Das Tagebuch der Callie Snow

von: Emma Chastain

cbj Kinder- & Jugendbücher, 2017

ISBN: 9783641202941 , 320 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 9,99 EUR

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Das Tagebuch der Callie Snow


 

Dienstag, 1. September

Morgen fängt die Schule an. Ich trage Dads altes Fun Run T-Shirt und versuche, mit Snickers zu kuscheln, aber draußen sind 30 Grad, also ist er nicht wirklich dazu aufgelegt. Ich bin bereit für kaltes Wetter und Sweatshirts und Apfelpunsch. Schule! Los geht’s!

Mittwoch, 2. September

In einem Wort: Blabla.

Es war heiß heute, aber ich trug trotzdem Strumpfhosen und ein Sweatshirt-Kleid, um mich auf den Herbst einzustimmen. So ein Mädchen mit irre viel Haaren musterte mich von oben bis unten und fragte: »Ist dir nicht heiß?«, und ich sagte: »Nee« (was für eine clevere Antwort!), auch wenn ich wie ein Schwein schwitzte. Dann öffnete dieses Mädchen auch noch das Schließfach neben meinem. Großartig.

Hannah und ich haben nur eine mickrige Stunde zusammen: Englisch bei Miss Murphy, die aussieht wie eine Entdeckerin. Sie ist braun gebrannt und ihre Haare sind blond mit grauen Strähnen. Sie trug enge Jeans, einen schwarzen Blazer und kein Make-up. Nach der Schule hab ich sie in einem roten Jeep mit offenem Verdeck davonfahren sehen. Als Erstes lesen wir Hexenjagd von Arthur Miller.

Griffin Gonzales ist auch in unserer Englischklasse. Ich bin »aus Versehen« mit ihm zusammengestoßen, als wir gingen, und er sagte: »Oh, Sorry.« Meine Kampagne hat offiziell begonnen!

Um 11:12 Uhr esse ich mittag, ganz allein. Was sind das für Faschisten, die Leute dazu zwingen, am frühen Morgen mittagzuessen? Wenn ich erwachsen bin, werde ich jeden Tag bis um 11 schlafen und dann mit meinen Künstlerfreunden brunchen.

Schließlich war ich gezwungen, neben Gloria Lingley zu sitzen, die noch nie in ihrem Leben beim Friseur war (ihre Mom lässt sie nicht). Sie laberte die ganze Zeit von diesem Klavierspieler Keith Jarrett und merkte nicht einmal, dass ich gar nicht weiß, wer das überhaupt ist. Ich glaub, ich hab die ganze Mittagspause nix anderes gesagt als »hm« und »aha«.

Sienna Ross ist in meiner Spanischklasse und mit ihr auch all ihre dämlichen beliebten Freundinnen. Ich schätze, sie haben ihre Fremdsprachen-Pflichtstunden bis zur letzten Minute aufgeschoben. Sienna trug eine wasserdichte Sportuhr und kein Make-up. Ihre Beine sind wahrscheinlich länger als mein ganzer Körper. Ich glaub, sie hat gemerkt, dass ich sie angestarrt hab, denn sie hat sich ein paarmal zu mir umgedreht.

Die Schule ist eigentlich nur eine größere Ausgabe der Junior High: Fenster, die so schmal sind, dass man kaum einen Pfeil durch sie abschießen könnte, Fliesen in der Farbe von Kotze und Licht aus Leuchtstoffröhren, in dem alle scheintot aussehen. Ich hab mich vier Mal verlaufen, aber keiner hat mich geschubst oder mir einen fiesen Spitznamen verpasst. Ich gebe dem Tag eine Drei.

Dad macht heute Abend Makkaroni mit Käse und dann ruft Mom wahrscheinlich an. Sie will immer genau wissen, wie der erste Tag in der Schule war.

Donnerstag, 3. September

Die Sache ist die, sie ist sehr beschäftigt. Sie kann nicht einfach alles stehen und liegen lassen und mich anrufen. Sie steckt wahrscheinlich mitten in einem fantastischen Kapitel.

Freitag, 4. September

Hannah ist der Meinung, sie würde eine gute Nonne abgeben. In welchem Jahrhundert lebt sie eigentlich? Gibt es überhaupt noch Nonnen?

Samstag, 5. September

Hannah ist dieses Wochenende mit ihren Eltern weggefahren, also bin ich vollends und vollkommen allein. Alle meine Hausaufgaben sind erledigt und ich bin schon zwei Mal mit Snickers spazieren gegangen. Weder Zach noch Luke noch Griffin haben heute irgendwas Neues gepostet. Das Leben ist öde.

Sonntag, 6. September

Dad hat mich gezwungen, Blondinen bevorzugt mit ihm zu gucken. Wir aßen Eiscreme aus der Packung, was Mom uns nie machen lässt. Vielleicht werde ich Goldgräberin, wenn ich erwachsen bin, wie Lorelei. Sie kümmert sich nicht darum, was die Leute von ihr denken.

Montag, 7. September

Hab das Mädchen belauscht, das sich über mein Sweatshirt-Kleid lustig gemacht hat, was nicht schwer ist, schließlich ist ihr Schließfach gleich neben meinem und sie hat immer Ambreen im Schlepptau, der sie ständig Vorträge hält.

»Für diesen Zach interessiert sich doch kein Mensch, Ambreen. Er macht noch nicht mal irgendeinen Sport. Mac Brody ist doch viel beliebter.«

Ambreen nickte und sah aus, als würde sie sich schämen.

Warum redeten die über Zach? Wollte Ambreen sich an ihn ranmachen?

Später sah ich Zach allein auf den Eingangsstufen sitzen und in seinem Rucksack kramen. Bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte, ging ich zu ihm rüber, stellte mich vor ihn hin und sagte: »Hi, ich bin Callie.« So was Mutiges hab ich noch nie gemacht, aber die Angst, dass Ambreen mir zuvorkommen könnte, ließ mich über meinen Schatten springen.

»Oh, hi«, sagte Zach. Er klang überrascht.

»Sorry, dass ich dich, äh, belästige.« (Hallo? »Belästige«? Hätte mir was noch Schrägeres und Geschwolleneres einfallen können?) »Ich wollte nur sagen, jemand hat mir ein Video von eurem Bandauftritt beim Speech- and-Debate-Festival geschickt und ihr wart wirklich genial.« (Lügen. Niemand hatte mir irgendwas geschickt. Ich hatte das Internet nach jedem existierenden Video der Deposed Monarchs durchforstet und mir jedes einzelne angeguckt, bis ich es auswendig kannte.)

»Hey, danke«, sagte er. Seine Stimme klang jetzt viel wärmer. »Das ist cool, dass du das sagst. Im Dezember haben wir einen großen Gig im Sidecar. Für jedes Alter. Komm doch auch. Ich mein, du kannst uns auch schon vorher mal hören, aber unsere anderen Gigs sind ziemlich lahm gegen die Show im Dezember.«

»Ja, klar. Ich mein, ich bin sicher, lahm sind sie nicht. Ich meinte, klar komm ich zum Dezember-Gig.«

»Krass. Kannst uns ja auf Twitter folgen. Da posten wir alle Details.«

»Mach ich bestimmt«, sagte ich, ohne zu erwähnen, dass ich den Deposed Monarchs und all ihren Mitgliedern schon seit dem 21. August auf Twitter folge.

Dienstag, 8. September

Letzte Woche kam mir die Highschool vor wie ein interessantes Experiment. Jetzt dämmert es mir allmählich, dass dies für die nächsten vier Jahre mein Leben sein wird. Der Bus holt mich um 6:55 ab, also muss ich um 6:00 aufstehen (6:10, wenn ich meine Haare nicht wasche). Es ist so früh, dass mir ganz mulmig ist, buchstäblich mulmig. Ich bekomme meinen Pop-Tart-Toast und meine Cola Light kaum herunter. Bis gegen Mittag bin ich im Halbschlaf. Nach dem Abendessen fühle ich mich endlich wach und dann ist es Zeit, ins Bett zu gehen, aber ich bin nicht müde, schließlich bin ich ein Teenager und Teenager sind von der Natur dazu bestimmt, spät schlafen zu gehen und spät aufzustehen – das ist eine wahre Tatsache, die man auf nytimes.com nachlesen kann. Unsere innere Uhr ist so eingestellt, dass wir gegen ein Uhr nachts schläfrig werden und bis mittags schlafen wollen, also ist es quasi Folter für uns, so früh aufzustehen. Da gab es eine Schule, die hat ein Experiment gemacht und später am Morgen angefangen und die SAT-Ergebnisse verbesserten sich um 200 Punkte. Was hat unser Direktor gegen Wissenschaft und Fakten?

Mittwoch, 9. September

Bester Tag aller Zeiten! Hannah isst gerade keine Kohlenhydrate, also gab sie mir ihren Brownie und es war sogar einer mit Mint-Schoko-Drops! Mrs Egan ist ein Genie! Und als wir zum Englischunterricht gingen, kam Mac in einem großen Rudel Jungs an uns vorbei und rief »Schneewittchen!« und zeigte auf mich, und etwa hundert Leute kriegten das mit. Ich bin berühmt. Und dann, nach der Schule, sah ich Luke Powers allein den Gang entlanggehen und ich war so selbstbewusst nach dem Mac-Treffen, dass ich ihn total auffällig musterte und ihm dann direkt in die Augen sah und ihn anlächelte, und er hat zurückgelächelt!!!

Donnerstag, 10. September

Hannah will, dass ich bei dieser A-cappella-Gruppe vorsinge, den Love Notes (Achtung, Wortspiel!). Diese Bernadette Sanz aus der Abschlussklasse leitet die Gruppe und sie hat nur um die zwölf Mitglieder, was bedeutet, dass sie praktisch null Freshmen akzeptieren. Außerdem hat jeder ungefähr eine Million Mal Pitch Perfect gesehen und sieht sich als die neue Anna Kendrick, sodass zum Vorsingen wahrscheinlich massenhaft fantastische Sänger kommen werden. Zach Chen wird auch da sein. Vielleicht werde ich das beste Vorsingen in der Geschichte der Love Notes absolvieren, er wird sich auf der Stelle in mich verlieben und wir haben dann eine reizende Geschichte, die wir unseren Kindern erzählen können. Oder vielleicht werde ich mich total blamieren und er wird sich zusammenreißen müssen, um nicht zu lachen. Yeah, die zweite Variante klingt irgendwie plausibler. Nie im Leben werde ich da vorsingen.

Freitag, 11. September

Ich meine, ich kann mich an den 11.September 2001 erinnern, aber das ist unmöglich, denn da war ich ja noch ein Baby. Um das Traurigsein zu zelebrieren, hörte ich mir Enya an, die mit ihrer schönen, seltsamen Möwenstimme von Scheitern und einsamen Spaziergängen sang.

Samstag, 12. September

Hab im Bad ein Medley mit den Songs des Sommers gesungen. »Blurred Lines« war nicht gerade meine beste Darbietung, aber »Call Me Maybe« klang im Grunde wie das Original. Vielleicht singe ich doch bei den Love Notes vor.

Sonntag, 13. September

Mail von Mommmmmmmmmm!

Mein Zauberpferdchen,

Ich vermisse dich –...