Bruderkrieg - Black Dagger 4

von: J. R. Ward

Heyne, 2011

ISBN: 9783641066833 , 320 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 6,99 EUR

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Bruderkrieg - Black Dagger 4


 

1


Mary sah auf den Wecker: 1:56. Bis zur Dämmerung würden noch Stunden vergehen, und an Schlaf war nicht zu denken. Immer, wenn sie die Augen schloss, sah sie Rhage mit all diesen Waffen behängt vor sich. Wie hatte sie ihn so im Streit gehen lassen können? Was, wenn ihm da draußen etwas zustieß?

Sie drehte sich auf den Rücken. Die Vorstellung, ihn vielleicht niemals wieder zu sehen, war so verstörend, dass sie sich weigerte, sich damit auseinanderzusetzen. Sie musste ihre widerstreitenden Gefühle wohl einfach hinnehmen.

Gott, sie wünschte, sie könnte die Zeit zurückdrehen, bis zu dem Moment, in dem er gegangen war. Sie hätte ihn fest umarmt. Und ihn streng dazu aufgefordert, auf sich aufzupassen, auch wenn sie keinen blassen Schimmer vom Kämpfen hatte und er – hoffentlich – ein Meister darin war. Sie wollte ihn einfach nur in Sicherheit –

Plötzlich wurde die Tür aufgeschlossen. Als sie aufschwang, leuchtete Rhages blondes Haar im Flurlicht auf.

Mary schoss aus dem Bett und quer durch den Raum und warf sich ihm dann in die Arme.

»Hey, hey, was zum …« Sein Arm umschlang sie, hob sie hoch und drückte sie an sich, während er hereinkam und die Tür schloss. Als er sie wieder losließ, glitt sie an seinem Körper herunter. »Alles okay bei dir?«

Ihre Füße trafen auf den Boden, und sie kehrte in die Realität zurück.

»Mary?«

»Ähm, ja … ja, alles okay.« Sie trat zur Seite. Sah sich um. Wurde dunkelrot im Gesicht. »Ich bin nur … ähm, also, ich gehe dann mal wieder ins Bett.«

»Moment mal, Frau.« Rhage zog seinen Trenchcoat, das Halfter und den Gürtel aus. »Komm wieder her. Ich mag es, wie du mich begrüßt.«

Er breitete die Arme weit aus, und sie drückte sich ganz fest an ihn, spürte seinen Atem. Sein Körper war so warm, und er roch wunderbar. »Ich hatte nicht erwartet, dass du noch auf bist«, murmelte er und streichelte ihr mit der Hand über die Wirbelsäule.

»Konnte nicht schlafen.«

»Ich hab dir doch gesagt, dass du hier in Sicherheit bist, Mary.« Seine Finger fanden ihren Halsansatz und massierten sanft ihren Nacken. »Hey, du bist ganz schön verspannt. Wirklich alles in Ordnung?«

»Mir geht’s gut. Rhage?«

Seine Finger hielten inne. »Beantwortest du diese Frage jemals wahrheitsgemäß?«

»Habe ich gerade.« So ungefähr.

Er streichelte sie wieder. »Versprichst du mir etwas?«

»Was denn?«

»Gib mir Bescheid, wenn es dir nicht gut geht, ja?« Seine Stimme klang jetzt ganz zärtlich. »Ich meine, ich weiß ja, dass du eine ganz Harte bist, deshalb halte ich bestimmt nicht die ganze Zeit Luft an. Du musst dir keine Sorgen machen, dass ich vor Nervosität umkomme.«

Sie lachte. »Ich verspreche es.«

Er hob ihr Kinn mit dem Finger an, seine Augen blickten ernst. »Sonst werde ich dich daran erinnern.« Dann küsste er sie leicht auf die Wange. »Ich wollte gerade in die Küche gehen und mir was zu essen holen. Willst du mitkommen? Das Haus ist ganz still. Die Brüder sind noch unterwegs.«

»Klar. Ich ziehe mich nur schnell um.«

»Zieh einfach eine Jacke von mir über.« Er ging zur Kommode und zog etwas Schwarzes, Weiches in der Größe eines Zelts heraus. »Mir gefällt die Vorstellung, dass du meine Klamotten trägst.«

Als er ihr in die Jacke half, lag in seinem Lächeln etwas sehr Zufriedenes.

Verdammt, der ganze Mann strahlte vor Besitzerstolz.

 

Als er und Mary gegessen hatten und wieder zurück im Zimmer waren, konnte Rhage sich kaum noch konzentrieren. Das Summen in seinem Inneren war ohrenbetäubend laut geworden, schlimmer als je zuvor. Und er war total erregt, sein Körper fühlte sich so heiß an, dass er das Gefühl hatte, sein Blut müsste in den Venen vertrocknen. Als Mary sich ins Bett legte, duschte er rasch und überlegte, ob er sich kurz um seine Erektion kümmern sollte, bevor er wieder ins Schlafzimmer ging. Das verdammte Ding war hart, steif und schmerzte, und das Wasser, das an ihm hinunter rann, erinnerte ihn an Marys Hände auf seiner Haut. Er berührte sich und dachte daran, wie sie sich an seinen Lippen gewunden hatte, als er ihre geheimsten Stellen liebkost hatte. Er hielt es weniger als eine Minute aus.

Als es vorbei war, brachte ihn der einsame Orgasmus nur noch mehr in Fahrt. Es war, als wüsste sein Körper, dass das einzig Wahre da draußen auf ihn wartete und nicht die Absicht hatte, sich von ein wenig Handentspannung ablenken zu lassen.

Fluchend stieg er aus der Dusche und rubbelte sich trocken, dann ging er zum Schrank. Innerlich dankte er Fritz für seine Gewissenhaftigkeit und fand nach einigem Wühlen einen Pyjama, den er noch nie zuvor getragen hatte. Er schlüpfte hinein, dann zog er zur Sicherheit auch noch einen Morgenmantel über.

Rhage zog eine Grimasse, er hatte das Gefühl, seinen halben Kleiderschrank am Leib zu tragen. Aber genau darum ging es ja.

»Ist es dir zu warm hier drin?«, fragte er, ließ eine Kerze aufflackern und das Licht ausgehen.

»Genau richtig.«

Er persönlich fand es heißer als in den verfluchten Tropen. Und je näher er dem Bett kam, desto höher stieg die Temperatur.

»Mary, in etwa einer, eineinhalb Stunden wirst du die Rollläden hören, die sich automatisch für den Tag schließen. So laut ist es nicht, aber ich möchte nicht, dass du dich erschreckst.«

»Danke.«

Rhage legte sich auf der anderen Seite des Bettes auf die Bettdecke und verschränkte die Beine an den Knöcheln. Ihn nervte einfach alles, das heiße Zimmer, der Pyjama, der Morgenmantel. Jetzt wusste er, wie es sich anfühlte, ein Geschenk vor sich zu haben, das man noch nicht auspacken durfte: Schön in Papier eingewickelt mit einer Schleife darum. Es juckte ihn in den Fingern.

»Trägst du immer so viele Sachen im Bett?«, hörte er sie fragen.

»Auf jeden Fall.«

»Und warum ist dann das Preisschild noch am Morgenmantel? «

»Falls ich noch mal so einen will, kann ich damit herausfinden, wo es ihn gab.«

Er drehte sich auf die Seite, weg von ihr. Wälzte sich wieder auf den Rücken und starrte die Decke an. Dann probierte er es auf dem Bauch.

»Rhage.« Ihre Stimme klang zauberhaft in der stillen Dunkelheit.

»Was denn?«

»Normalerweise schläfst du nackt, oder?«

»Äh, meistens schon.«

»Dann zieh doch die Klamotten aus. Das macht mir nichts aus.«

»Ich möchte aber nicht, dass du dich … unbehaglich fühlst.«

»Ich fühle mich unbehaglich, wenn du dich ständig um deine eigene Achse drehst. Ich komm mir vor wie in einer Salatschleuder.«

Normalerweise hätte er über ihren vernünftigen Tonfall gekichert, hätte ihm nicht das heiße Pochen zwischen seinen Beinen jeglichen Sinn für Humor aus den Knochen gesaugt.

Ach, egal. Er glaubte doch wohl nicht ernsthaft, sein lächerlicher Aufzug würde ihn in Schach halten. Er war so scharf auf sie, dass man ihn schon in Ketten legen müsste; das bisschen Stoff würde sicher keinen Unterschied machen.

Mit dem Rücken zu ihr stand er auf und zog sich aus. Danach gelang es ihm mit einiger Geschicklichkeit, unter die Decke zu schlüpfen, ohne ihr einen aufschlussreichen Blick auf seine Vorderfront zu gewähren. Von der gigantischen Erregung, die zwischen seinen Beinen deutlich sichtbar war, musste sie nicht unbedingt wissen.

Wieder wandte er sich von ihr ab und legte sich auf die Seite.

»Kann ich ihn anfassen?«, fragte sie.

Sein Gerät zuckte heftig, als wollte es sich freiwillig zur Verfügung stellen. »Wen anfassen?«

»Den tätowierten Drachen auf deinem Rücken. Ich würde ihn gern … berühren.«

O Gott, sie war so nah bei ihm und diese Stimme – diese wunderschöne, liebliche Stimme – war einfach nur magisch. Doch die Vibration in seinem Körper fühlte sich an, als hätte er eine Betonmischmaschine im Bauch.

Als er nichts sagte, murmelte sie. »Lass gut sein. Ich wollte nicht –«

»Nein. Es ist nur …« Scheiße. Er hasste diese Distanz in ihrer Stimme. »Mary, es ist schon okay. Tu, was immer du möchtest.«

Er hörte Laken rascheln. Spürte, wie sich die Matratze leicht bewegte. Und dann strichen ihre Finger über seine Schultern. Er unterdrückte das Zucken, so gut er konnte.

»Wo hast du das machen lassen?«, flüsterte sie und fuhr den Umriss mit der Fingerspitze nach. »Es ist ganz außergewöhnlich kunstvoll.«

Sein gesamter Körper spannte sich an, er fühlte genau, welchen Teil der Bestie sie gerade berührte. Jetzt wanderte sie über das linke Vorderbein, das wusste er, weil er das entsprechende Kitzeln in seinem eigenen Bein spürte.

Rhage schloss die Augen, er war gefangen zwischen dem Entzücken, ihre Hand auf sich zu spüren, und der Gewissheit, dass er mit dem Feuer spielte. Das Vibrieren, das Brennen – es steigerte sich immer mehr und rief die dunkelste, zerstörerischste Seite in ihm wach.

Mit zusammengebissenen Zähnen atmete er tief durch, als sie die Flanke der Kreatur streichelte.

»Deine Haut ist so weich.« Sie ließ ihre Handfläche über seine Wirbelsäule gleiten.

Völlig erstarrt, atemlos betete er um Selbstbeherrschung.

»Und … überhaupt.« Sie zog die Hand zurück. »Ich finde es wunderschön.«

Er lag auf ihr, bevor ihm noch...