Waffenrecht im Wandel - Sorgfalts- und Erlaubnispflichten - Verbote - Straf- und Verwaltungsprozess

von: Gunther Dietrich Gade, Edgar Stoppa

Kohlhammer Verlag, 2015

ISBN: 9783170268203 , 194 Seiten

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 52,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Waffenrecht im Wandel - Sorgfalts- und Erlaubnispflichten - Verbote - Straf- und Verwaltungsprozess


 

Das Nationale Waffenregister


Niels Heinrich*

1. Entwicklung und Ziele des NWR


Die Änderung der EU-Waffenrechtsrichtlinie 2008/51/EG vom 21. Mai 2008 verpflichtete die Mitgliedstaaten, bis spätestens zum 31. Dezember 2014, ein computergestütztes Waffenregister einzuführen und darin alle unter die Richtlinie fallenden Waffen, insbesondere mit folgenden Daten, zu erfassen: Typ, Modell, Fabrikat, Kaliber, Seriennummer, Name und Anschrift des Verkäufers (Überlasser) und des Waffenbesitzers. Dieses nationale Waffenregister muss allen zuständigen Behörden den Zugang zu den gespeicherten Daten eröffnen. Es kann zentral und oder dezentral organisiert sein.

Der Begriff „Nationales Waffenregister“ leitet sich unmittelbar aus der EU-Richtlinie ab. Seitens des Bundesministeriums des Innern (BMI) oder der Bundesländer gab es keine Bestrebungen, einen anderen Namen zu finden.

Im Rahmen der aufgrund des tragischen Ereignisses von Winnenden 2009 beschlossenen Waffenrechtsänderung/-verschärfung wurde der § 43a WaffG (Nationales Waffenregister) geschaffen:

„Bis zum 31. Dezember 2012 ist ein Nationales Waffenregister zu errichten, in dem bundesweit insbesondere Schusswaffen, deren Erwerb und Besitz der Erlaubnis bedürfen, sowie Daten von Erwerbern, Besitzern und Überlassern dieser Schusswaffen elektronisch auswertbar zu erfassen und auf aktuellem Stand zu halten sind.“

Mit dem im § 43a WaffG festgelegten Zeitpunkt verpflichteten sich Bund und Länder bereits zwei Jahre vor dem von der EU-Richtlinie vorgegebenen Zeitpunkt das NWR in Betrieb zu nehmen.

Der Startschuss für die Entwicklung des NWR fiel im Jahr 2009, als Bund und Länder beim BMI eine Arbeitsgruppe aus Experten eingerichtet wurde, die die für die Umsetzung notwendigen Schritte von der ersten Konzeption über die Planung und Umsetzung zu erarbeiten hatte.

An dieser Bund-Länder-Arbeitsgruppe NWR (BLAG) wirkten seitens des Bundes das BMI, das Bundeskriminalamt (BKA) und das Bundesverwaltungsamt (BVA) mit. Ländervertreter kamen aus den Ländern Brandenburg (BB), Berlin (BE), Baden-Württemberg (BW), Bayern (BY), Bremen (HB), Hessen (HE), Hamburg (HH), Niedersachsen (NI) und Nordrhein-Westfahlen (NW).

Die Vertreter der Länder kamen aus den unterschiedlichsten Bereichen (Waffenrechtsreferenten der Innenministerien, (Kriminal-)Polizei, Waffenbehörden, IT, etc.) und deckten so die zahlreichen Wissensgebiete ab, die für die Errichtung des NWR benötigt wurde.

Neben der BLAG wurden folgende Unterarbeitsgruppen (UAG) eingerichtet, in denen die meiste Arbeit zufiel: UAG-A (Daten-Inhalte-Plausibilitäten) geleitet von HH, UAG-B (Auswertung und Statistik) geleitet vom BKA, UAG-C (Prozesse) geleitet von Brandenburg, UAG-D (Recht) geleitet anfangs von NW, dann BMI und abschließend von HB, UAG-E (Technik) geleitet vom BVA.

Die BLAG und die UAG´n wurden durch vom BMI eingesetzte Dienstleister tatkräftig unterstützt und beraten.

Aufgrund von politischen Vorgaben, insbesondere auf dringenden Wunsch mehrerer Flächenländer, wurde das NWR nicht als Zentralsystem, sondern als dezentrales System entwickelt, bei dem die örtlichen Waffenbehörden ihre eigenen Softwaresysteme (ÖWS) einsetzen und nur die für das NWR relevanten Daten an die Zentrale Komponente (ZK) beim BVA übertragen.

Die Datenverarbeitung erfolgt daher synchron in der Kommunikation zwischen ÖWS und ZK.

Auch wurde entschieden, dass der Aufbau des NWR in Form eines Stufenmodells erfolgen soll. Die erste Stufe, die bis Ende 2012 umgesetzt wurde, hatte das Ziel den Grundanforderungen der EU-Waffenrichtlinie zu genügen und alle Daten von Personen, Erlaubnissen und allen Schusswaffen in Privatbesitz aus den angeschlossenen Erlaubnisbehörden zusammenzuführen und stehen angeschlossenen Sicherheitsbehörden eine grundsätzliche Recherchemöglichkeit zu eröffnen.

Mit der folgenden Stufe sollen die zusammen geführten Daten auf einen einheitlichen Standard gebracht und soweit erforderlich bereinigt werden. Ferner ist zu prüfen, in wieweit Jagd- und Sprengstoffbehörden, Beschussämter und der Waffenfachhandel sowie die Hersteller von Schusswaffen einbezogen werden können. Zu einem späteren Zeitpunkt sind zudem die Entwicklung von E-Government und Online-Lösungen zu prüfen.

Diese politische Vorgabe erhält zwar die jeweils örtliche Verwaltungssoftware, die entsprechend an das NWR angepasst werden musste, machte die Zielerreichung aber um ein vielfaches komplizierter.

Möglicherweise kommt diese ungewöhnliche Architektur der sehr heterogenen Struktur der deutschen Waffenrechtsverwaltung entgegen, die teils in den unterschiedlichsten kommunalen Strukturen, aber auch in zentralen Landesdienststellen angesiedelt ist, die sowohl zur allgemeinen Verwaltung, den Kreispolizeien, Landratsämtern, Polizeien oder anderen Organisationseinheiten zugeordnet sind.

Bei der Betriebsaufnahme des NWR gab es nur noch 6 Anbieter von ÖWS, davon zwei als reine „Behördenlösung“ (Polizei HH, Landeshauptstadt München) konzipierte Systeme. Das Land NW bedient sich eines kommunalen Rechenzentrums für seine Landeslösung, die auch vom BKA übernommen wurde. Die verbleibenden Anbieter bestehen aus dem derzeitigen Marktführer und seinen beiden Mitbewerbern, die zusammen weniger als weniger als 20 Behörden beliefern, im Gegensatz zu den knapp 400 Kunden des Marktführers.

2. Datenschutz und Datensicherheit


Bei der Entwicklung des NWR wurde bereits von Anfang an großer Wert auf IT-Sicherheit gelegt: So wurde nicht nur festgelegt, dass alle Kommunikationen zwischen den angeschlossenen Behörden in den gesicherten Behördennetzen, die Bestandteil des Deutschland Onlineverbundes sind, zu erfolgen haben, sondern dass auch jede der angeschlossenen Behörden ein IT-Sicherheitskonzept gemäß den hohen Anforderungen des BSI zu erstellen hat. Erst nach Erfüllung aller Vorgaben der IT Sicherheit konnte ein Anschluss an das NWR erfolgen.

Für eine ganze Reihe von örtlichen Verwaltungsbehörden waren zum Teil erhebliche Maßnahmen erforderlich, um die Vorgaben zur IT-Sicherheit zu erfüllen: So mussten beispielsweise Arbeitsplatzrechner vom Internet getrennt, Programme mit Zugriffsschutz versehen und Serverräume besonders gesichert werden. Auch die örtlichen Softwaresysteme mussten sich einer Prüfung unterziehen.

Der durch das NWR erzielte Standard bei der Datensicherheit, aber auch beim Datenschutz, stellen einen deutlichen Schritt nach vorne dar, der ohne ein solches Vorhaben bei vielen örtlichen Behörden nicht in der vorgegebenen Zeit hätte vollzogen werden können.

3. Inhalte und Datenqualität


Hinsichtlich der Inhalte des NWR sind einige Grundprinzipien von erheblicher Bedeutung: Das NWR bildet nur einen Teil der Daten der örtlichen Systeme ab. So werden beispielsweise weder Daten von Zuverlässigkeitsprüfungen oder Ordnungswidrigkeitenverfahren noch von der Art der Waffenlagerung oder Gebührenzahlungen an das Register übermittelt. Das NWR ersetzt auch nicht die lokalen EDV-Lösungen der örtlichen Behörden. Für die Datenübertragung wird der amtliche Datenaustauschstandard XWaffe verwendet, der bei Personendaten weit gehend XMeld entspricht. Das nationale Waffenregister setzt zudem erstmals bundeseinheitliche Standards für Erlaubnis- und Waffendaten. Der hierfür verwendete Standard XWaffe verwendete so weit wie möglich Kataloge, die den örtlichen Systemen zur Verfügung gestellt werden.

Die örtlichen Verwaltungsbehörden übermitteln einen Teil ihrer Daten an die Zentrale Komponente im Bundesverwaltungsamt. Die Zentrale Komponente dient nicht nur zum Betrieb des NWR, sondern diverser weiterer Anwendungen, wie zum Beispiel dem AZR und der Visa-Warndatei. Während die übermittelnde Behörde weiterhin Besitzer des übermittelten Datenbestandes bleibt und alleinige Schreibrechte besitzt, können die übrigen Verwaltungsbehörden, aber auch die angeschlossenen Sicherheitsbehörden unter den strengen Vorgaben des NWRG (vom 25.6.2012, BGBl. I S. 1366, in Kraft ab 1.7.2012) Daten von der Zentralen Komponente abrufen. Bei jedem Datenabruf muss die Abfragende Stelle den Grund gemäß der gesetzlichen Vorgabe benennen, der zusammen mit der Abfragezeit und der Kennung des Abfragenden in der Zentralen Komponente gespeichert wird. Die Datenmenge, die auf eine Abfrage zurückgeliefert wird, ist gesetzlich sehr eng begrenzt, so dass ein „googeln“ nicht möglich ist.

Die Dateninhalte des NWR werden in Datenobjekten zusammengefasst. Diese Datenobjekte sind hierarchisch angeordnet. Es gibt die Datenobjekte Person (natürliche / juristische), Erlaubnis (inkl. Waffenbesitzverbote) und Waffe (inkl. Voreintrag und Verweisen).

Beachtlich ist der Umfang der im NWR vorliegenden Daten: Im Rahmen der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage 18/2213 am 28.7.2014 wurden erstmals seitens des Bundes konkrete Zahlen veröffentlicht. Im Register waren mit Stand Juni 2014 rund 5,65 Millionen Schusswaffen und erlaubnispflichtige Teile von Schusswaffen gespeichert. Diese Zahl umfasst neben den derzeit in Privatbesitz befindlichen Waffen und erlaubnispflichtigen Waffenteilen unter anderem auch inzwischen vernichtete, deaktivierte und exportierte Waffen und erlaubnispflichtige Waffenteile. Gestohlene und verlorene Schusswaffen werden erst seit dem 1.1.2013 gespeichert, Altdatenbestände dieser Waffen hätten einen nicht vertretbaren Mehraufwand hinsichtlich Datenbereinigung und Dublettenerkennung verursacht. Ferner waren mit Stand Juni 2014 rund 2,28 Millionen gültige waffenrechtliche Erlaubnisse,...