Demenz. Den richtigen Weg finden - Den richtigen Weg finden - Ratgeber für Angehörige und Freunde - Finanzielle Unterstützung, Betreuung, seelische Gesundheit

von: Heike Nordmann

Stiftung Warentest, 2019

ISBN: 9783747101377 , 208 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 14,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Demenz. Den richtigen Weg finden - Den richtigen Weg finden - Ratgeber für Angehörige und Freunde - Finanzielle Unterstützung, Betreuung, seelische Gesundheit


 

Haben Sie Mut zur richtigen Diagnose!


Hinter einer Demenz können viele Krankheiten stehen. Erst wenn die Ursache der Demenz bekannt ist, lassen sich Entscheidungen für die Zukunft treffen.

Demenz ist nicht gleich Demenz. Genau genommen ist Demenz selbst keine Erkrankung, sondern ein Sammelbegriff für bestimmte Symptome wie Vergesslichkeit, mangelnde Orientierung in Raum und Zeit, Veränderungen der Persönlichkeit und bei fortschreitendem Krankheitsverlauf auch zunehmend der Verlust von Körperfunktionen. Eine Vielzahl von Krankheiten kann diese Symptome verursachen. Viele sind tatsächlich degenerative Erkrankungen, die sich letztlich nicht heilen lassen. Es gibt aber auch viele Krankheiten mit demenziellen Symptomen, die sehr gut behandelbar sind. Die Diagnose zu scheuen, würde in diesem Fall einen unnötigen Verlust von Lebensqualität bedeuten, für den Betroffenen, für Sie und für alle anderen Personen im sozialen Umfeld.

Demenz ist nicht einfach Vergesslichkeit


Vor allem ist eine Demenz keine Alterserscheinung, die man einfach als „normal“ hinnehmen muss. Eine Demenz unterscheidet sich grundlegend von einer „gesunden“ Vergesslichkeit oder Schusseligkeit. Werden Sie aufmerksam, wenn sich bei Ihrem Angehörigen Verhaltensweisen verändern. Wer sich noch nie gut Namen merken konnte, wird dies mit oder ohne Demenz auch im Alter nicht gut können. Wer immer etwas zerstreut ist, Termine durcheinanderbringt oder sich nicht mehr so ganz sicher ist, was er am Vortag getan hat, ist nicht demenzkrank.

  • Je früher Sie heraus­finden, was hinter einer Demenz steckt, desto größer sind die Chancen, eine behandelbare Krankheit zu erkennen oder den Krankheitsverlauf zu verlangsamen.

Eine Demenz fällt vor allem auf, wenn Fähigkeiten, die vorher vorhanden waren, offensichtlich nachlassen oder wenn der Betroffene plötzlich auffallend traurig, zurückgezogen oder aggressiv ist.

Häufig bemerken Angehörige eine Demenz erst dann, wenn sich irgendetwas am Umfeld verändert. In Beratungsstellen berichten viele, dass ihnen zum ersten Mal im Urlaub aufgefallen ist, dass etwas nicht stimmt, beispielsweise weil der Ehepartner sich auch nach mehreren Tagen noch auf dem Weg vom Zimmer zum Frühstücksraum verlaufen hat. Auch bei Familientreffen, etwa zu Weihnachten oder Geburtstagsfeiern, kann es auffallen, dass sich ein Familienmitglied ungewöhnlich verhält, beispielsweise gut bekannte Familienmitglieder nicht mehr richtig zuordnen kann oder den zeitlichen Ablauf des Tages mehrfach vergisst oder seine geistigen Fähigkeiten nachgelassen haben.

Seien Sie aufmerksam! Viele Demenzkranke merken selbst, dass mit ihnen etwas nicht stimmt und dass ihnen bestimmte Situationen schwerfallen. Wenn jemand plötzlich keine Lust mehr auf sonst übliche Reisen oder Familienfeiern hat, obwohl er körperlich fit erscheint, können dies erste Anzeichen für Einschränkungen der Gehirnleistung sein.

An welchen Arzt können Sie sich wenden?


Die Diagnose einer Demenz ist eine schwierige Angelegenheit. Es gibt bisher nicht die eine Blutuntersuchung oder das eine bildgebende Verfahren, um die Krankheit hinter der Demenz herauszufinden. Stattdessen muss sich der Arzt über verschiedene diagnostische Verfahren an die Ursache herantasten. Wichtig ist dabei auch, dass behandelbare Krankheiten, die zu demenziellen Symptomen führen, frühzeitig erkannt werden. Wie bei anderen schwerwiegenden Krankheiten gelingt dies nur, wenn die richtigen Fachleute beteiligt sind.

Der erste Ansprechpartner ist oft der Hausarzt. Dieser ist gerade für ältere Menschen häufig eine langjährig bekannte Vertrauensperson. Hier liegt eine große Chance der Frühdiagnostik, wenn der Arzt sensibel für Veränderungen bei seinem Patienten ist und diesen im Verdachtsfall auch zum Besuch eines Facharztes oder einer Klinik motiviert. Die Diagnosemöglichkeiten beim Hausarzt sind jedoch eher beschränkt. Oft machen Hausärzte nur ein kurzes Screening, etwa mit dem Uhrentest.

Meist überweist der Hausarzt den Patienten beim Verdacht einer demenziellen Erkrankung zu einem niedergelassene Neurologen und Psychiater. Fachärzte für Neurologie oder Psychiatrie haben spezielle Kenntnisse zur Funktionsweise der Nerven und des Gehirns und zu den damit zusammenhängenden körperlichen und psychischen Krankheiten. Viele von ihnen haben eigene Praxen oder sie haben sich medizinischen Zentren angeschlossen. In ihren Praxen ist eine differenzierte Diagnose und Behandlung der Demenz möglich. Für manche aufwendige diagnostische Verfahren, etwa die Computertomografie (CT) oder die Magnetresonanztomografie (MRT), wird bei Bedarf an entsprechende medizinische Einrichtungen verwiesen.

Hausärzte haben eine wichtige Position im Hilfenetzwerk bei Demenz. Einige tun aber vielleicht demenzielle Probleme als Alterserscheinungen ab und verschreiben eventuell auch ohne ge­sicherte Diagnose Beruhigungsmittel oder Psychopharmaka. Spätestens wenn solche Medikamente verordnet werden, drängen Sie auf die Überweisung zu einem Facharzt.

Kliniken und Gedächtnissprechstunden


Wenn niedergelassene Fachärzte nicht in der Nähe sind, beim gleichzeitigen Auftreten verschiedener (altersbedingter) Krankheiten oder auch bei akuten psychischen Störungen ist der Besuch einer Klinik eine Alternative. Im Rahmen einer Gedächtnis­ambulanz oder -sprechstunde bieten neurologische, psychiatrische oder geriatrische Fachkliniken umfassende Diagnosemöglichkeiten. Bei Bedarf werden Patienten auch stationär aufgenommen, etwa um eine Nervenwasseruntersuchung durchzuführen oder die Medikation zur Demenzbehandlung richtig einzustellen, da in einer Klinik direkt auf mögliche Neben- und Wechselwirkungen reagiert werden kann. Viele Menschen haben jedoch große Vorbehalte gegen den Besuch einer Klinik. Das ist insbesondere bei älteren Menschen der Fall und könnte dazu führen, dass sich der Betroffene lange gegen eine Erstdiagnose wehrt oder der innere Widerstand das Ergebnis verfälscht. Andererseits bieten die Fachkliniken das größte Spektrum an Diagnosemöglichkeiten und Fachpersonal. Wägen Sie deshalb ab, ob die Klinik die richtige Wahl ist, und besprechen Sie dies mit dem Haus- oder Facharzt.

  • Die Berufsverbände und Fachgesellschaften für u. a. Neurologie und Psychiatrie bieten auf einer gemeinsamen Internetseite Informationen zu neurologischen und psychischen Erkrankungen und auch eine Arztsuche an. Alle Informationen finden Sie unter www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org oder www.dgn.org.

Behandelbare Erkrankungen mit demenziellen Symptomen


In vielen Fällen wird eine degenerative, also eine nicht heilbare Demenzerkrankung diagnostiziert. Umso wichtiger ist es aber, zunächst alle Krankheiten, die behandelbar sind, auszuschließen.

  • Diagnose nur vom Profi
  1. Jemandem aufgrund einer vorschnellen (Fehl-)Diagnose eine Behandlung und damit Lebensqualität vorzuenthalten, ist ein grober medizinischer und ethischer Fehler. Häufig sind einzelne Symptome sehr ähnlich und im Alter können die Grenzen noch mehr verschwimmen. Deshalb ist hier die fachärztliche Kompetenz gefragt.

Depressionen im Alter werden beispielsweise häufig weder von Laien noch von Ärzten erkannt. Problematisch ist, dass die Symptome zunächst oft eher körperlich sind, etwa Schmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Herzprobleme oder Schlafstörungen. Alles Dinge, die schnell als übliche Altersbeschwerden angesehen werden. Vielen ist außerdem nicht bekannt, dass die Altersdepression häufig auch mit Beeinträchtigungen von Aufmerksamkeit, Konzentration und Denkgeschwindigkeit einhergeht. Weil die körperlichen Beschwerden nicht ernst genommen werden, sind geistige Defizite und Stimmungsschwankungen häufig die ersten Symptome, die auffallen. Eine Depression lässt sich durch eine Kombination von Medikamenten, Psychotherapie und einer Aktivierung der sozialen Kontakte behandeln. Die geistigen Einschränkungen können bei frühzeitiger Behandlung weitgehend verschwinden.

Ein weiteres Beispiel für eine behandelbare Erkrankung ist die Demenz bei einer Parkinsonkrankheit. Sie ist meistens entweder auf die Parkinsonkrankheit selbst oder auf eine die Parkinsonerkrankung begleitende Depression zurückzuführen. Die Störung der Botenstoffe im Gehirn, die die Parkinsonkrankheit auslösen, kann auch die Gedächtnisleistung negativ beeinflussen. Eine gute medikamentöse Behandlung der Parkinsonerkrankung und eventuell die Diagnostik und Behandlung einer Depression können deshalb die Hirnleistung oft deutlich verbessern.

Alzheimerkrankheit


Behandelbare Krankheiten, die einer degenerativen Demenz ähneln


Die nachfolgend beispielhaft genannten Erkrankungen oder Körperzustände werden häufig mit degenerativen Demenzerkrankungen verwechselt. Eine genaue Diagnose muss durch den Facharzt erfolgen.

Symptome

Behandlung

Depression (im Alter)

Stimmungsschwankungen, Niedergeschlagenheit, Einschränkung von Konzentrationsfähigkeit und Denkvermögen

Medikamente, Psychotherapie, soziale Kontakte

„Wasser im Gehirn“, Normaldruck- Hydro­zephalus

Gedächtnisstörungen, Orientierungsschwierigkeiten, Verhaltensauffälligkeiten, meistens in Kombination mit Harndrang und...