisstudie diskutierend eingegangen wird. Dies bildet die Grundlage für die Erörterung von Ereignisstudien die moralspezifische Informationsinhalte untersuchen.