Der ultimative Ratgeber für alles

von: Dieter Nuhr

Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2011

ISBN: 9783838707822 , 304 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 9,99 EUR

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Der ultimative Ratgeber für alles


 

DAS MASS (S. 182-183)

Während die alten Ägypter ihre Kultur Dynastie für Dynastie verfeinerten, machten sich im Mittelmeer die Griechen breit. Wo sie plötzlich herkamen, wissen wir nicht. Die mittelmeerischen Hochkulturen in Troja, Mykene und auf Kreta haben sich verabschiedet, das Licht ausgemacht und sind verschwunden, die Menschen wurden gelyncht oder als Putzhilfen ohne Steuerkarte eingestellt. Mit den Griechen beginnt die Geschichte des Abendlandes. Warum?

Weil die Griechen die Grundlagen unserer Kultur erfinden, die Philosophie, die Geschichtsschreibung, Literatur und Theater, Demokratie, Tsatsiki, Wein, Steuerhinterziehung, Staatsverschuldung und Sklaverei. Dennoch: Sind die Griechen wirklich der Anfang unserer Geschichte? Kann es überhaupt einen Anfang geben? Schließlich würde die Annahme eines Urmomentes bedeuten, dass es einen Moment gegeben hätte, vor dem keine Zeit gewesen wäre.

Gab es den? Natürlich! Und damit ist nicht die Zeit vor dem ersten Geschlechtsverkehr gemeint – auch wenn die Erinnerung das nahelegt. Gerade geistig orientierte Menschen haben zum Körperlichen ohnehin ein gestörtes Verhältnis. Sie kommen gar nicht dazu, weil sie immerfort zweifeln, ob Ort, Zeit und Beziehung moralisch, ethisch oder ästhetisch richtig seien. Und am Ende sterben sie, ohne den Anfang überhaupt begonnen zu haben. Vielleicht pflanzt sich unsere geistige Elite nur deshalb so zögerlich fort, weil sie vor dem Geschlechtsakt nachdenkt, das Für und Wider erörtert und Möglichkeiten der Krankheits- oder Empfängnisverhütung in Betracht zieht, anstatt nach Art der Dolldeppen einfach draufloszuklopfen.

Glaubt man der Relativitätstheorie, ist Zeit ohne Raum und Masse nicht denkbar, das heißt, dass vor der Erfindung des Raumes auch keine Zeit war, der Begriff „vor“ in diesem Zusammenhang also unzulässig ist, weil es „vor“ dem Raum auch keine Zeit gab. Das ist schwer verständlich, bedeutet es doch, dass man seinen eigenen Altersprozess ohne Probleme beenden könnte, indem man einfach den Raum verlässt.

Den physikalischen Raum zu verlassen, ohne in einen Nebenraum oder ins Freie zu gelangen, ist allerdings keine leichte Übung, denn auch nebenan gibt es eine Zeit, die einem auf Dauer die Gelatine in den Hautzellen verkrumpeln lässt. Wenn Sie nicht aussehen wollen wie eine geschrumpelte Zitrone, beschäftigen Sie sich also am besten nicht mit Physik, sondern treiben Sie Sport und kaufen Sie eine gute Creme.

Die hilft zwar nicht gegen Hautalterung, gibt einem aber das gute Gefühl, nichts unversucht gelassen zu haben, bevor es einen von der Stange haut. Angeblich hilft ja auch ein Gläschen Wein gegen frühes Ableben. Ich glaube das nicht, bin aber der festen Überzeugung, dass es lebensverlängernd wirkt, wenn man sich ab und zu einen gönnt, egal was. So mancher Asket ist mit 107 viel zu früh abgetreten, weil er noch gar nichts vom Leben gehabt hat. Das ist kein Plädoyer für unkontrollierten Drogenkonsum! Manch ein Rockstar hat schon mit 25 so viele Chemikalien durch seinen Schädel geschleust, dass die eigentlich dort vorgesehene graue Masse völlig durchgenudelt ist und jede weitere Funktion verweigert.