Versicherungsaufsichtsrecht - Kritische Betrachtungen

von: Gerrit Winter

Verlag Versicherungswirtschaft, 2007

ISBN: 9783862980598 , 804 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 89,99 EUR

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Versicherungsaufsichtsrecht - Kritische Betrachtungen


 

I. Online-Versicherung als Weiterentwicklung der Korrespondenzversicherung (S. 516-517)

Ein via Internet zustande gekommener Versicherungsvertrag (im Folgenden: Online- Versicherung) zeichnet sich im Idealfalle dadurch aus, dass die für den Vertragsabschluss erforderlichen Willenserklärungen des Versicherers und des Versicherungsnehmers nicht unter Mithilfe eines Versicherungsvermittlers ausgetauscht werden, sondern direkt durch den Versicherungsnehmer und den Versicherer unter Zuhilfenahme nicht von Briefpapier, Briefumschlägen und einer Beförderung durch die Post und nicht mit Hilfe von Faxgeräten, sondern allein des Internets.

Wird ein solcher Vertrag zwischen einem deutschen Versicherungsnehmer und einem in Deutschland domizilierenden Versicherer abgeschlossen, so gilt vertragsrechtlich allein deutsches Recht unter Berücksichtigung der zahlreichen zwingenden und halbzwingenden Normen für Versicherungsverträge. Die Tätigkeit des Versicherers, die den Abschluss und die Durchführung von Versicherungsverträgen umfasst, unterliegt dabei dem deutschen Aufsichtsrecht, der Beaufsichtigung durch die deutsche Aufsichtsbehörde.

Hier soll jedoch die Konstellation erörtert werden, dass der Versicherungsnehmer seinen Wohnsitz in Deutschland hat, der Versicherer aber seinen Geschäftssitz im Ausland, wobei sich die folgenden Überlegungen im Wesentlichen auf das EUAusland beschränken sollen. Kommt ein Versicherungsvertrag zwischen einem deutschen Versicherungsnehmer und einem ausländischen Versicherer dem Grundsatze nach allein durch brieflichen Kontakt – ohne Zuziehung eines Vermittlers – zustande, so handelt es sich nach deutschem Aufsichtsrecht um eine Korrespondenzversicherung, die der Beaufsichtigung durch die deutsche Aufsichtsbehörde zumindest zur Zeit vor Transponierung der Versicherungsrichtlinien nicht unterlag.

Schon auf den ersten Blick bietet es sich an, den Online-Abschluss dem Korrespondenzwege gleichzusetzen: Denn auch hier wendet sich der deutsche Versicherungsnehmer direkt an einen ausländischen Versicherer, und zwar ohne Zuhilfenahme eines Vermittlers, nur dass nicht zwei Schriftstücke per Brief oder per Fax ausgetauscht werden, sondern das Internet in Anspruch genommen wird. Sollte die internationale Online-Versicherung der Korrespondenzversicherung gleichzusetzen sein und sollte sich die aufsichtsrechtliche Situation infolge der EU-Entwicklung insoweit nicht geändert haben, so würde auch der Online-Abschluss eines Versicherungsvertrages mit einem ausländischen Versicherer dem deutschen Aufsichtsrecht nicht unterfallen (sogleich unter II).

Daran schließen sich die interessanten Fragen an, ob eine vergleichbare Liberalität auch in der internationalprivatrechtlichen Regelung des Art. 9 Abs. 4 EGVVG zum Ausdruck gelangt und welche Schranken hier zu beachten sind. Das soll hier jedoch nicht vertieft werden2 und stattdessen der sich in der Praxis immer wieder ergebenden Konstellation nachgegangen werden, dass die online erfolgte Kontaktaufnahme nicht sogleich zum Vertragsschluss führt, sondern erst, nachdem ein Makler zugezogen wird. Dabei wird auch die – umgekehrte – Konstellation in die Überlegungen mit einbezogen, dass ein deutscher Versicherer Risiken deckt, die in anderen EU- bzw. EWR-Staaten oder in Drittstaaten belegen sind, und beim Vertragsabschluss Versicherungsmakler mit Sitz im Heimatlande des Versicherungsnehmers mitwirken (sodann unter III).