Arbeitsvermögen und Berufsbiografie - Karriereentwicklung im Spannungsfeld zwischen Flexibilisierung und Subjektivierung

von: Peter Kels

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2009

ISBN: 9783531918204 , 347 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 42,25 EUR

Mehr zum Inhalt

Arbeitsvermögen und Berufsbiografie - Karriereentwicklung im Spannungsfeld zwischen Flexibilisierung und Subjektivierung


 

3 Fallstudie: Human Resource-Management, Projektarbeit und Karrierepolitik (S. 169-170)

Die in den ersten beiden Kapiteln dieser Arbeit diskutierten erkenntnisleitenden Fragestellungen und Thesen strukturieren den folgenden empirischen Teil, der die Ergebnisse einer betrieblichen Intensivfallstudie ausführlich entwickelt und reflektiert. Das empirische Material wurde in den Jahren 2005 und 2006 im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts „Human Resource-Management und die Subjektivierung von Arbeit" erhoben. Das Erkenntnisziel des Projekts bestand zum einen in der Analyse der organisatorischen Form und der Ziele des HRM als betriebliche Rationalisierungsarena und als Feld der Subjektivierung von Arbeit.

Zum anderen sollten Subjektivierungs- und Flexibilisierungsprozesse im Spannungsfeld betrieblicher Anforderungen und des individuellen Arbeitsvermögens rekonstruiert und typisiert werden. Es wurde untersucht, wie neue berufliche Entwicklungsanforderungen und -möglichkeiten im Kontext wissensbasierter Tätigkeiten subjektiv wahrgenommen und berufsbiografisch angeeignet werden. Die Rekonstruktion der Betriebsfallstudie konzentriert sich zum einen auf die betrieblichen Strategien der Transformation des Arbeitsvermögens im Kontext von Projektarbeit und HRM, zum anderen auf die Formen alltäglicher und erwerbsbiografischer Auseinandersetzung mit stark flexibilisierten und subjektivierten Arbeitsbedingungen durch die Beschäftigten.

Diese stehen seit vielen Jahren vor der Anforderung, in weitreichender Weise Verantwortung für die Pflege und Verwertbarkeit ihres eigenen Kompetenzprofils innerhalb tendenziell volatiler Organisationsstrukturen und sich rasch wandelnder Tätigkeitsanforderungen zu übernehmen. Die Ausweitung der individuellen Verantwortung und Reflexivität berufsbiografischer Selbstsorge ist nicht zuletzt ein Resultat der tief greifenden Restrukturierungen seit den 1990er Jahren.

In den meisten Unternehmen haben sich die Arbeitsanforderungen und beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten derart umfassend gewandelt, dass sie – verglichen mit der Periode des Fordismus – keine stabile Grundlage mehr für einen kontinuierlichen und antizipierbaren Berufs- und Erwerbsverlauf bieten. Gleichlaufend hat sich mit dem HRM in den Großunternehmen eine ressourcen- und geschäftsprozessorientierte Variante des betrieblichen Personalmanagements durchgesetzt, die in systematischer Weise die Dynamik der Geschäftsprozess- und Organisationsentwicklung mit den qualifikatorischen Anforderungen und Ressourcen auf der Ebene der operativen Personalarbeit und -führung zu verknüpfen versucht.

Das HRM strebt aus einer prozessorientierten Perspektive eine möglichst optimale Synchronisation entsprechender Praktiken und Instrumente der Personalführung, Kompetenz- und Karriereentwicklung an. Kommt es hiermit zu einer reflexiven und proaktiven Gestaltung und Steuerung der Entwicklung und Vermarktung von Arbeitskraft im Unternehmen auf einer historisch neuartigen Stufe? Sind die Strategien und Interventionen des HRM und der operativen Personalführung anschlussfähig an das organisationskulturelle Umfeld wissensbasierter Arbeit und an die subjektiven Arbeitsansprüche und Vorstellungen beruflicher Entwicklung?

Die Komplexität der Fragestellung und die Multipolarität der Interessen, Ziele und Ansprüche unterschiedlicher Akteure im Untersuchungsfeld erfordern – so viel dürfte bereits deutlich sein – eine qualitativ und rekonstruktiv angelegte Untersuchungsstrategie, die das Wechselverhältnis organisationaler und erwerbsbiografischer Strategien im Umgang mit dem subjektiven Arbeitsvermögen in den Blick nimmt. Hierzu wurden alle relevanten Akteursgruppen des Untersuchungsfeldes (Personalmanager und -entwickler, Führungskräfte, Betriebsräte und Mitarbeiter in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen) mithilfe triangulierender qualitativer Erhebungsmethoden befragt. Im Folgenden werden das Untersuchungsdesign und die verwendeten Erhebungs- und Auswertungsmethoden und -schritte im Einzelnen dargelegt.