Boston Campus - Only for You

von: Lex Martin

LYX, 2019

ISBN: 9783736312128 , 486 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 6,99 EUR

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Boston Campus - Only for You


 

2


Maddie

Als sich die Tür öffnet, lacht Sheri. »Maddie, du hast einen Schlüssel. Du musst nicht anklopfen.«

Ich zucke mit den Schultern, und meine Umhängetasche gleitet an meinem Arm hinunter und nimmt meine Bluse mit.

Ich ziehe die Bluse wieder hoch, damit ich nicht vor ihr blankziehe, und puste mir die Fransen meines Ponys aus dem Gesicht. »Es hat sich richtig angefühlt. Ich bin dein Gast. Dein sehr dankbarer Gast.«

»Nein, du bist meine Mitbewohnerin. Also hör mit diesem Gastmist auf.«

Ich füge mich mit einem schwachen Lächeln, aber nur damit sie aufhört zu diskutieren. Denn wir beide wissen, dass sie von mir deutlich weniger als die Hälfte der eigentlichen Miete verlangt. Sie wohnt in einem luxuriösen Sandsteingebäude in Bostons Back Bay. So eine Unterkunft könnte ich mir nicht mal in meinen wildesten Träumen leisten. Aber meine Freundin bekam mit, dass ich irgendwo unterkommen musste, weil ich den Mietvertrag für meine alte Wohnung bereits gekündigt hatte. Also bestand sie regelrecht darauf, dass ich bei ihr einziehe.

Ich bin zuvor schon mal hier gewesen, aber ich bin von ihrer Wohnung immer noch ein wenig eingeschüchtert. Ich lasse den Blick über den dunklen, polierten Parkettboden zu dem gewaltigen offenen Kamin wandern, der von modernen Möbeln flankiert wird. Die ganze Wohnung ist niveauvoll und elegant und etwa eine Million Mal besser als ein ausklappbares Futonbett und meine Bücherregale aus Betonziegeln.

Ich vermisse nur eine einzige Sache.

»Du hast meine Kisten weggeräumt.« Du liebe Güte, das waren eine Menge Kisten.

»Ich hatte ein wenig Hilfe. Mein Nachbar ist vorbeigekommen und hat mit angepackt. Und da wir gerade von diesem heißen Mann sprechen …«

»Du hast dir zu viel Arbeit gemacht. Das hätte ich doch tun können.« Als ich am vergangenen Wochenende meine Umzugskisten herbrachte, befürchtete ich, einen Strafzettel zu bekommen, weil ich den für den Transport gemieteten Lieferwagen in zweiter Reihe vor dem Haus geparkt hatte. Also stellte ich einfach alles in einer Ecke ihres Wohnzimmers ab.

Sie winkt ab. »Das hat mir eine Ausrede verschafft, das Training im Fitnessstudio ausfallen zu lassen. Außerdem hat es großen Spaß gemacht, die Beschriftung deines Zeugs zu analysieren.«

»Was meinst du damit?«

»Badezimmer, Make-up und Feuchtigkeitscreme. Winterbettzeug und Thermobezüge. Reporternotizbücher und Aufzeichnungen. Und alles ist farblich voneinander abgegrenzt. Hast du einen speziellen Etikettenstift benutzt?« Sie wartet meine Antwort nicht ab. »Übrigens, was war in der Kiste mit der Aufschrift ›Nachttisch‹, die anfing zu vibrieren, als sie mir versehentlich heruntergefallen ist?« Mein Mund klappt auf, und ihr Kichern wird zu einem lauten Lachen. »Hmm, lass mich raten. Der Ersatz für Jacob.«

Ich räuspere mich und schüttle den Kopf. Und damit schüttle ich auch meine Verlegenheit ab. »Jacob wünscht sich sicher, so gut bestückt zu sein wie der Power-Boy 3000. Oder mir auch nur ansatzweise so viele Orgasmen beschert zu haben.«

Sie zog eine Augenbraue hoch. »Der Power-Boy 3000? Wo kann ich so einen herbekommen?«

»Ich habe ihn auf der Sexspielzeugparty einer Freundin gekauft.«

»Dann veranstalten wir auf jeden Fall auch so eine Party! Vielleicht wenn wir mit diesem Film fertig sind.« Sheri arbeitet für ihren Vater, der ein großer Filmproduzent ist, also reist sie sehr viel. Das ist einer der Gründe, warum sie eine Mitbewohnerin haben will. Auf diese Weise kann jemand auf ihre Wohnung aufpassen, wenn sie unterwegs ist. Es wäre viel einfacher für sie, nach New York oder L. A. zu ziehen, aber sie ist durch und durch ein Mädchen aus Boston und hängt sehr an ihrer Heimat. Schon die bloße Erwähnung eines Umzugs lässt sie ein wenig ausflippen.

Nachdem ich meine Arbeitskleidung ausgezogen und sie gegen eine Jeans und ein tailliertes T-Shirt mit V-Ausschnitt getauscht habe, schlägt Sheri vor, dass wir uns mal eine neue Bar ansehen, die ein Stück weiter unten an der Straße eröffnet hat, und uns dort ein paar Drinks gönnen.

Zwanzig Minuten später sitzen wir an einem Ecktisch in der schummrig beleuchteten Bar. Und als wir unsere zweite Runde serviert bekommen, zeigt der Alkohol bereits Wirkung, und ich bin kurz davor, in mein Bier zu weinen. Es gibt einen Grund dafür, dass ich normalerweise keinen Alkohol trinke. Ich werde dann immer zu emotional. Und jetzt gerade fühlt sich mein Herz schwer an. »Sheri-Schätzchen, ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du mich bei dir aufgenommen hast.«

Sie zieht die Augenbrauen hoch. »Du bist die erste Freundin, die ich an der Boston University gefunden habe. Natürlich nehme ich dich bei mir auf.«

Sheri und ich waren in unserem ersten Jahr an der Boston University Zimmergenossinnen im Studentenwohnheim. Zuerst kamen wir nicht miteinander zurecht. Ich glaube, sie fand mich zu verklemmt, und ich fand sie zu reich. Ich weiß, dass das schrecklich klingt, aber sie stammt aus einer sehr wohlhabenden Familie, und ich trug in meiner Jugend Secondhandklamotten – und zwar nicht, weil ich das für cool hielt oder zu viele alte Filme von John Hughes gesehen hatte, sondern weil ich mir nichts anderes leisten konnte. Doch irgendwann fing ich an, die Person hinter den Designerschriftzügen und manikürten Nägeln zu sehen, und entdeckte ein Mädchen, dessen Herz zu groß für seinen zierlichen Körper ist.

Wenn wir zusammen unterwegs sind, geben Sheri und ich ein seltsames Freundinnenpaar ab. Sie ist so winzig wie eine Walnuss, und ich bin im Vergleich dazu groß wie eine Eiche. Sie ist zierlich und braun gebrannt, hat kurz geschorenes blondes Haar und große blaue Augen. Ich bin etwa ein Meter fünfundsiebzig groß und habe langes schwarzes Haar, blasse Haut und blaue Augen. Sie sieht aus, als wäre sie direkt von einem Filmset herunterspaziert. Ich sehe aus wie eine Figur aus dem Musical Wicked. Aber ich liebe sie, selbst wenn ihr kompletter Körper in ein Hosenbein meiner Jeans passen würde.

»Mads, ich würde Jacob für dich mit voller Wucht in die Kronjuwelen treten, wenn ich das könnte. Ruft dich dieser Idiot immer noch an?«

»Mittlerweile nur noch ein- oder zweimal pro Woche. Ich lasse die Mailbox drangehen.«

Sie beobachtet mich und runzelt die Stirn immer stärker. »Wie kommst du mit der Situation zurecht?«

Ich trinke schnell einen Schluck von meinem Bier, um ein wenig Zeit zu schinden. »Ich will ehrlich sein. Die letzten paar Wochen waren echt heftig.« Vor allem nachdem mir klar geworden war, dass ich meine Wohnung verloren hatte. Da ich geplant hatte, bei Jacob einzuziehen, hatte sich meine ehemalige Mitbewohnerin bereits eine neue Bleibe gesucht, und mein Vermieter hatte einen neuen Mieter gefunden, also war ich gleich doppelt angeschmiert. Ich spiele mit den abgelösten Ecken des Etiketts an meiner Bierflasche herum. »Sagen wir lieber, es waren ein heftiger Monat und vier heftige Tage.«

Ich würde das Datum unserer Trennung liebend gern vergessen, aber es ist zufällig auch das Datum, an dem ich meinen neuen Job bekommen habe. Und das macht es sehr schwierig, es zu verdrängen.

Aber ich muss die Dinge positiv sehen. Wenigstens waren meine Untersuchungsergebnisse negativ. Denn nach unserer Trennung bin ich als Erstes in die Klinik gestürmt, um sicherzugehen, dass mir dieses Arschloch nicht irgendeine fiese Krankheit angehängt hat.

Sheri schiebt ihren Stuhl näher an mich heran und umarmt mich von der Seite. Ich lasse meinen Kopf auf ihre Schulter sinken und seufze. Ich bin ein Einzelkind, aber wenn ich eine Schwester hätte, dann wäre sie so, stelle ich mir vor. In Zeiten wie diesen schmerzt mich noch etwas anderes als nur der Verlust von Jacob. Momentan vermisse ich meinen Dad so sehr, dass sich meine Brust hohl anfühlt.

»Mir ist klar, dass dein gebrochenes Herz noch heilen muss, aber du sollst wissen, wie aufregend ich es finde, dich als Mitbewohnerin zu haben. Ich bin immer noch sauer, weil du mich im zweiten Jahr an der Uni abserviert hast.«

Ich schnappe nach Luft. »Ich habe dich nicht abserviert. Wenn ich mich recht erinnere, wolltest du auf dem Westcampus leben, und ich musste in der Nähe der Fakultät für Kommunikationswissenschaften auf dem Ostcampus sein, um morgens rechtzeitig zum Unterricht erscheinen zu können.«

»Ach ja.« Sie kichert und senkt den Blick. Ein ernster Ausdruck huscht über ihr Gesicht. »Es tut mir so leid, dass dieser Mistkerl dir wehgetan hat, Mads. Geht es dir gut? Wirklich?«

»Mmmh.« In meinen Augen sammeln sich Tränen. »Abgesehen von der Tatsache, dass Jacob meinen Fünfjahresplan ruiniert hat?« Ich denke an das Video auf meinem Handy, und die Wut tritt an die Oberfläche. Daran muss ich mich festhalten, denn Hass ist eine sehr viel wertvollere Emotion als Trauer.

Sheri verzieht den Mund. Doch bevor sie etwas sagen kann, lege ich mit meiner Schimpftirade los. »Mir ist klar, dass er ständig in Versuchung war, mit anderen Frauen zu schlafen. Sie haben sich ihm ja überall förmlich an den Hals geworfen. Und vielleicht war es dumm von mir zu denken, dass ich ihn irgendwie gezähmt hätte. Aber was mich wirklich aufregt, ist die Art, wie er …« Ich schließe die Augen und sehe die Szene mit all ihren drastischen Einzelheiten vor mir. Ich senke die Stimme und sage: »Wie er mit ihr geredet hat.«

Zeig mir, wie gern du meinen Schwanz in deinem Mund hast.

Ich kann die Worte nicht aussprechen, aber sie hallen in meinem Kopf wider wie das Echo eines Schusses, den man in einem Canyon...