Ernst-Wilhelm Bohle. - Gauleiter im Dienst von Partei und Staat.

von: Frank-Rutger Hausmann

Duncker & Humblot GmbH, 2009

ISBN: 9783428528622 , 299 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 39,90 EUR

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Ernst-Wilhelm Bohle. - Gauleiter im Dienst von Partei und Staat.


 

III. Der Wilhelmstraßen-Prozeß (S. 196-197)

1. Zeuge der Anklage im Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß Hitlers Selbstmord am 30. April 1945 bedeutete nicht zugleich auch das Ende des ,Dritten Reichs‘. Der ,Führer‘ hatte Großadmiral Karl Dönitz testamentarisch zu seinem Nachfolger als Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Wehrmacht bestimmt. Dieser hatte sich mit den noch verbliebenen Spitzen des NS-Staates aus dem völlig zerbombten und von Russen eingekesselten Berlin nach Flensburg geflüchtet und amtierte dort über die Kapitulation vom 8. Mai hinaus bis zum 23. desselben Monats.

Albert Speer hat als Augenzeuge über die Aktivitäten dieser letzten Reichsregierung berichtet, die noch ganz den Vorstellungen des nationalsozialistischen Regimes verhaftet gewesen sei und mit ihren Formen und Zeremonien etwas Tragikomisches gehabt habe. Dönitz habe allerdings vernünftigerweise seine Aufgabe darin gesehen, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden und dann die Regierung aufzulösen. Nach der Kapitulation ließen die Briten und Amerikaner die Regierungsmitglieder noch eine Zeitlang gewähren, so als ob sie unschlüssig seien, was mit ihnen zu geschehen habe.

Erst am 23. Mai wurden Dönitz, die Minister seiner Geschäftsführenden Reichsregierung sowie des Oberkommandos der Wehrmacht samt ihren Stäben von den Briten verhaftet, den Amerikanern übergeben und vorübergehend im luxemburgischen Kurort Mondorf-les-Bains (Bad Mondorf) im heute nicht mehr bestehenden „Palace Hôtel“ interniert, um im August ins Nürnberger Gerichtsgefängnis überführt zu werden.

1 Das Mondorfer Hotel unterstand der Befehlsgewalt des bewußt militärisch auftretenden Obersten Burton C. Andrus, der ab August auch als Gefängniskommandant in Nürnberg fungierte.2 Er lief mit einer Reitgerte unter dem Arm herum und sagte einem Besucher, er halte alle Gefangenen für verrückt. Laut einem amerikanischen Ermittlerteam verstand er es meisterhaft, „wie man die ,Arschl. . .‘ auf Vordermann hält“, und sorgte dafür, „dass sie uns die Antworten gaben, die wir hören wollten“.

An besagtem 23. Mai wurde auch Ernst Wilhem Bohle festgenommen, der bis zum Schluß Optimismus verbreitet und seinen Glauben an den Endsieg verkündet hatte.4 In Wirklichkeit ahnte er schon seit längerem, daß der Krieg verloren und damit auch seine Karriere beendet war. Am 14. April 1945 hatte er Berlin in Richtung Bad Schandau verlassen. Zuvor hatte er die von Bormann stammende Anweisung weitergegeben, die in Berlin befindlichen Akten der AO zu vernichten.5 Seine persönlichen Unterlagen hatte er Erich Schnaus6 und Theodor Leonhardt7 ausgehändigt, die sie nach Schloß Rothenhaus (heute: C? erveny Hrádek) bei Görkau nahe Komotau im Erzgebirge (heute: Chomutov) verbrachten, das den Fürsten Hohenlohe-Langenburg gehörte.