Sprachliches Handeln und Transaktionsanalyse - Die Psychologie im Sprechakt

von: Hans Harald Hansen

Diplomica Verlag GmbH, 2008

ISBN: 9783836614672 , 176 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: frei

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Preis: 34,99 EUR

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Sprachliches Handeln und Transaktionsanalyse - Die Psychologie im Sprechakt


 

Kapitel 3.1, Psychologie der Gesprächsführung: Nur selten liegen der Verlauf und der Ausgang eines Gespräches von vornherein fest. Meist entscheidet es sich im Gespräch, wie es weitergeführt wird bzw. wie es endet. Agieren die Gesprächsteilnehmer komplementär, so wird ein Gespräch positiv verlaufen; wechselt hingegen ein Gesprächsteilnehmer die Transaktionsebene und führt damit eine Überkreuztransaktion herbei, so kommt es auf die Reaktion des Angesprochenen an, ob das Gespräch weitergeführt wird, abgebrochen wird oder ob es gar zu einem Streit, zu einer wiederholten Überkreuzung der Transaktion kommt. Würde man nach einem Gespräch, das im Streit endete, die Beteiligten fragen, warum es dazu gekommen ist, so erhielte man wahrscheinlich Aussagen wie: 'Ich weiß es auch nicht, ich habe doch nur gesagt, daß... Daraufhin wurde ich von meinem Gesprächspartner angeschrien.' oder 'Mein Partner hat mich mit seiner Äußerung kompromittiert (beleidigt, angegriffen usw.).' Rekapitulierte man den Verlauf eines solchen Gespräches, so würde man gewisse 'Reizwörter' finden, die zur Überkreuzung führten und den Gesprächsverlauf dergestalt beeinflußten, daß es zum Streit zwischen den Interagierenden kam. Diese 'Reizwörter' stammen meist aus dem Eltern-Ich, sind also wertend, befehlend bzw. bevormundend. Doch können vom Hörer auch Äußerungen aus dem Erwachsenen-Ich als 'Reizwörter' empfunden werden, wenn diese Äußerungen von seinem 'NICHT-0.K.-Gefühl' als solche interpretiert werden. Wir müssen, um ein Gespräch führen zu können, den anderen verstehen, das heißt psychisch verstehen. Zu einem echten Gespräch gehört es, daß man auf den anderen eingeht, seine Gesichtspunkte wirklich gelten läßt und sich insofern in ihn hinein versetzt, das man versteht, was er sagt. Eben das heißt, den anderen gelten lassen und anerkennen. 'Denn die Hauptvoraussetzung zur Entstehung eines echten Gesprächs ist, daß jeder seinen Partner als diesen, als eben diesen Menschen meint. Ich werde seiner inne, daß er wesentlich anders ist als ich, in dieser bestimmten ihm eigentümlichen, einmaligen Weise wesenhaft anders als ich; und ich nehme den Menschen an, den ich wahrgenommen habe, so daß ich mein Wort in allem Ernst an ihn,(... ) richten kann. Vielleicht muß ich seiner Ansicht über den Gegenstand unseres Gesprächs die meine Mal um Mal in Strenge entgegenhalten, um eine Auflockerung der Überzeugung geht es ganz und gar nicht, aber diese Person, den personenhaften Träger der Überzeugung nehme ich in seinem Sosein auf, aus dem seine Überzeugung gewachsen ist, eben die Überzeugung, von der ich etwa Stück um Stück zu zeigen versuchen muß, was da nicht stimmt. Ich sage Ja zu der Person, die ich bekämpfe, partnerisch bekämpfe ich sie, ich bestätige sie als Kreatur und als Kreation, ich bestätige auch das mir Entgegenstehende als das mir Gegenüberstehende.' In diesem Zitat wird deutlich, daß ein echtes Gespräch nur mit dem Erwachsenen-Ich zu führen ist. Mit diesem 'Ich' gelingt es, über das Gesagte zu reflektieren und seine Meinung über den Gegenstand so darzustellen, daß der andere diese Meinung nachvollziehen kann. Gespräche auf der Eltern- bzw. Kindheits-Ich-Ebene sind Plaudereien, eine Art Zeitvertreib. Auf der Eltern-Ich-Ebene sind es stereotype Unterhaltungen, die manchmal sehr verletzend sein können, auf der Kindheits-Ich-Ebene sind es Plaudereien, die sich um die eigene Person drehen, denn sie bleiben in den subjektiven Erfahrungen und Meinungen haften und aus den Äußerungen des anderen werden nur die mit der eigenen Meinung konvergenten wahrgenommen. Kontaktgespräche bzw. Harmoniegespräche, wo es gilt, Konflikte zu vermeiden, werden häufig auf dieser Ebene geführt. Hier sind die bevorzugten Themen das Wetter, die Inhalte von Boulevard - Medien, über die eine einheitliche Meinung vorzufinden ist usw. Die Stereotype von den verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen, denen die Kommunikationspartner angehören, werden einander bestätigt, z.B. wird Über gemeinsame Freunde oder gemeinsame Feinde geplaudert. Ein echtes Gespräch, ein Dialog aber findet dabei nicht statt. Bei dieser Art der Kommunikation ist der kommunikative Austausch sehr reduziert, so daß nur eine oberflächliche Kommunikation möglich ist. Solche Gespräche sollten möglichst kurz gehalten werden und nur zur Kontaktaufnahme verwandt werden. Bei einem Gespräch auf der Erwachsenen-Ich-Ebene ist eine Totalwahrnehmung des Gesprächspartners erforderlich. Diese Totalwahrnehmung erkennt man daran, daß Hörer wie Sprecher sich gegenseitig ansehen, denn dies ist ein Indiz dafür, daß das verbale wie nonverbale Verhalten des anderen bewußt aufgenommen wird. Wie im oben angeführten Zitat gesagt wird, können Aussagen nur dann entsprechend wahrgenommen werden, wenn der Hörer die Person, die eine Aussage macht, bedingungslos akzeptiert. Dieses Akzeptieren des Kommunikationspartners bedingt nur das Eingehen auf das, was dieser sagt, aber keineswegs die bedingungslose Zustimmung. Nur wenn wirklich das heißt aktiv zugehört wird, kann eine weiterführende, kreative Antwort gegeben werden - also eine Antwort aus dem Erwachsenen-Ich gegeben werden, die dem anderen etwas neues mitteilt, die dieser aufnehmen kann, die das Gespräch weiterentwickelt. Ein echtes Gespräch zeichnet sich dadurch aus, daß die Partner sich authentisch äußern, das heißt daß sie das äußern, was sie in einer bestimmten Situation glauben sagen zu können. Authentisches Sprechen bezieht Konfrontationen und mögliche Konflikte mit ein. Das Erwachsenen-Ich aber wird auch mit Konfrontationen und Konflikten fertig, denn durch das wirkliche, aktive Zuhören versteht der mit diesem 'Ich' agierende den Standpunkt des anderen und die Hintergründe dieses Standpunkts, und er kann seinen eigenen Standpunkt, der die Sache und nicht die Person angreift, sinnvoll entgegensetzen. Geltungsstreben: Häufig wird die Meinung vertreten, daß ein Individuum, das im Gespräch nach Geltung strebt, das also seine Qualitäten oder seine Dinge hervorhebt und über die seiner Gesprächspartner stellt, ein eitler und gefallsüchtiger Mensch ist. Wie wir feststellen werden, ist diese Meinung über einen solchen Menschen äußerst oberflächlich und in der Beziehung zu ihm zerstörerisch. Beispiele: 'Was sagen Sie, Ihr Auto macht 180 km in der Stunde, schauen Sie sich mal meinen Wagen an, das ist ein Auto, macht glatte 230 Stundenkilometer.' 'Was Sie verdienen nur 3.500 DM - ich bin auf Montage und verdiene mehr als das Vierfache.' Wie aus diesen Beispielen ersichtlich wird, kommen diese Kommentare aus dem 'NICHT-0.K.-Gefühl' des Kindheits-Ichs, denn ein Mensch, der nach Geltung strebt, signalisiert, daß er sich unsicher fühlt und von dem anderen eine Bestätigung braucht. Wirkt der Hörer diesem Geltungsstreben entgegen, so bestätigt bzw. festigt er die ''ICHT 0.K.Gefühle'' des Sprechers und es kommt zu einer Kommunikationsunterbrechung. Hat der Hörer aber ein '0.K.-Gefühl', so wird er das vorgespielte '0.K.-Gefühl' des anderen bestätigen, bzw. einen objektiven Vergleich ziehen, zum Beispiel wird er sagen, 'Ja, Ihr Auto ist schneller, dafür kostet es aber auch das dreifache von meinem.'. Reflektierendes Sprechen: Reflektierendes Sprechen setzt Überlegungen voraus, wie der Gesprächspartner wohl auf das, was man äußern möchte, reagieren wird. Jeder, selbst ein Kind, führt im Laufe eines Tages verstandesmäßig bzw. reflektierende Gespräche, z.B. das Kind, wenn es seine Bezugspersonen zu etwas motivieren will. Solche Gespräche erfordern Disziplin, ein genaues Zuhören, was der Gesprächspartner sagt. Man will beim reflektierenden Sprechen nicht alles vom Gesprächspartner haben, z.B. nicht die Bestätigung des eigenen '0.K.-Gefühls', sondern nur viel vom Gesprächspartner wissen, ohne sich selber dabei sprachlich entblößen zu müssen. Ein Individuum, das in einem Gespräch diese Disziplin aufbringt, also häufig reflektiert spricht, wird viel über seine soziale Umwelt erfahren und nicht oder weniger leicht angegriffen oder gar erpreßbar sein. Reflektierendes Sprechen kommt ausschließlich aus dem Erwachsenen-Ich, denn der Sprecher muß den Kommunikationspartner in seine Überlegungen mit einbeziehen, darf ihn nicht sprachlich verletzen und darf sich nicht egozentrisch verhalten. Der reflektierende Sprecher muß sein Eltern- und Kindheits-Ich unter die Regie des Erwachsenen-Ich stellen.