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"V. ZUR KIRCHE (S. 164-165)
37. Wie kam es zur Entstehung der Kirche?
»Jesus verkündete das Reich Gottes, gekommen aber ist die Kirche. «123, schrieb der Reformtheologe Alfred Loisy (1857 – 1940) in seinem 1902 publizierten Buch L’Évangile et Église. Mit seinem ironischen, bitterbösen Bonmot spricht der französische Kirchenkritiker eine grundsätzliche Spannung an, in der die Christen und damit selbstredend auch die Kirche(n) bis heute leben: die Spannung zwischen dem erwarteten, mit Jesus Christus bereits angebrochenen Gottesreich und seiner immer noch ausstehenden Vollendung.
Dabei ging es Loisy gar nicht – wie ihm oftmals unterstellt wurde – um eine generelle Verteufelung der Kirche, deren öffentliche Funktionen er prinzipiell würdigte. Vielmehr kritisierte er den mangelnden Anpassungswillen der römisch-katholischen Kirche an das religiöse Bewusstsein der jeweiligen Epoche, ihren starren Dogmatismus. Eine provokante Position Loisys, die zusammen mit seiner Weigerung, sich dem Papst zu unterwerfen, 1908 zu seiner Exkommunikation führen sollte …
Doch wollte Jesus überhaupt eine streng hierarchisch organisierte und von Amtsträgern verwaltete Institution namens »Kirche«, ein »dem Herrn gehöriges Haus«, wie die Übersetzung des griechischen Wortes kyriake lautet, von dem sich auch unser deutsches Wort »Kirche« herleitet? Zumindest die römisch-katholische Kirche – die mit über einer Milliarde Mitgliedern größte religiöse Gruppierung der Welt – bejaht diese Frage. Sie beruft sich dabei traditionell auf die Gründung durch Jesus Christus selbst, vor allem auf dessen sogenanntes »Felsenwort« an den Apostel Petrus: »Ich aber sage dir: Du bist Petrus, und auf diesem Felsen werde ich meine Kirche bauen …« (Mt 16,18)
Neben diesem – historisch durchaus umstrittenen – »Kirchengründungsakt« geht die heutige Ekklesiologie, das heißt die theologische Lehre von der christlichen Kirche, aber auch von anderen, nicht minder wirkmächtigen Impulsen aus: nämlich von Jesu endzeitlicher Sammlung des Gottesvolkes, von der Gemeinschaft derer, die dem Auferstandenen nachfolgen, sowie vor allem vom Pfingstereignis, dem Fest der Ausgießung des Heiligen Geistes. Letzteres wird von vielen Theologen sogar als eigentlicher Geburtstag der Ekklesia/Ecclesia (griechisch/lateinisch = »die Herausgerufene«), der Gemeinschaft derer, die von Jesus Christus aus der Welt herausgerufen wurden, angesehen: »Als der Pfingsttag gekommen war,"
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