Lebensende, Sterben und Tod

von: Manuel Trachsel, Andreas Maercker

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2016

ISBN: 9783840926778 , 114 Seiten

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 16,99 EUR

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Lebensende, Sterben und Tod


 

6 Begleitung von und Kommunikation mit Sterbenden (S. 70-71)

Im abschließenden Kapitel werden einzelne Themen der direkten Interaktion zwischen sterbenden Patienten und Psychologen/Psychotherapeuten dargestellt. Hierbei wird u. a. auf Hinweise für die Gesprächsführung mit Patienten und Angehörigen sowie die Bewältigung der eigenen Betroffenheit eingegangen.

In den vorausgehenden Kapiteln dieses Buches wurden psychische und körperliche Zustände und Probleme von Sterbenskranken beschrieben, die in der Kommunikation eine Rolle spielen (z. B. Angst, Depression, Verleugnung, Einsamkeit, Schmerzen, Verwirrtheit). Es wurden existenzielle Themen (vgl. Kap. 2.3) beschrieben, die die ganz besondere Situation der Sterbenden charakterisieren und für deren Thematisierung im Gespräch bisher nur wenige psychologische Ansätze vorliegen.

6.1 Gesprächsführung

Für die Überbringung unangenehmer Nachrichten, wie dem Übermitteln einer infausten Diagnose oder eines negativ verlaufenen Behandlungsversuchs, wurde das sogenannte SPIKES-Protokoll entwickelt (Baile et al., 1999; vgl. Tab. 6 und Karte „SPIKES-Schema zum Überbringen unangenehmer Nachrichten“ am Ende des Buches) und entsprechende Kursmaterialien bereitgestellt (z. B. Schilling & Mehnert, 2014).

Beim Überbringen dieser Nachrichten kann es zu typischen Patientenreaktionen kommen, für die Schilling und Mehnert (2014) folgende Einlassungen empfehlen:
• Bei Stille/Sprachlosigkeit: „Was geht Ihnen gerade durch den Kopf?“
• Bei Wut/Aggressivität: „Ich kann verstehen, dass Sie jetzt wütend sind.“
• Bei Trauer/Weinen: „Es ist verständlich, dass Ihnen zum Weinen zumute ist.“

Vor einer zu schematischen Anwendung des SPIKES-Protokolls warnen Seifart und Kollegen (2014). Sie beschrieben, dass dieses Schema viele Bedürfnisse der Patienten nicht ausreichend berücksichtigt, z. B. fehlen die Rückversicherung, ob die Patienten die Aussagen verstanden haben, die deutliche Nennung und Erklärung der Diagnose, genug Zeit für Fragen und die Vermittlung des Gefühls, dass die gewählte Behandlung die beste ist. Für allgemeine Gesprächssituationen ist das Konzept des „Aktiven Zuhörens“ besonders geeignet, das aus der humanistischen Psychologie stammt (Rogers, 2001). Es legt besonderen Wert auf die Begegnung und schließt die emotionale Ebene und nonverbale Äußerungen mit ein. Es grenzt sich vom in der Psychotherapie gebräuchlichen Paraphrasieren ab, bei dem der kognitive Anteil der aufgenommenen Botschaft zurückgespiegelt wird. Die drei Axiome des Aktiven Zuhörens sind empathische und offene Grundhaltung, authentisches und kongruentes (gleichartiges) Auftreten sowie positive Beachtung und Akzeptanz der anderen Person. Die eigene Meinung, einschließlich der fachlichen Überzeugungen, treten in diesem Ansatz in den Hintergrund, wodurch dem Patienten Raum gegeben wird. Auf Klagen über den derzeitigen Zustand oder Leidensäußerungen des Patienten wird dabei wie folgt reagiert:
• Kurze bestätigende Äußerungen oder Nachfragen ohne Überflüssiges zu sagen („Mehr zuhören, weniger reden“).
• Die Gefühle des Patienten benennen und ihm Raum für weitere Ausführungen dazu geben.
• Nonverbale Kommunikation: Hinwendung des Oberkörpers und des Kopfes sowie passende Mimik, Augenkontakt, Nicken.
• Geduld, d. h. den Patienten nicht unterbrechen sondern ausreden lassen.