Lunar? Solar? Kritisch-rationale Untersuchung der Terlusollogie und deren Konsequenzen für die gesangspädagogische Praxis

von: Frederik Beyer

Bachelor + Master Publishing, 2015

ISBN: 9783955499150 , 52 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 16,99 EUR

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Lunar? Solar? Kritisch-rationale Untersuchung der Terlusollogie und deren Konsequenzen für die gesangspädagogische Praxis


 

Textprobe: Kapitel 8, Risiken der Terlusollogie: Risiken birgt die Terlusollogie zum einen in einigen ihrer Handlungsanweisungen (Inhalt), auch und besonders in bezug auf die Gesangspädagogik, zum anderen in ihrem Wesen als Pseudowissenschaft (Struktur). 8.1, Inhaltliche Risiken: Wie bereits erwähnt, sind einige der terlusollogischen Ratschläge abzulehnen oder im Mindesten äußerst skeptisch zu betrachten. Beispielsweise birgt die Anweisung an 'Solare' grundsätzlich wenig zu trinken, die Gefahr einer Dehydratation. Wenn Eltern ihr 'solares' Kind nötigen mit der linken Hand zu schreiben, obwohl es womöglich Rechtshänder ist, kann die natürlich Entwicklung des Kindes behindert werden. Besonders schwer jedoch wiegt die Behauptung, Nikotin sei für 'Solare' weniger gefährlich als für 'Lunare'. Eine solche Behauptung - ohne wissenschaftlich fundierte Untersuchung - verharmlost den Gebrauch von Drogen und ist aus ethischer Sicht unverantwortlich. 8.2, Strukturelle Risiken: Terlusollogen untergraben das Prinzip der Wissenschaftlichkeit, indem sie Pseudowissenschaft als Wissenschaft deklarieren. Damit leisten sie wissenschaftlicher Unredlichkeit Vorschub. Die Terlusollogie fördert unkritisches Denken, das lediglich auf individuelle Erfahrung setzt, nicht jedoch auf empirisch objektivierte Ergebnisse. Sie ist mitverantwortlich für die Auflösung wissenschaftlicher Standards als Qualitätskriterium in Forschung und Lehre. In dem Maße jedoch, wie wissenschaftliche Standards als Qualitätskriterium aufgelöst werden, ist das Tor zu Beliebigkeit weit aufgestoßen. Im Falle, Behauptungen bedürfen keines empirischen bzw. logischen Beweises mehr, ist Scharlatanerie und Obskurantismus Tür und Tor geöffnet. Terlusollogen behaupten zwar, ihnen sei an der wissenschaftlichen Überprüfung der Terlusollogie gelegen, kooperieren aber nicht, wenn es um wissenschaftliche Untersuchung geht. Offensichtlich sind Terlusollogen nur scheinbar an wissenschaftlicher Untersuchung interessiert: In den rund 50 Jahren, in denen die Atemtypenlehre bekannt ist, hatten sie zwar Zeit und Geld, zahlreiche Ratgeberbücher zu schreiben - für eine kritisch-rationale Überprüfung ihrer eigenen Behauptungen hat es bis heute nicht gereicht. Dass wissenschaftliche Studien mit Kosten verbunden sind, kann nicht als Entschuldigung gelten. 2003 schreibt Christian Hagena zwar, er habe mit einer wissenschaftlichen Untersuchung begonnen und die ersten Ergebnisse einer grundlegenden 'Voruntersuchung' seien 'sehr ermutigend'. Bis heute hat er jedoch keine die Terlusollogie validierenden wissenschaftlichen Studien vorgelegt. 8.3, Risiken der Terlusollogie in der Gesangspädagogik: Wenn Gesang konsequent nach terlusollogischen Prinzipien unterrichtet wird, sind damit zahlreiche gravierende Nachteile verbunden. Durch einseitige Übungen in Haltung, Atmung und Bewegung werden grundlegende Selbsterfahrungen des Schülers verhindert, die stimmliche Entwicklung des Schülers dadurch potenziell beeinträchtigt. Bei 'Einatmern' besteht beispielsweise die Gefahr einer pathologischen Hochatmung, 'Ausatmer' hingegen vernachlässigen das Atempotenzial thorakaler Weitung. Die Terlusollogie schreibt - deduktiv - vor, was 'richtig' und 'falsch' ist. Individuelle stimmliche Veränderungsarbeit - induktiv - mit Fokus auf Selbstwahrnehmung jenseits der Kategorien 'richtig' und 'falsch' wird durch die rigide Einteilung in Atemtypen massiv behindert: Ein vorgefertigtes Konzept tritt an die Stelle des individuellen Stimmkonzepts. Zudem besteht die Gefahr, dass Schüler in der freien Wahl eines Gesangslehrers eingeschränkt werden, weil sie sich ihren Lehrer nach Typenzugehörigkeit aussuchen. Umgekehrt können Lehrer durch die terlusollogische Theorie suggeriert bekommen, nicht in der Lage zu sein, Schüler des Gegentyps adäquat zu unterrichten. Obwohl Dr. Christian Hagena selbst zu verstehen gibt, dass jeder Mensch 'ganz individuell zu betrachten' sei, leistet die Terlusollogie mit ihrer strikten Kategorisierung des gesamten Lebens in 'Lunar/Solar' einem unkritischen, unaufgeklärten Denken Vorschub, das sängerische Entwicklung nicht nur einschränken, sondern im Einzelfall gar vollständig blockieren kann. Beispielsweise wenn angehenden Sängern suggeriert wird, sie würden Zeit ihres Lebens Probleme bei der Interpretation von Werken bestimmter Komponisten haben, weil diese dem Atemgegentyp angehörten. Hier ist von dem Standpunkt einer aufgeklärten Gesangspädagogik entschieden zu protestieren. Eine terlusollogisch orientierte Gesangspädagogik, die ihren Schülern dergleichen Inhalte vermittelt, ist ethisch nicht zu verantworten und kategorisch abzulehnen.