Eisen: Das Lebenselement - Wie ein Mangel und eine Überfülle unsere Gesundheit bedrohen

von: Eberhard J. Wormer

Kopp Verlag, 2016

ISBN: 9783864453267 , 252 Seiten

Format: ePUB

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Preis: 4,99 EUR

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Eisen: Das Lebenselement - Wie ein Mangel und eine Überfülle unsere Gesundheit bedrohen


 

Planet Eisen


Nach allem, was bekannt ist, entstand das Universum vor etwa 13,7 Milliarden Jahren. Der Beginn der »kosmologischen Eisenzeit« wird 200 Millionen Jahre nach dem Big Bang angesetzt. Die Erde und unser Sonnensystem bildeten sich schätzungsweise 9 Milliarden Jahre nach dem Urknall. Die Erde selbst ist rund 4,6 Milliarden Jahre alt.

Eisen ist das am häufigsten auf Erden vorkommende Element. Der heiße innere und äußere Kern der Erde besteht aus Eisen. In der Erdkruste ist Eisen das vierthäufigste Element. Und der rotierende Eisenkern im Zentrum erzeugt das irdische Magnetfeld, das vor lebensfeindlichen Sonnenwinden und kosmischer Strahlung schützt.

Eines ist gewiss: Ohne die Integration von sprödem Eisen hätte es die biologische Evolution, die wir heute kennen – Mikroorganismen, Pflanzen, Tiere, Mensch –, und die kulturelle Entwicklung der Menschheit niemals gegeben.

Das reaktionsfreudige Metall


Eisen ist ein chemisches Element mit der Ordnungszahl 26 im Periodensystem und dem Symbol Fe (von lat. ferrum). Es ist ein Übergangselement, das leicht Elektronen abgibt und aufnimmt. Mit einigen anderen Elementen gehört Eisen zur sogenannten Eisengruppe, in der Werkstoffkunde zur Gruppe der Eisenmetalle. In Meteoriten und in sauerstoffarmer Umgebung kommt Eisen in elementarer gediegener Form vor. Die Oberfläche von frischem Eisen erscheint grau-silbrig glänzend. Zudem hat Eisen magnetische Eigenschaften. Reines Eisen ist geruchlos. Biologisch ist Eisen ein wichtiger Bindungspartner für den Sauerstoff- und Elektronentransport sowie für energetisch bedeutsame Oxidations- und Reduktionsreaktionen.

Eisen ist in Sauerstoff- und Wasserumgebungen sehr reaktionsfreudig und gibt leicht Elektronen ab oder nimmt Elektronen auf. Es fungiert dann als Donator (Abgabe) oder Akzeptor (Aufnahme) von Protonen (H+). Am bekanntesten ist die Reaktion von Eisen in Gegenwart von Wasser, die als Oxidation bezeichnet wird: Eisen gibt ein H+ – Ion ab und wird oxidiert, es bildet sich Rost (Korrosion). Nimmt Eisen ein Proton auf, wird es reduziert. Diese reaktiven Redoxeigenschaften von Eisen spielten eine wichtige Rolle für die Entwicklung des Lebens auf unserem Planeten. Nicht zuletzt ermöglichten sie die Entwicklung eines biologischen Mechanismus zur Sauerstoffaufnahme und – abgabe durch rote Blutkörperchen – eine lebenswichtige Energiequelle für tierische Organismen.

Freies Eisen ist giftig – Eisen(III) stärker als Eisen(II) – und wird in Lebewesen immer organisch gebunden. Eisen(II) plus Wasserstoffperoxid kann schädliche zerstörerische Sauerstoffverbindungen erzeugen. Bevorzugte Bindungspartner von Eisen sind Sauerstoff-, Stickstoff- und Schwefelatome. Von besonderer Bedeutung sind chemische Verbindungen von zweiwertigem Eisen(II) und dreiwertigem Eisen(III), die einzeln und kombiniert vorkommen.

Ferro: zweiwertiges Eisen, Eisen(II), Fe2+


Zweiwertiges Eisen ist sehr gut wasserlöslich und reaktionsfreudig. Eisen(II)-chlorid ist ein wichtiger Ausgangsstoff für die Produktion von weiteren Eisenverbindungen und wird in Kläranlagen, Waschmitteln und Biogasanlagen als Reinigungsmittel eingesetzt. Eisen(II)-oxid ist eine Verbindung von Sauerstoff und Eisen und ist für die Stahlerzeugung von Bedeutung. Eisen(II)-sulfat entsteht durch Erhitzen von pulverisiertem Eisen in 20-prozentiger Schwefelsäure. Seit dem Mittelalter war die wässrige Lösung desselben als »Kupferwasser« (Eisenvitriol) Handelsgut. Im Nahen Osten stellte man daraus Tinte (Eisengallustinte) her.

Eisen(II) kommt innerhalb von Zellen vor (intrazellulär). Die größte biologische Bedeutung haben komplexe Eisen(II)-Verbindungen mit einem Porphyrinmolekül als Bindungspartner (Häme). An Eiweißkörper gekoppelt ist zweiwertiges Eisen Bestandteil von Blutfarbstoff (Bluteisen/Hämoglobin), Muskelfarbstoff (Muskeleisen/ Myoglobin) und Enzymen. Im Eiweißstoffwechsel kann das Membrantransportprotein Ferroportin Fe2+ – Ionen binden. Der Eiweißkomplex Ferritin (Speichereisen) oxidiert Fe2+ zu Fe3+.

Tierische Nahrungsmittel wie rotes Fleisch enthalten überwiegend zweiwertiges Eisen. Eisensulfat kommt bereits in mittelalterlichen Heilrezepturen vor (Theriak). Eisen(II)-sulfat und – gluconat stehen heute in Tablettenform und als Infusion bei der Behandlung von Eisenmangel zur Verfügung.

Ferri: dreiwertiges Eisen, Eisen(III), Fe3+


Dreiwertiges Eisen ist in der Regel nicht wasserlöslich. Eisen(III)-oxid ist unter anderem im Rost enthalten. Man gewinnt daraus auch ein Farbpigment (Eisenoxidrot) und verwendet es zur Beschichtung von Magnettonbändern. Es ist zudem Bestandteil von EisenoxidNanoteilchen und Kontrastmitteln in der Magnetresonanztomographie. Eisen(III)-chlorid kommt mineralisch in der Natur vor, als Hämatit (Blutstein) und Maghämit. Man benutzt es beispielsweise auch zur Ätzung von Leiterplatten für gedruckte Schaltungen und Druckplatten.

Eisen(III) kommt außerhalb von Zellen vor (extrazellulär). Methämoglobin ist ein Bluteiweiß, das dreiwertiges Eisen enthält und nicht zum Sauerstoffaustausch befähigt ist. Im Eisenstoffwechsel verfügt das Transportprotein Transferrin über zwei Bindungsstellen für Eisen(III)-Ionen, und Ferritin (Speichereisen) kann intrazellulär Eisen(III)-Ionen transportieren.

Pflanzliche Nahrungsmittel enthalten überwiegend dreiwertiges Eisen. In der Medizin kann dreiwertiges Eisenchlorid als blutstillendes Mittel eingesetzt werden.

Die irdische Eisenzeit


Das Blut und das Schwert sind gleichermaßen eisenhaltig. Sowohl die Biologie als auch die Kultur des Menschen sind vom Element Eisen durchdrungen. Urgeschichtlich zählt die sogenannte Eisenzeit, eine nach der Nutzung von Eisen zur Herstellung von Werkzeugen und Waffen benannte Zeitperiode, zur menschlichen Frühgeschichte – nach den Metallzeitaltern der Kupfersteinzeit und der Bronzezeit. Abhängig vom jeweiligen Kulturkreis folgten auf die Eisenzeit historisch die Antike, die Frühgeschichte oder das Mittelalter.

Natürliche Eisenverbindungen liegen als vermengte Eisenerzminerale in Gestein vor. Wirtschaftlich bedeutende Eisenerzminerale sind meist Eisenoxide oder Eisenkarbonate, gelegentlich auch schwefelhaltige Erze. Eisenerzvorkommen sind häufig vulkanischen Ursprungs, wenn flüssiges Magma bis in die Erdkruste vorgedrungen ist, dort abkühlt und mineralisch auskristallisiert.

Auch an hydrothermalen Quellen in der Tiefsee (sogenannte Schwarze Raucher) hat man Eisenerzbildung beobachtet. Dieses Eisenerz trägt die Spuren des Lebens in sich. Manche Bakterien produzieren dort elementaren Sauerstoff als Stoffwechselprodukt. Sie können zweiwertiges Eisen (Fe2+) zu dreiwertigem Eisen (Fe3+) oxidieren. Produzieren die Bakterien viel Sauerstoff und ist genügend zweiwertiges Eisen im Meerwasser, bilden sich rote Eisenoxide. Bei niedrigen Temperaturen und geringem Nahrungsangebot für Bakterien entstehen Silikate oder verfestigtes Kieselsäuregel, die hellgrau erscheinen. Die größte Eisenerzlagerstätte befindet sich im Amazonasurwald Brasiliens. Mehr als 80 Prozent der heutigen weltweiten Eisenerzförderung kommen aus China, Brasilien, Australien und Indien. Deutschland ist unter den Top Ten der internationalen Roheisenproduzenten.

Die frühgeschichtlichen Menschen glaubten, das Eisen käme »vom Himmel«. Tatsächlich findet man häufig gediegenes Eisen in Meteoriten (erkennbar am Nickelgehalt), die nach langer Reise auf der Erde gelandet sind (»siderisches Eisen«). Im antiken Ägypten nannte man Meteoriteneisen »Eisen des Himmels«. Eine hethitische Keilschrift um 1500 v. Chr. bemerkt, dass »Eisen vom Himmel herbeigebracht« wurde. Die Sumerer bezeichneten Meteoriteneisen als »Kupfer des Himmels«. Und in der Stadt Ur fand man einen Dolch mit Meteoriteneisenklinge und Goldgriff aus der Zeit um 3100 v. Chr.

© Felipe Gomez/Europlanet 2020 RI

Die Rezeptur des Lebens: Die Danakil-Senke im Grenzgebiet von Eritrea und Äthiopien ist einer der unwirtlichsten Orte der Erde – trocken und heiß, unter Meeresniveau gelegen und mit oberflächennahen Magmaströmen. Hoch konzentrierter Schwefel (gelb), Eisensalze (rot), Kupfersalze (blau) und Wasser gelten als Basisstoffe für die Entwicklung des Lebens. Forscher der Europlanet 2020 Research Infrastructure hoffen, in diesem hydrothermalen System Antworten auf die Frage nach der Evolution des Lebens zu finden.

Bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. ist wohl schon Eisen bearbeitet worden, wie ein Dolch aus Gold und Eisen belegt, den man in Anatolien gefunden hat. Im Nahen Osten, in Süd- und Mitteleuropa beginnt die Nutzung von Eisen etwa von 1200 bis 700 v. Chr., in Nordeuropa und in Ägypten später. Ab dem 13. Jahrhundert v. Chr. ist die Eisenverhüttung in Indien nachweisbar, in China seit dem Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. Die ältesten europäischen Gegenstände aus Eisen, Speere und Zelte, wurden in etruskischen Gräbern entdeckt und sind etwa 3000 Jahre alt. In Deutschland fand man ein eisernes Verbindungsstück einer Lanze aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. Eisen zählte zunächst zu den seltenen und teuren Rohstoffen. In der Antike rangierte Erzeisen als Wertstoff in Tributlisten hinter dem Silber, aber vor Kupfer.

Bis ins nachchristliche 18. Jahrhundert verhüttete man Eisenerz in einfachen, sogenannten Rennöfen, die aber kein flüssiges Roheisen lieferten. Solche Öfen erreichten nur Temperaturen von bis zu 1200 °C – der Schmelzpunkt von reinem Eisen liegt bei 1538 °C. In Schmieden wurde dann das Eisen weiter bearbeitet. In Schweden gelang im 13. Jahrhundert die Entwicklung von Gusseisen, das sich mit den eisernen Kanonenkugeln in ganz Europa weiter verbreitete. Gibt man Eisenerzen bei der Verhüttung eine geringe Menge...