Ich arbeite, also bin ich? - Sinnsuche und Sinnkrise im beruflichen Alltag

von: Markus Hänsel, Anna Matzenauer

Vandenhoeck & Ruprecht Unipress, 2009

ISBN: 9783647404165 , 174 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 28,00 EUR

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Ich arbeite, also bin ich? - Sinnsuche und Sinnkrise im beruflichen Alltag


 

Andrea Ebbecke-Nohlen

Work-Life-Balance – Spielräume systemischen Coachings
(S. 136-137)

Die Themen der Work-Life-Balance und der Sinnsuche sind im Kontext dieses Buches vermutlich nicht nur von beruflichem, sondern auch von ganz persönlichem Interesse. Ich arbeite, also bin ich? Ich bin Mutter von vier Kindern, also bin ich? Ich bin Oma von inzwischen sechs Enkeln, also bin ich? Partnerin eines Mannes, also bin ich? Bei der Frage nach unserer Existenz und deren Sinn bleiben wir heute nicht allein beim cogito, ergo sum.

Der Anspruch ist inzwischen gewachsen, wir betrachten uns nicht nur als denkende Wesen, wir wollen auch unseren Gefühlen, die wir in den genannten Zusammenhängen entwickeln, Bedeutung und unserem Handeln Sinn geben, wir wollen unser Leben mit Sinn erfüllen, und dies zweifellos nicht nur im privaten, sondern ebenso im beruflichen Bereich. Was aber verstehen wir unter Sinn, und welche Bedeutung geben wir der Arbeit?

Im Folgenden möchte ich einen Überblick darüber geben, wie wir Sinn, Arbeit und Leben miteinander verknüpfen können. Ich möchte zum Perspektivenwechsel einladen und schließlich zum Thema Work-Life-Balance kommen im Sinne eines Balancierens äußerer Lebensformen und innerer Bedürfnisse. Im Anschluss an diese Erörterungen gehe ich auf die Möglichkeiten des Coachings ein und darauf, was im Rahmen von Lebensbalancen die Aufgabe eines Coach sein kann. Wie können wir überhaupt den Begriff Coaching verstehen? Wo liegt der Unterschied zu anderen Beratungsbegriffen? An einem Beispiel werde ich schließlich zeigen, wie Spielräume eines systemischen Coachings geöffnet werden können.

Was verstehen wir unter Sinn?

Wenn wir der Frage nachgehen, wie für uns Sinn zustande kommt, können wir uns Viktor Frankl (1991, S. 28) anschließen, der feststellt, dass Sinn nicht gegeben wird, sondern dass man Sinn selbst suchen und finden kann. Sinn ist in unserem Verständnis allerdings nicht etwas Vorgegebenes, das irgendwo versteckt wäre und das man finden müsste. Sinn verstehen wir als Aktivität jedes einzelnen Menschen im Gestalten seines Lebens. Wenn wir im Folgenden die Metapher von der Sinnsuche aufrechterhalten, so meinen wir damit, den individuellen Weg zu finden, das eigene Leben sinnvoll zu gestalten. Nicht für jeden Menschen ist die Sinnfrage in gleichem Maße wichtig, und ob sich jemand auf den Weg macht oder vielleicht sogar fündig wird, hängt stark vom Kontext ab, in dem dieser Mensch lebt, und von den Bedürfnissen, die dieser Mensch hat.

Was für den einen Sinn hat, muss es für den anderen nicht haben, was die eine für erstrebenwert hält, muss die andere nicht verwirklichen wollen. Sinn ist nach Niklas Luhmann (1999) zudem keine Weltqualität, Sinn ergibt sich aus Kommunikation. Wie wir Wahlmöglichkeiten schaffen, wie wir die eigene Freiheit nutzen, ob und wie wir uns spirituell eingebunden fühlen, verstehen wir demnach nicht als ontologisch vorbestimmt, sondern als die subjektive Art und Weise, wie wir mit den anderen und der Welt in Kontakt treten.

Wie wir uns als denkende, fühlende und handelnde Menschen selbst erleben, wie wir uns mitteilen und der Welt zeigen, begreifen wir als das Ergebnis unserer eigenen Lebensgestaltung. Welche Bedeutung geben wir der Arbeit? Arbeit ist nicht gleich Arbeit. Zu klären ist demnach zunächst, was wir unter Arbeit verstehen und welche Bedeutung wir der Arbeit geben.