Lukrative Rohstoffmärkte - Ein Blick hinter die Kulissen

von: Dr. Torsten Dennin

FinanzBuch Verlag, 2010

ISBN: 9783960925125 , 240 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: frei

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Preis: 2,99 EUR

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Lukrative Rohstoffmärkte - Ein Blick hinter die Kulissen


 

EINFÜHRUNG


»The price of a commodity will never go to zero […]
you’re not buying a piece of paper that says
you own an intangible piece of company that can go bankrupt.«

Jim Rogers

Rohstoffe sind seit Beginn des neuen Jahrtausends en vogue. Denn die Geldanlage in Rohöl, Gold, Silber, Kupfer, Weizen, Zucker und Co. wurde von Banken als »Investment-Thema« und als »neue« Assetklasse eingeführt und vermarktet. Wurden die ersten investierbaren Rohstoffindizes Anfang und Mitte der 1990er Jahre entwickelt (S&P Goldman Sachs Commodity Index und Dow Jones UBS Commodity Index), bietet nach der Jahrtausendwende jedes größere Geldhaus einen eigenen Rohstoffindex an. Diese Indizes in Kombination mit innovativen Verbriefungsmethoden eröffnen institutionellen und vermögenden Privatkunden eine neue, attraktive »Assetklasse« und machen die Rohstoffmärkte in der Form vollständig besicherter Rohstofftermingeschäfte investierbar.

Für den Rohstoffboom, der sich seit der Jahrtausendwende abzeichnet, ist überwiegend das rasante Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft verantwortlich. Die »Werkbank der Welt« entwickelt einen gigantischen Rohstoffhunger: Die Importe von Eisenerz, Kohle, Kupfer, Aluminium und Zink schnellen in die Höhe, und schon bald dominiert China die weltweite Nachfrage. Das rasante Wachstum der chinesischen Wirtschaft katapultiert die Rohstoffmärkte in eine noch nie da gewesene Boomphase: Energieträger, Metalle und Agrargüter – China wirkt wie ein gigantischer Staubsauger, und die Preise steigen und steigen.

Bis der Kollaps der Investment Bank Lehman Brothers und die sich zuspitzende Finanzkrise die Entwicklung bremsen – zumindest vorübergehend. Der Ölpreis stürzt von seinem Hoch bei knapp 150 US-Dollar im Sommer 2008 auf unter 40 US-Dollar im Frühjahr 2009 ab. Im Laufe des Jahres 2009 erholt er sich und steigt wieder auf über 80 US-Dollar. Auch Industriemetalle profitieren von der einsetzenden konjunkturellen Erholung. Im Nachspiel der Finanzkrise und der Sorge um eine steigende Staatsverschuldung sowie einer drohenden Geldentwertung interessieren sich Investoren ebenfalls verstärkt für Gold: Der Goldpreis klettert erstmalig auf über 1.200 US-Dollar je Feinunze und durchbricht im Zuge der europäischen Schuldenkrise in 2010 auch erstmalig das Niveau von 1.000 Euro je Feinunze. Mit der Verschärfung der Krise und die Diskussion um die Kreditwürdigkeit der sogenannten PIGS-Staaten (Portugal, Irland, Griechenland und Spanien) in der Eurozone fällt auch die Marke von 1.500 US-Dollar. Aber auch exotische Agrarprodukte wie Zucker, Kaffee und Kakao gehören zu den Gütern, die eine deutliche Verteuerung in 2009 erfahren – das Gespenst der Agrarpreisinflation kehrt zurück. Eine Entwicklung, die besonders für die Entwicklungsländer zunehmend Probleme aufwirft.

Über diese vergleichsweise junge Entwicklung wird zumeist übersehen, dass der organisierte Handel von Rohstoffen an Warenterminbörsen eine bedeutend längere Historie als der Aktienmarkt aufweist. So wurde die Chicago Board of Trade bereits 1848 gegründet, um eine Plattform für den Handel mit Agrargütern wie Weizen und Mais zu bieten. Der Handel und die Spekulation mit Rohstoffen sind jedoch nicht an organisierte Börsen gebunden: Dokumentiert sind beispielsweise Termingeschäfte im antiken Griechenland, bei denen Bauern ihre Olivenernte auf Termin veräußerten, oder der Terminhandel von Weizen im alten Rom. Im Getreidehandel mit Nordafrika sicherten sich römische Händler mit Optionen die Preise für die zukünftige Ernte, um sich gegen unerwartete Preisanstiege abzusichern.

Dieses Buch stellt 40 bedeutende Ereignisse aus fast 400 Jahren vor, die mit zum Teil extremen Preisfluktuationen an den Rohstoffmärkten einhergingen, und beleuchtet ihre Hintergründe. Die ersten sechs Kapitel greifen Episoden aus dem 17. bis 19. Jahrhundert auf. Der holländische Tulpenwahn im 17. Jahrhundert gilt als einer der ersten dokumentierten Börsencrashs in der Geschichte. Im 18. Jahrhundert werden am Dojima Reismarkt Vermögen verdient und verloren und – ganz nebenbei – die Candlestick-Charts erfunden, die noch heute in der Finanzindustrie verwendet werden. Rockefeller und der Aufstieg der Standard Oil Company markieren den Beginn des Ölzeitalters. Annähernd zur gleichen Zeit versuchen im Mittleren Westen der USA zwei Männer durch die Manipulation des Weizenmarktes Reichtümer anzuhäufen, während wenige Jahre zuvor in Kalifornien der Goldrausch ausbrach.

Die Episoden der Rohstoffspekulationen des 20. Jahrhunderts erinnern an das »Who-is-Who« der Wirtschaftsgeschichte: Aristoteles Onassis, Warren Buffett, Bill Gates und George Soros sind nur einige von ihnen. Außerdem spielt Rohöl eine immer gewichtigere Rolle.

Die Kapitel »Midas Touch« und »Versteckspiel in New Jersey« beschreiben den Aufstieg von Aristoteles Onassis und den Ruin von Anthony De Angelis. Die 1970er Jahre erleben einen wahren Boom der Rohstoffmärkte. Die Einkaufstour der Sowjetunion auf den Agrarmärkten in den USA verstärkt den bereits positiven Preistrend von Weizen, Mais und Sojabohnen. Der rasante Anstieg der Preise von Rohöl während der zwei Ölkrisen 1973 und 1979 ändert gar die bestehende Weltordnung. Ein Versuch, die Uhr zurückzudrehen, kann im Golfkrieg von 1990 gesehen werden. Der Ölpreis verdoppelt sich in dieser Zeit und wird der Metallgesellschaft zum Verhängnis – das Unternehmen gerät durch Rohöl-Termingeschäfte an den Rand der Zahlungsunfähigkeit.

Dem Boom der Preise von Gold, Silber und Diamanten folgt der Crash – und die Gebrüder Hunt verlieren durch den Kollaps des Silberpreises ihr im Ölgeschäft aufgebautes Vermögen. Nach Nelson und Herbert Hunt finden auch Warren Buffett, Bill Gates und George Soros Gefallen am Silbermarkt. Und im Dschungel von Borneo nimmt derweil der größte Goldschwindel aller Zeiten seinen Anfang, der in der Pleite von Bre-X gipfelt. Auch die Spekulation des japanischen Händlers Hamanaka am Kupfermarkt mündet 1996 in einer riesigen Pleite, die sich knapp zehn Jahre später infolge der Machenschaften des chinesischen Händlers Liu Qibing wiederholt.

Der einsetzende Rohstoffboom des neuen Jahrtausends zieht auch neue Spekulanten an. Händler des Energieriesen British Petroleum manipulieren von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt eine Nische des Rohstoffmarktes: Propan. Die Pleite von Amaranth Advisors, verbunden mit einem in wenigen Wochen angehäuften Verlust von 6 Milliarden US-Dollar durch Spekulationen mit Erdgas, macht dagegen weltweit Schlagzeilen.

Eine besonders aktive atlantische Hurrikansaison sorgt nicht nur für steigende Ölpreise durch Schäden im Golf von Mexiko, sondern treibt auch den Preis für an der New York Mercantile Exchange gehandeltes Orangensaftkonzentrat auf neue Höchststände. Die Überflutung von New Orleans durch den Hurrikan Katrina lässt in London die Notierungen für Zink klettern, denn in New Orleans befindet sich ein Großteil der von der London Metal Exchange lizensierten Lagerhäuser für Zink.

Als eine »Jahrtausenddürre« dem australischen Kontinent zu schaffen macht, steigt der Preis von Weizen weltweit auf neue Rekordniveaus. Wenige Jahre später treibt dagegen eine Dürre in Indien den Preis für Zucker auf Niveaus, die seit 30 Jahren nicht mehr zu beobachten waren. Kurz davor führt in Asien der Zyklon Nargis zu einer menschlichen Katastrophe, Reis wird rationiert, und die steigenden Preise führen in mehreren Ländern zu Unruhen in der Bevölkerung. Steigende Nahrungsmittelpreise erweisen sich später auch als wichtiger Katalysator für die Unruhen in den Ländern des Mittleren Ostens und im Norden Afrikas in 2011, dem »Arabischen Frühling«.

Diese schicksalhaften Ereignisse stehen oft im Kontrast zu den Spekulationen Einzelner, bei denen es meistens um horrende Geldsummen geht. So wie beispielsweise im Fall von Evan Dooley, der sich nur wenige Wochen nach Bekanntwerden des Milliardenverlustes von Jérôme Kerviel mit Weizen-Futures verspekuliert und seinem Arbeitgeber einen Verlust von über 100 Millionen US-Dollar beschert. Oder von Anthony Ward, der im Sommer 2010 eine Milliarde US-Dollar in Kakao investiert. Die verschiedenen Episoden in diesem Buch zeigen stellvertretend, dass jeder einzelne Rohstoff aufgrund einer Veränderung von Angebot, Nachfrage und äußerer Einflussfaktoren einem eigenen Boom-Bust-Zyklus unterliegen kann. Angefangen bei einer von Südafrika dominierten Platinförderung über Frost bei der Kaffee- oder Orangenernte, Unruhen an der Elfenbeinküste, welche den Kakaopreis in die Höhe schießen lassen, bis hin zu Streiks chilenischer Minenarbeiter – die hier geschilderten Entwicklungen stellen unter Beweis, dass es für Investoren an den Rohstoffmärkten alles andere als langweilig zugeht!

Durch die...