Reise Know-How CityTrip Porto

von: Petra Sparrer

Reise Know-How Verlag Peter Rump, 2023

ISBN: 9783831745012 , 144 Seiten

4. Auflage

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 11,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Reise Know-How CityTrip Porto


 

Am Puls der Stadt


Das Antlitz Portos


Grauschwarz glänzt die gewellte Oberfläche des Douro, granitfarben wie die Häuser, die dicht an dicht labyrinthartige Gassen bilden. Eingehüllt in dichten Nebel sieht man Portos pittoreske Silhouette kaum. Alles wirkt verhüllt und verschlossen, ein Schattenriss mit verschwommenen Konturen. Die liebliche, sonnige Seite der Douro-Mündung setzt in dem atlantischen Klima des Nordens manchmal eine abweisende Miene auf. Herb und geheimnisvoll, ein intensiver Moment! Sobald die Sonne zurückkommt, ändert sich alles. Das Licht bringt die nostalgisch mit Weinfässern beladenen Rabelos zurück, die pastellfarbenen Häuser der Ribeira, die roten Dächer der Portweinkellereien von Gaia, die Glaskuppeln und barocken Kirchtürme an den steilen Hängen von Porto. Einen Logenplatz hoch oben haben die Kathedrale und der Bischofspalast. Von der Brücke Dom Luís I {1}, dem doppelstöckigen Wahrzeichen, das sich in hohem Bogen über den Fluss spannt, ist wieder ein Überblick möglich – bis die Sonne in einem ihrer romantischen Momente am Abend die Dächer verwirrend rot erglühen lässt.

Die zahlreichen Kirchen in Porto, dessen historisches Zentrum seit 1986 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, fallen im Stadtbild sofort auf. Porto ist eine der ältesten Städte des Landes. Es existiert seit 138 v. Chr. und wurde 1123 Bischofsstadt. Sie wuchs vom Hügel mit der Kathedrale aus hinunter zum Douro, wo sich schon früh ein Zollhaus und der Handelshafen befanden. Im Mittelalter errichteten in Porto die meisten namhaften Orden ihre Klöster. Viele existieren heute nicht mehr, aber ihre Kirchen blieben zahlreich erhalten.

Barocke Pracht mit italienischem Flair

1387 heirateten König João I. und die englische Prinzessin Filipa de Lencastre in Portos Kathedrale. Ihre strategische Allianz war das Fundament für den wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt und ihren langjährigen, lukrativen Handel mit England. Heinrich der Seefahrer, der in Porto geborene Sohn des Königspaars, begründete den Reichtum der portugiesischen Seemacht. Nachdem 1699 in Brasilien Gold entdeckt und reichlich nach Portugal gebracht wurde, erhielt Portos historisches Zentrum nach und nach sein barockes Flair. Maßgeblich für die prunkvolle Gestaltung nach italienischem Vorbild war der Künstler und Architekt Nicolau Nasoni (1691–1773) aus der Toskana. Er kam 1725 aus Malta nach Porto. Dort hatte er die Fresken im Palazzo Magistrale della Valletta gemalt. Der Kontakt zum portugiesischen Klerus und König João IV., der in Lissabon verschwenderisch Hof hielt, entstand über den Malteser Ritterorden, dem der portugiesische König und viele Kirchenoberen angehörten. Nasoni kam, sah und machte Porto zur barocken Bilderbuch- und Postkartenstadt. Zuerst malte er die Fresken und den Altar in der Kathedrale und gestaltete die Loggia. Nasonis Fassaden im Rokoko-Stil, wie die der Igreja da Misericórdia (–>) und der berühmten Igreja do Carmo {22}, beeindruckten seine Zeitgenossen wie theatralische Inszenierungen. Igreja und Torre dos Clérigos {21} waren sein erstes Meisterwerk als Architekt. Neben Sakralbauten errichtete er für Portos reiche Bürger zahlreiche großzügige Villen, darunter den Palácio de Freixo (–>) und die Quinta da Prelada (–>).

Blattgold und Azulejos

Als Zeichen von Macht und Wohlstand bekamen Portos Kirchen im Barockzeitalter ihre einzigartigen „talhas douradas“ Schnitzarbeiten aus beständigem Tropenholz, die mit tonnenweise Blattgold aus Brasilien verziert wurden. Die Dekorationen der Kirchenwände und -fassaden mit religiösen und historischen Szenen durch bekannte Maler wie z. B. Jorge Colaço stammen erst aus dem 19. Jh. Eingängige Bilder aus dem Leben von Heiligen oder biblische Szenen sollten dem Volk schon von Weitem imponieren. Dabei hat die Azulejos-Tradition ihren Ursprung in maurischer Zeit (aus dem Arabischen al-zuleig = „polierter Stein“). Überliefert ist sie wahrscheinlich aus Córdoba und Granada. Erlaubt waren zunächst nur florale und geometrische Muster. Ab 1560 kamen Azulejos-Künstler aus Flandern nach Portugal und erst ab Ende des 17. Jh. wurde es Mode, nur weiße und blaue Fliesen zu verwenden. Ab dem 19. Jh. verkleideten auch viele Privatleute ihre Häuserfronten mit Fliesen zum Schutz vor Feuchtigkeit. Dass Porto portugiesische Geschichte schrieb, dokumentieren die großen Azulejos-Bilder im Bahnhof São Bento {16}. Bis 2011 wurden die 20.000 Azulejos einzeln teilweise mit Zahnbürsten gereinigt und dann restauriert – Kostenpunkt ca. 167.000 €. An den Fliesen der historischen Altstadt nagt der Zahn der Zeit. Ablagerungen durch Luftverschmutzung müssen gereinigt werden: mit Wasser, Spülmittel, Messer, Baumwolle und Zahnbürsten. Zahlreiche Kachelbilder wurden in den vergangenen Jahren restauriert, eine Arbeit, die niemals ein Ende zu nehmen scheint.

Grüne Oasen bis zum Atlantik

Im 19. Jh. dehnte sich die Stadt weiter aus, reiche Portweinhändler und Textilfabrikanten ließen sich in den neu entstandenen Stadtvierteln Cedofeita und Boavista großartige Villen mit repräsentativen Gartenanlagen errichten. Auf die Mode der Romantik folgte die Mode des Jugendstils. Viele der hübschen Grünflächen und Parks Portos entstanden im 19. Jh. während der Romantik, als die bewusste Zuwendung zur Natur an Bedeutung gewann. Als Vorbild diente dabei oft der Stil französischer und englischer Landschaftsgärten. Den Jardim da Cordoaria (–>) z. B. plante Emile David, ein deutscher Landschaftsarchitekt, der aus Berlin nach Porto gekommen war, im Jahr 1865. Er war an der Gestaltung vieler weiterer Gärten der Stadt beteiligt, wie dem Horto das Virtudes und den Jardins do Palácio de Cristal {24}. Erst 1993 eröffnete direkt am Atlantik am Ende der langen Av. da Boavista Portos mit 83 ha größter Stadtpark, der Parque da Cidade {33}. Bei Wind hört man hier die Wellen rauschen, die Sandstrände von Foz {31} und Mato­sinhos {34} sind ganz nah.

Architektonische Avantgarde

Zu Portos Kunsthochschule Escola Superior Artística gehört auch die Fakultät für Architektur. In den 1950er-Jahren begann ihr Professor Fernando Távora (1923–2005) über die soziale Rolle des Bauens nachzudenken. Er gilt als der Begründer der Escola do Porto („Schule von Porto“), einer Gruppe lokaler Architekten, die sich der modernen Architektur widmeten. Seine Schüler Álvaro Siza Vieira aus Porto und Eduardo Souto Moura aus Matosinhos {34} bekamen später beide den Pritzker-Preis. Fans zeitgenössischer Architektur können Porto heute auf ihren Spuren entdecken. Zu den Highlights von Siza Vieira, der auch für die Architekturfakultät ein neues Gebäude errichtete, gehören das Serralves-Museum {29} in Boavista sowie seine beiden Frühwerke in Leça da Palmeira: die Casa de Chá da Boa Nova (1958–1963), inzwischen Gourmet-Restaurant (–>), und das brutalistische Sichtbetonschwimmbad Piscinas de Marés (1961–1966, Av. Liberdade 4450) in den Felsen des tosenden Atlantik. Souto Moura zeichnet z. B. für die Casa do Cinema Manuel de Oli­veira (Rua Bartolomeu Velho) verantwortlich, doch das Filminstitut des Filmregisseurs aus Porto ist nicht zu besichtigen. Auch die Metrostation Casa da Música stammt von Souto Moura. Direkt hier steht das gleichnamige Konzerthaus des niederländischen Architekten Rem Kool­haas. Zum modernen Gesicht des sehr heterogen gezeichneten Porto gehören auf alle Fälle auch das Stadion des FC Porto (Architekt RICA), das Coliseu im späten Art-déco-Stil, das brutalistische Parkhaus Silo-Auto (Rua de Guedes Azevedo 148–180) und das Edifício Vodafone an der Avenida da Boavista. Derartige, von vielen recht roh und klotzig empfundene Sichtbetonbauten kamen in den 1960er-Jahren international in Mode und prägten den Architekturstil des Brutalismus nach dem Vorbild von Le Corbusier.

Zahlen und Fakten

> Gegründet: 138 v. Chr. als römisches Portus Cale, Stadtrecht seit 1123

> Einwohner: 237.600, Großraum Grande Porto ca. 1,3 Mio.

> Bevölkerungsdichte: 5753 Einwohner pro km²

> Fläche: 41,42 km², Großraum Grande Porto 817 km²

> Höhe ü. M.: 88 m

Porto ist auch von oben eine Bilderbuchstadt (039po-fo©Sergii Figurnyi)

Von den Anfängen bis zur Gegenwart


Porto wetteifert heute mit der Hauptstadt Lissabon um Rang und Namen und ist das wirtschaftliche Zentrum des Landes. Schon lange vor der Stadtgründung erkannten Kelten und Römer die strategisch günstige Lage an der Mündung zum Atlantik und schon in der Römerzeit sind die süffigen Weine aus dem Douro-Tal dokumentiert. Als Hafen- und Handelsstadt spielte Porto in der Geschichte eine wichtige Rolle.

Im Mittelalter war Porto Bischofssitz und während der Reconquista, der Rückeroberung der Iberischen Halbinsel von den Mauren, liefen von Portos Hafen Kreuzfahrerschiffe aus, die u. a. Lissabon befreiten. In Porto erblickte Heinrich der Seefahrer das Licht der Welt, der von hier aus 1415 zur Eroberung von Ceuta aufbrach – der erste...