Unbundling im Energiewirtschaftsrecht - Das Rechnungslegungs-Unbundling

von: Jan Nicolai Hennemann

Diplomica Verlag GmbH, 2008

ISBN: 9783836607674 , 112 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: frei

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Preis: 34,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Unbundling im Energiewirtschaftsrecht - Das Rechnungslegungs-Unbundling


 

Kapitel B, Entwicklung des Rechnungslegungs-Unbundling: Die in dieser Arbeit zu untersuchenden Pflichten des energiewirtschaftlichen Rechnungslegungs-Unbundlings hatten ihre Geburtsstunde in der Binnenmarktrichtlinie Elektrizität (EltRL).

Ausgehend von den Bestimmungen der EltRL nahm der deutsche Gesetzgeber - seiner Umsetzungspflicht folgend - eine Vorschrift zum Rechnungslegungs-Unbundling für Elektrizitätsversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung in das Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (§ 9 II EnWG a.F.) vom 24. April 1998 auf. Eine entsprechende Regelung für Erdgasunternehmen sollte, auch wenn Art. 13 der nur wenige Monate später in Kraft getretenen Binnenmarktrichtlinie Gas (GasRL) diese bereits enthielt, erst durch das insoweit reichlich verspätete Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsgesetzes mit der Einführung des § 9a II EnWG a.F. vom 20. Mai 2003 folgen. Obwohl die Kommission in ihrem Zweiten Benchmarkingbericht vom 1. Oktober 2002 in vielen Bereichen des Elektrizitätsmarktes sowie des Gassektors Fortschritte bei der Schaffung eines Binnenmarktes feststellte, gelangte sie zu der Schlussfolgerung, dass ein zweites Richtlinienpaket zur Vollendung der Gas- und Elektrizitätsmärkte dringend vollständig verabschiedet werden muss. Dieser Einschätzung folgten die heute aktuellen Beschleunigungsrichtlinien Elektrizität (BRL-Elt) und Gas (BRL-Gas), die neben einem modifizierten Rechnungslegungs-Unbundling drei weitere Unbundling-Arten entweder verschärften oder neu einführten.

Diese richtlinienrechtlichen Vorgaben hat der deutsche Gesetzgeber nun in das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) 2005 umgesetzt. Sie sind damit für die deutsche Energiewirtschaft verbindlich geworden. Auch wenn in der Schlussphase der Reform des EnWG die Vorschriften zum Unbundling weniger im politischen Rampenlicht standen als die Regeln über Netzzugang und Entgeltregulierung, spielen sie bei der Ereichung der „[Gesetzes-] Ziele der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbes bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas“ (§ 1 II EnWG) nach wie vor eine kaum zu überschätzende Rolle. Dabei werden die Pflichten des Rechnungslegungs-Unbundling, das in der Literatur unisono als eingriffsschwächste Unbundling-Art beschrieben wird, im derzeitigen viergliedrigen Unbundling-System nicht an Bedeutung verlieren.

Kapitel C., Betriebswirtschaftlicher Hintergrund - Struktur des § 10 EnWG

Kapitel I., Die allgemein betriebswirtschaftliche Ausgangsstruktur: Die Pflichten im Rahmen des Rechnungslegungs-Unbundling (§ 10 EnWG) betreffen das betriebliche Rechnungswesen. Unter dem Begriff betriebliches Rechnungswesen fasst die Betriebswirtschaftslehre sämtliche Verfahren zur mengen- und wertmäßigen Erfassung, Speicherung, Verarbeitung und Überwachung aller im Betrieb auftretenden Geld- und Leistungsströme zusammen. Diese Verfahren verfolgen je nach Adressatenkreis externe oder interne Aufgaben.

Kapitel 1., Externe Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens:Soweit das betriebliche Rechnungswesen externe Aufgaben erfüllt, dient es - meist auf Grund gesetzlicher Vorschriften - der Rechenschaftslegung und informiert - sofern publiziert oder zur Einsicht freigegeben - die Gesellschafter (Aktionäre, Gesellschafter der GmbH, Kommanditisten, etc.), die Gläubiger (Lieferanten, Kreditgeber), die Belegschaft, die Finanzbehörden und die Öffentlichkeit [staatliche Instanzen (Regulierungsbehörde), potentielle Aktionäre oder Gläubiger, Presse, etc.] über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Betriebes. Synonyme für die Bezeichnung „Externe Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens“ sind die Begriffe: externe Rechnungslegung, externes Rechnungswesen, Geschäftsbuchhaltung sowie Finanzbuchhaltung.

Kapitel 2., Interne Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens:

Demgegenüber liegen die internen Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens im wesentlichen darin, der Betriebsführung Informationen für ihre auf die Zukunft gerichteten Planungsüberlegungen zu liefern. Die bereitgestellten Informationen beziehen sich allerdings keineswegs nur auf interne Vorgänge der Unternehmung, sondern umfassen auch externe Daten wie beispielsweise Beschaffungs- und Absatzpreise, die für die Koordination von Entscheidungen wichtig sind. Als Synonyme werden die Begriffe interne Rechnungslegung, internes Rechnungswesen sowie Betriebsbuchhaltung verwendet.

Kapitel II., Übertragung der betriebswirtschaftlichen Struktur auf § 10 EnWG: § 10 EnWG folgt grundsätzlich dieser betriebswirtschaftlich begründeten Differenzierung zwischen interner und externer Rechnungslegung. So müssen Versorgungsunternehmen einerseits laut § 10 I EnWG - dessen Vorgaben durch Absatz 2 ergänzt werden - einen Jahresabschluss nach den Kapitalgesellschaften geltenden handelsrechtlichen Vorschriften aufstellen, prüfen lassen und offen legen. Demnach befasst sich § 10 I, II EnWG mit den externen Aufgaben - insbesondere der Publizität - des betrieblichen Rechnungswesens, wobei eine echte Entflechtung nicht stattfindet. Andererseits werden vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen (VIE) durch § 10 III EnWG verpflichtet für bestimmte Tätigkeitsbereiche getrennte interne Konten zu führen. Dieses Separierungsgebot - das im Gegensatz zu § 10 I EnWG eine echte Unbundling-Vorschrift (sog. buchhalterisches Unbundling) darstellt - betrifft nach obiger Differenzierung insbesondere die interne Rechnungslegung. Die Absätze 4 und 5 des § 10 EnWG enthalten weitere Vorgaben zur Prüfung der separierten Einzeltätigkeitsbilanzen und -GuV sowie Vorgaben über die Informierung der Regulierungsbehörde und deren Umgang mit den erhaltenen Informationen.

Kapitel III. Übergeordneter Normzweck: Der Gesetzgeber bedient sich im Rahmen des § 10 EnWG der Verfahren der externen und internen Rechnungslegung um der Regulierungsbehörde eine möglichst ausnahmslose, transparente, ggf. nach energiewirtschaftlichen Wertschöpfungsstufen (siehe: Abb.1) separierte und folglich die Unternehmenserfolgsquellen nicht vermischende Datenbasis zu beschaffen, die zur Feststellung und Vermeidung von Diskriminierungen, Quersubventionierungen und daraus resultierenden Wettbewerbsverzerrungen notwendig ist. Obwohl § 10 EnWG keine inhaltlichen Vorgaben für die Kalkulation der Netznutzungsentgelte (NNE) enthält - vielmehr sind diese allein aus den §§ 20 ff. EnWG i.V.m. den Bestimmungen der StromNEV und der GasNEV zu entnehmen - sollen laut Gesetzesentwurfsbegründung der Bundesregierung die durch die Pflichten im Rahmen des Rechnungslegungs-Unbundling generierten Netzdaten „für eine mögliche Überprüfung der NNE“ genutzt werden (vgl. § 4 II S. 1 StromNEV, § 4 II S. 2 GasNEV). Insofern hebt der Gesetzgeber den integralen Zusammenhang zwischen den Entflechtungsregelungen und den Regulierungsvorschriften des Dritten Teils des EnWG deutlich hervor...