Angst - Die Unwägbarkeiten des Lebens verstehen und annehmen - mit Audio-Links

von: Osho

Goldmann, 2017

ISBN: 9783641215675 , 160 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 9,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Angst - Die Unwägbarkeiten des Lebens verstehen und annehmen - mit Audio-Links


 

Angst – was ist das eigentlich?

Angst existiert nur in unserem Denkmechanismus. Du musst lernen, dich von deinem Denkapparat zu distanzieren. Wir sind mit diesem Mechanismus so sehr identifiziert, dass wir völlig vergessen haben, dass wir davon getrennt sind. Es ist aber nur der Verstand – und der Verstand ist die Summe aller Konditionierungen, die du von anderen mitbekommen hast.

Beginne einfach, es ein wenig zu beobachten. Zum Beispiel, wenn du eine Rose siehst – sofort sagst du: »Wie schön sie ist!« Untersuche das einmal genauer, beobachte es. Wessen Worte wiederholst du da? Ist es wirklich das, was du gerade erlebst, wenn du sagst, dass die Blume schön ist? Ist es deine eigene Erfahrung, genau jetzt, in diesem Augenblick? Oder wiederholst du nur irgendwelche Worte, die du von jemandem in deiner Kindheit gehört oder in einem Buch gelesen hast? War es ein Lehrer, ein Elternteil, ein Freund …? Versuche dich zu erinnern, und du wirst dich wundern, was du dabei entdeckst. Wenn du tiefer gräbst, wird es dir wieder einfallen. Ja, es war eine bestimmte Person, die zum ersten Mal sagte: »Schau, wie schön diese Blume ist!« Das wurde zu einem Bestandteil deines Programms, und seitdem wiederholst du es immer wieder. Und je öfter du es wiederholst, desto tiefer prägt es sich ein. Nun ist es fast wie eine Tonbandaufnahme: Du siehst die Blume, der Reiz ist da, und sofort erfolgt die Reaktion. Das Tonband spult sich ab und sagt: »Wie schön sie ist!« Aber es bist gar nicht du, der sagt, dass die Blume schön ist. Du konntest sie noch nicht einmal richtig wahrnehmen, weil deine Programmierung es verhindert.

Auch die Angst kommt nicht aus deinem Sein. Beobachte sie, nimm sie unter die Lupe, begib dich hinein. Du wirst erstaunt sein, wenn du herausfindest, von wem du diese Angst hast. Es war jemand in deiner Kindheit, der dir die Angst vor der Liebe, die Angst vor Fremden, die Angst vor dem Unbekannten beigebracht hat! Daher kommen diese Stimmen. Du kannst herausfinden, wem die Stimmen gehören: deiner Mutter, deinem Vater … Und ich sage nicht, dass sie Unrecht hatten. Zu dem Zeitpunkt, als sie es sagten, war es von Bedeutung.

Aber jetzt sind diese Stimmen bedeutungslos geworden. Jetzt bist du erwachsen. Die Programme passen nicht mehr. Diese Programme sind nur Überbleibsel aus der Vergangenheit. Sie laufen jedoch weiter ab, weil der Verstand keine Ahnung hat, wie er sie löschen kann – es sei denn, du wirst so achtsam, dass du sie bewusst löschen kannst. Der Verstand kann seine Programme nicht automatisch löschen. Der Verstand kennt nur seinen programmierten Zustand. Er besitzt nicht die Fähigkeit, sich von seiner Programmierung zu befreien.

Das ist die Grundproblematik, der man sich stellen muss. Und genau da setzt meine Arbeit an: Ich helfe nur, dir deine Programmierung bewusst zu machen. Dann wirst du fähig, dich davon zu distanzieren. Dann kannst du sehen, dass du nicht deine Programme bist. Dann wirst du bei genügend großem Abstand in der Lage sein, viele Programme zu löschen, die längst überholt sind und keine Bedeutung mehr haben, die du aber weiterhin mit dir herumträgst und bis zu deinem Tode herumtragen wirst, wenn du dich nicht von ihnen lossagst.

Meiner Beobachtung nach fängt ein Kind etwa im Alter von fünf Jahren an, sich mit seinem programmierten Verstand zu identifizieren. Nur bis zu dieser Zeit ist das Kind wirklich lebendig, weil es noch nicht programmiert ist. Danach funktioniert es nur noch mechanisch.

Etwa mit fünf Jahren hört das wirkliche Lernen auf. Danach werden nur noch die Programme abgespult – immer ausgefeilter, immer geschickter, immer effizienter, aber im Grunde bleibt es immer die gleiche Programmierung, bis du stirbst … Es sei denn, du gerätst durch Zufall in eine Situation, in ein Energiefeld, in dem dir bewusst gemacht werden kann – fast gegen deinen Willen, gezwungenermaßen –, was für ein Schwachsinn in deinem Verstand abläuft.

Sobald dir irgendetwas Neues begegnet, sagt dein Verstand: »Moment mal! Das ist sehr seltsam – das hast du noch nie gemacht.« Dein Verstand will dir einreden: »Wenn du so etwas noch nie gemacht hast, dann lass die Finger davon! Es ist zu riskant. Wer weiß, was dabei herauskommt?« Der Verstand ist immer veränderungsfeindlich, denn er lebt aus seinen Programmen. Er will, dass du nur das machst, was du schon kennst, denn darin bist du effizient und schlau. Es ist sicherer, weil du schon weißt, wie es geht. Wenn du dich auf etwas Neues einlässt, wer weiß, was dann passiert? Wer weiß, ob es richtig ist oder nicht? »Gib Acht!«, sagt der Verstand. »Halte dich an das alte Programm. Lebe einfach so wie bisher. Mache einfach weiter wie gewohnt, dann kannst du nicht so leicht Fehler machen.«

Der Verstand will immer Fehler vermeiden. Das Leben hat aber kein Interesse, Fehler zu vermeiden. Das Leben will Fehler erleben, damit immer noch Neues hinzugelernt werden kann. Gerade dadurch lernen wir – durch Ausprobieren und Fehlermachen. Wer aufhört, Fehler zu machen, hört auch auf zu lernen. Und nach meiner Erfahrung werden Menschen, die nichts mehr dazulernen, neurotisch. Eine Neurose ist eine Art von Lernstopp. Man hat Angst bekommen, etwas Neues zu lernen, darum geht man ständig im alten Trott. Man ist zwar müde und gelangweilt, aber trotzdem bleibt man lieber beim alten Trott, weil man daran gewöhnt ist. Er ist einem vertraut, er ist das, was man kennt.

Wenn Angst auftaucht, ist es ein Hinweis, dass etwas dem Programm zuwiderläuft, nach dem du bisher gelebt hast. Nun ist eine Situation eingetreten, in der du wieder aufgefordert bist zu lernen. Das bedeutet, du musst deine Neurose fallen lassen. Du musst all das, was du von Kindheit an, seit du etwa fünf warst, immer gemacht hast, nach und nach löschen und fallen lassen. Dann wirst du wieder zum Kind und kannst wieder dort anfangen, wo der Lernprozess zum Stillstand gekommen ist.

Angst beeinträchtigt mich auf unterschiedliche Weise – von einem vagen Unbehagen oder einem Klumpen im Bauch bis zur Schwindel erregenden Panik, als würde die Welt jeden Moment untergehen. Woher kommt diese Angst? Wohin geht sie?


Alle deine Ängste sind Begleiterscheinungen des Identifiziertseins.

Du liebst einen Menschen, und zusammen mit der Liebe, gleich im selben Paket, kommt die Angst, der andere könnte dich verlassen. Er hat schon einmal jemanden verlassen, um mit dir zu sein. Es gibt also einen Präzedenzfall – vielleicht macht er es mit dir genauso! Die Angst ist da, du fühlst einen Klumpen im Bauch. Aber du bist so sehr identifiziert, dass dir eine simple Tatsache entgeht: Du bist allein in diese Welt gekommen. Und gestern, bevor der andere kam, warst du auch schon hier, und es ging dir ausgezeichnet, ohne einen Klumpen im Bauch. Und falls er dich morgen verlässt … Wozu der Klumpen im Bauch? Du weißt, dass du ohne den anderen leben kannst. Du kommst auch allein klar.

Diese Angst, dass die Dinge sich morgen ändern könnten … Ein Mensch kann sterben, du kannst Pleite machen oder deinen Job verlieren – tausenderlei Dinge könnten sich ändern. Du steckst voller Ängste und Befürchtungen, aber keine davon ist berechtigt – denn alle diese Ängste haben dich auch gestern schon bedrückt, unnötigerweise. Viele Dinge mögen sich verändert haben, aber schau, du lebst noch! Die Menschen haben eine enorme Fähigkeit, sich an alle möglichen Situationen anzupassen.

Angeblich sollen nur die Menschen und die Küchenschaben eine solche enorme Anpassungsfähigkeit besitzen. Deshalb findet man überall dort, wo Menschen zu finden sind, auch die Küchenschaben, und überall wo Küchenschaben zu finden sind, findet man Menschen. Sie gehören zusammen; darin sind sie sich ähnlich. Selbst in den entlegensten Gegenden, am Nordpol oder Südpol … Als die Menschen zum ersten Mal in diese Gegenden reisten, entdeckten sie zu ihrer Überraschung, dass sie die Küchenschaben mitgebracht hatten. Und diese Küchenschaben waren total gesund und lebendig und pflanzten sich fort!

Wenn du dich auf der Welt umsiehst, kannst du sehen: Der Mensch lebt unter tausenderlei unterschiedlichen klimatischen Bedingungen, geographischen, politischen, gesellschaftlichen, religiösen Bedingungen – aber er schafft es zu überleben. Und so lebt er schon viele Jahrhunderte lang … Die Bedingungen verändern sich ständig, und der Mensch passt sich ständig an.

Es gibt nichts, wovor man Angst haben müsste. Selbst wenn diese Welt untergeht, na und? Dann wirst du mit ihr zusammen untergehen! Oder glaubst du etwa, dass du auf einer Insel stehen wirst und um dich herum geht die ganze Welt unter und nur du allein bleibst übrig? Da mach dir mal keine Sorgen. Zumindest ein paar Küchenschaben werden dir Gesellschaft leisten!

Worin liegt das Problem, wenn die Welt untergeht? Ich wurde das schon oft gefragt, aber worin besteht das Problem? Wenn sie untergeht, geht sie unter. Das stellt überhaupt kein Problem dar, denn uns wird es dann nicht mehr geben. Wir werden mit ihr untergehen, und dann ist niemand mehr da, der sich darüber Gedanken machen könnte. Dann herrscht die absolute Angstfreiheit! Wenn die Welt aufhört, dann hören alle Probleme auf, hören alle Schwierigkeiten auf, alle Klumpen im Bauch. Ich sehe darin kein Problem.

Aber ich weiß, dass jeder voller Angst ist. Jeder hat eine Art Panzer, und dafür gibt es Gründe. Zum einen wird jedes Kind absolut hilflos in eine Welt hineingeboren, die es noch überhaupt nicht kennt. Natürlich hat es Angst vor dem...