Einfach richtig Geld verdienen mit Fundamentalanalyse

Einfach richtig Geld verdienen mit Fundamentalanalyse

von: Clemens Kustner, Ulrich Krings

Wiley-VCH, 2017

ISBN: 9783527808328 , 254 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 15,99 EUR

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Einfach richtig Geld verdienen mit Fundamentalanalyse


 

KAPITEL 2


Technische Grundlagen der Fundamentalanalyse


ÜBERSICHT

»The market value of any firm is independent of its capital structure.«

FRANCO MODIGLIANI, MERTON MILLER

Bei den bisherigen Überlegungen wurde deutlich, dass die tatsächliche und zukünftige Fähigkeit eines Unternehmens, Wert zu erwirtschaften, im Mittelpunkt der Überlegungen der Fundamentalanalyse steht. Aber was heißt das konkret? Wie kann man als Investor herausfinden, ob ein Unternehmen Wert erwirtschaftet oder Wert vernichtet? Wie kann man den während eines Geschäftsjahres erwirtschafteten Wert messen und quantifizieren? Und wie ergibt sich daraus der Unternehmenswert?

Bevor auf die einzelnen Schritte der Fundamentalanalyse eingegangen wird, wird zunächst noch auf diese Fragen eingegangen, um eine solide Ausgangsbasis für die Besprechung der eigentlichen Fundamentalanalyse zu haben.

UNTERNEHMEN SCHAFFEN WERT IM OPERATIVEN GESCHÄFT


Unternehmen sind komplexe Gebilde. Um zu verstehen, wie sie Wert erwirtschaften, muss man die äußere Schale knacken und in ihr Innenleben blicken. Investoren können sich dabei tatsächlich einen Moment als »Naturforscher« fühlen, die vor der Herausforderung stehen, zunächst etwas Ordnung in den komplexen Organismus eines Unternehmens zu bringen, der sich vor ihnen auftut.

Eine gute Struktur, um die Dinge zu ordnen, ist die Überlegung, dass sich die gesamten unternehmerischen Tätigkeiten eigentlich drei Bereichen zuordnen lassen: der Finanzierungstätigkeit, der Investitionstätigkeit und der Umsatztätigkeit.

Finanzierungstätigkeit


Finanzierung umfasst vereinfacht alle Maßnahmen, bei denen sich ein Unternehmen Eigen- oder Fremdkapital beschafft oder zurückzahlt. Finanzierungstransaktionen finden also immer zwischen dem Unternehmen einerseits und Investoren andererseits statt, die Eigen- oder Fremdkapital zur Verfügung stellen. Ein weiteres Merkmal ist, dass das Unternehmen bei Finanzierungstätigkeiten immer auf dem Kapitalmarkt aktiv ist.

Beispiele für Finanzierungstätigkeiten sind die Beschaffung von Eigenkapital durch die Ausgabe neuer Aktien genauso wie das Zahlen einer Dividende. Im Bereich des Fremdkapitals gehören sowohl die Aufnahme von Fremdkapital durch die Ausgabe einer Anleihe als auch die Bezahlung der Anleihezinsen und die Rückzahlung des Nominalwerts zu den Finanzierungstätigkeiten.

Auch wenn ein Unternehmen sein gesamtes Fremdkapital zurückgezahlt hat und nun selbst am Kapitalmarkt als Darlehensgeber oder Anleiheinvestor auftritt, ist das eine Finanzierungstätigkeit. Der einzige Unterschied zur Aufnahme eines Kredits besteht darin, dass sich das »Vorzeichen« geändert hat: Statt Zinsen zu zahlen, bekommt das Unternehmen nun Zinsen. Das Unternehmen ist aber weiterhin am Kapitalmarkt aktiv.

Auslöser für die Finanzierungstätigkeit ist das Erfordernis, das operative Betriebsvermögen zu finanzieren, welches ein Unternehmen benötigt, um Güter und Dienstleistungen zu erstellen und zu verkaufen.

Investitionstätigkeit


Hat sich ein Unternehmen erfolgreich Eigen- und Fremdkapital beschafft, dann hat es auf der Aktivseite der Bilanz zunächst die entsprechenden Gelder in Form von flüssigen Mitteln oder Wertschriften. Tätigt ein Unternehmen Investitionen, dann setzt es diese Gelder ein, um operative Vermögenswerte wie beispielsweise Maschinen, Anlagen oder Gebäude zu erwerben. Ein entscheidendes Merkmal von Investieren im hier dargestellten Sinn ist, dass Geld oder andere finanzielle Vermögenswerte in operative Vermögenswerte »umgewandelt« werden. Der Barkauf einer Maschine verdeutlicht dies unmittelbar: Die Position Maschinen & Anlagen in der Bilanz steigt, die flüssigen Mittel sinken. Beim Erwerb der operativen Vermögenswerte ist das Unternehmen auf den entsprechenden Gütermärkten aktiv.

Umsatztätigkeit


Umsätze entstehen, wenn ein Unternehmen seine operativen Vermögenswerte zusammen mit vielfältigen weiteren Inputfaktoren einsetzt, um Güter zu produzieren und Dienstleistungen zu erbringen sowie an Kunden zu verkaufen. Auch in diesem Fall ist das Unternehmen wieder auf den entsprechenden Güter- beziehungsweise Dienstleistungsmärkten aktiv. In Abgrenzung zur Finanzierungstätigkeit werden die Umsatztätigkeit und die Investitionstätigkeit zusammen auch oft als operative Geschäftstätigkeit bezeichnet.

Exkurs: Begriffsdefinition
Die mit der operativen Geschäftstätigkeit verbundenen Vermögenswerte (beispielsweise Maschinen) und Schulden (beispielsweise Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen) werden im weiteren Verlauf als operatives Vermögen beziehungsweise operative Schulden bezeichnet.
Der Saldo aus den operativen Vermögenswerten und den operativen Schulden wird als operatives Nettobetriebsvermögen bezeichnet. Der Zusatz »operativ« soll unterstreichen, dass darin keine finanziellen Vermögenswerte und Schulden enthalten sind, die sich aus den Finanzierungsaktivitäten eines Unternehmens ergeben. Mit dem operativen Nettobetriebsvermögen erwirtschaftet ein Unternehmen den operativen Gewinn im Sinne eines Gewinns vor Zinsen, der im deutschen Sprachraum oft auch als Betriebsergebnis bezeichnet wird. Die finanziellen Vermögenswerte und Schulden »erwirtschaften« dagegen das Finanzergebnis.

Gesamtorganismus eines Unternehmens im Überblick


Die Abbildung 2.1 verdeutlicht, wie die drei Aktivitäten zusammenhängen: Durch die Aufnahme von Eigen- und Fremdkapital fließen dem Unternehmen flüssige Mittel zu. Die Pfeile vom Kapitalmarkt zum Finanzierungsbereich stellen diesen Zusammenhang dar. In der Bilanz schlägt sich dieser Vorgang auf der Passivseite als Anstieg des Eigen- oder Fremdkapitals nieder und auf der Aktivseite als Anstieg der flüssigen Mittel beziehungsweise anderer finanzieller Vermögenswerte, in denen das Unternehmen die überschüssige Liquidität vorübergehend parkt.

Abbildung 2.1 Aktivitätsbereiche eines Unternehmens.

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Stephen Penman.

Investiert das Unternehmen, dann steigt das operative Vermögen und die im Rahmen der Finanzierungstätigkeit beschafften flüssigen Mittel gehen zurück.

Umsatztätigkeit und Investitionstätigkeit können insgesamt entweder zu einem positiven oder zu einem negativen Cashflow führen. Dies hängt von den Margen und der Veränderung des operativen Nettobetriebsvermögens ab. Der zweiseitige Pfeil zwischen dem betrieblichen Bereich und der Finanzierungstätigkeit illustriert diese beiden Möglichkeiten.

Reichen die Mittelflüsse aus der Umsatztätigkeit aus, um die erforderlichen Investitionen zu finanzieren, dann ist dieser Nettomittelfluss aus dem betrieblichen Bereich positiv und kann eingesetzt werden, um Zinsen zu zahlen, Verschuldung zurückzuführen, eine Dividende auszuschütten oder Aktien...