Anatomie-Atlas für Heilpraktiker

von: Runhild Lucius, Anna Brockdorff

Haug, 2016

ISBN: 9783132198616 , 464 Seiten

Format: PDF, ePUB, OL

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Preis: 59,99 EUR

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Anatomie-Atlas für Heilpraktiker


 

1 Zelle und Gewebe


Die Lehre von der Zelle (griech. zytos) ist die Zytologie. Sie ist ein Teilgebiet der Histologie (Gewebelehre), denn die Zelle ist die kleinste Baueinheit des Körpers. Mehrere gleichartige Zellen im Verbund ergeben ein Gewebe, mehrere Gewebetypen schließlich ein Organ.

1.1 Zellen


Die Zelle ( ▶ Abb. 1.1) ist definitionsgemäß die kleinste selbstständig lebens- und vermehrungsfähige Funktionseinheit des Körpers. Auch wenn sich die jeweiligen Zelltypen aufgrund ihrer Aufgaben differenzieren, zeigen sie folgende genetisch festgelegte Grundeigenschaften:

  • Sie haben einen eigenen Stoffwechsel und sind damit in der Lage, Energie herzustellen.

  • Sie haben eine begrenzte Lebensdauer, sind aber in der Lage, sich zu vermehren.

  • Sie reagieren auf elektrische oder chemische Reize in zellspezifischer Art und Weise.

Abb. 1.1 Aufbau der Zelle. Die menschliche Zelle besteht aus einem Zellkern und dem Zytoplasma, welche von der Zellmembran (Plasmamembran) umgeben sind. Außerdem sind zahlreiche Zellorganellen im Zytoplasma eingelagert. Filamente des Zytoskeletts geben der Zelle Halt und organisieren Transportwege.

(Schwegler J, Lucius R. Der Mensch: Anatomie und Physiologie. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2011: 2, Abb. 1.1)

1.1.1 Intra- und Extrazellularraum


1.1.1.1 Extrazellularraum

Alle Zellen bedürfen eines ganz bestimmten Milieus in ihrer Umgebung, die Extrazellularraum (lat. extra = außerhalb) genannt wird ( ▶ Abb. 1.2).

Dieser ist mit extrazellulärer Flüssigkeit gefüllt, einer wässrigen Lösung, die einen konstanten pH-Wert und eine gleichbleibende Ionenkonzentration zeigt. Ionen sind elektrisch geladene Teilchen (Elektrolyte). Die extrazelluläre Flüssigkeit liefert außerdem einen angemessenen Sauerstoff- und Nährstoffgehalt. Das ausgewogene Verhältnis in der Zusammensetzung wird als Homöostase bezeichnet und ist für eine optimale Funktion der Zellen notwendig.

Merke

Definiert ist der pH-Wert als negativer Zehnerlogarithmus der Konzentration der H+-Ionen (Protonen).

Der pH-Wert gibt also den Säuregehalt einer Lösung an. Ein pH-Wert von 7 ist neutral, ein pH-Wert < 7 sauer und ein pH-Wert > 7 basisch (alkalisch).

Abb. 1.2 Intra- und Extrazellularraum. Der Intra- und Extrazellularraum unterscheiden sich bezüglich ihrer Inhaltsstoffe. Das innere Milieu der Zellen wird durch Stoffaustausch aufrechterhalten. Über den Verdauungstrakt werden Nährstoffe aufgenommen und Abbauprodukte über die Nieren und den Darm ausgeschieden. Die Lunge regelt den Sauerstoffgehalt und andere Organe (z.B. Haut und Nieren) den Wassergehalt. Als Transportmittel fungiert das Blutgefäßsystem, welches ebenfalls zum Extrazellularraum zählt.

(Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2014: 68, Abb. Ab)

Die höchste Konzentration hat mit ca. 9 g/l Kochsalz (NaCl, Na+/Cl-). Weitere vorkommende Stoffe sind:

  • Kalium (K+)

  • Kalzium (Ca2+)

  • Magnesium (Mg2+)

  • Bikarbonat (HCO3-)

  • Proteine (negativ geladen)

Die extrazelluläre Flüssigkeit (ca. 14 l) umfasst alle Körperflüssigkeiten, die sich nicht im Inneren der Zellen befinden ( ▶ Abb. 1.3):

  • Blutplasma und Lymphflüssigkeit (25%)

  • interstitielle Flüssigkeit (75%)

Das Interstitium (lat. inter = zwischen) bezeichnet den Raum zwischen den Zellen.

Abb. 1.3 Verteilung der Körperflüssigkeiten.

(Schwegler J, Lucius R. Der Mensch: Anatomie und Physiologie. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2011: 36, Abb. 2.1)

1.1.1.2 Intrazellularraum

Das Innere der Zelle wird als Intrazellularraum (lat. intra = innerhalb) bezeichnet. Im Zellinneren hat Kalium (K+) die höchste Konzentration. Außerdem befinden sich im Intrazellularraum zahlreiche Proteine. Viele davon sind Enzyme, also Funktionseiweiße, die die Aufgabe haben, Stoffwechselvorgänge zu katalysieren.

Die Konzentration von K+-Ionen ist im Intrazellularraum um ein Vielfaches höher als im Extrazellularraum, die von Na+ dagegen im Zellinneren deutlich geringer als außerhalb der Zelle ( ▶ Tab. 1.1). Diese Tatsache hat besondere Bedeutung bei der elektrischen Erregbarkeit von Zellen (v.a. Nerven- und Muskelzellen). Die unterschiedliche Ionenverteilung zwischen intrazellulärem und extrazellulärem Raum erzeugt an der Zellmembran eine Potenzialdifferenz (Ruhemembranpotenzial).

Tab. 1.1 Vergleich der Ionenkonzentration im Intra- und Extrazellularraum (Faller u. Schünke, S. 27).

Ion

Konzentration

Intrazellularraum in mM

Extrazellularraum in mM

K+

139

4

Na+

12

145

Cl-

4

116

organische Anionen-

138

34

1.1.2 Aufbau der Zelle


Alle Zellen des menschlichen Körpers folgen einem einheitlichen Grundbauplan ( ▶ Abb. 1.1). Sie bestehen aus dem Zellkern (Nukleus) und dem Zytoplasma, welche von der Zellmembran umgeben sind. Zum Zytoplasma gehören das Zytoskelett (Zellskelett) und die Zellorganellen (kleine Funktionsorgane der Zelle).

1.1.2.1 Zytoplasma

Das Zytoplasma (auch: Zytosol) bildet die zähflüssige Innensubstanz der Zelle. Es wird nach außen von der Zellmembran (Plasmamembran) umgeben, vom Zytoskelett durchzogen und beinhaltet die Zellorganellen sowie verschiedene Depotstoffe (z.B. Glykogen, Lipidtropfen) und Enzyme (Biokatalysatoren).

1.1.2.2 Zellmembran

Die Zellmembran grenzt das Zytoplasma zum Extrazellularraum (Interstitium) hin ab und erlaubt aufgrund ihres Aufbaus nur einen streng geregelten Stoffaustausch. Sie besteht aus 2 dicht aneinandergelagerten Phospholipidschichten, die jeweils eine Moleküllage breit sind ( ▶ Abb. 1.4). Jedes Phospholipidmolekül setzt sich zusammen aus:

  • Phosphat (P), dieses ist wasseranziehend (hydrophil)

  • Fettsäurerest (Lipid), dieser ist wasserabweisend (hydrophob)

Die beiden Phospholipidschichten sind so angeordnet, dass sie eine Phospholipiddoppelschicht bilden. Dabei sind die hydrophoben Enden der Phospholipide aufeinander zu gerichtet. Die hydrophilen Phosphatseiten weisen...