Herabsetzung durch vergleichende Werbung - Eine Untersuchung zum europäischen, deutschen, englischen und österreichischen Recht

Herabsetzung durch vergleichende Werbung - Eine Untersuchung zum europäischen, deutschen, englischen und österreichischen Recht

von: Christian Eichholz

Herbert Utz Verlag , 2008

ISBN: 9783831608119 , 193 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 44,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Herabsetzung durch vergleichende Werbung - Eine Untersuchung zum europäischen, deutschen, englischen und österreichischen Recht


 

Teil 1 Grundlagen (S. 3-4)

§ 1 Tatbestand der vergleichenden Werbung

Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG setzt mitbewerberkritischen Äußerungen Grenzen, soweit sie im Rahmen vergleichender Werbung erfolgen. Das ist gemäß § 6 Abs. 1 UWG jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. Die Definition entspricht Art. 2 lit. c) RL 2006/114/EG7. Der europäische Gesetzgeber hat bewusst eine derart „breite“ Definition gewählt, um alle Arten der vergleichenden Werbung zu erfassen8. Je weiter aber der Tatbestand, desto mehr Arten der Werbung müssen sich den engmaschigen Rechtmäßigkeitskriterien stellen. Dass dabei auch Werbeformen, die als unbedenklich gelten, auf der Strecke bleiben können und die Werbefreiheit damit über Gebühr beschränkt würde, ist erkannt9. Ob des Problems Lösung indessen auf Tatbestandebene über eine restriktive Auslegung des Begriffes der vergleichenden Werbung oder auf Rechtmäßigkeitsebene über eine extensive Auslegung der an sie gestellten Anforderungen zu suchen ist, muss noch geklärt werden. In Deutschland geht das Bestreben überwiegend in Richtung „Tatbestandslösung“, während der EuGH wohl die harmonisierungsfreundliche Lösung auf Rechtmäßigkeitsebene favorisiert. Es würde den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen, alle mit der Reichweite des Tatbestandes der vergleichenden Werbung zusammenhängenden Fragen abschließend zu klären. Dazu sind nunmehr die Gemeinschaftsrichter berufen. Die Argumente sind im Wesentlichen vorgetragen. Die nachfolgenden Ausführungen wollen daher nicht mehr als einen Überblick über die einzelnen, teilweise heftig umstrittenen Merkmale der Begriffsdefinition geben und der weiteren Studie eine an allgemeinem Sprachgebrauch und Verkehrsverständnis orientierte Auslegung zugrunde legen.

A. Werbung

Art. 2 lit. a) RL 2006/114/EG10 definiert Werbung als jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern. Diese Definition muss, weil § 6 UWG richtlinienkonform auszulegen ist, auch für die Auslegung des § 6 Abs. 1 UWG gelten. Sie hat keine nennenswerte Begrenzungsfunktion inne11 und erfasst Äußerungen in jeder beliebigen Form12. Mit Recht nimmt Köhler13 indessen an, dass eine Äußerung, um Werbung zu sein, zumindest Angaben über den Werbenden oder die von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen enthalten muss. Die reine Kritik am Mitbewerber („Konkurrent X beschäftigt Schwarzarbeiter“) oder an seinen Produkten („Konkurrenzprodukt Y ist krebserregend“) stellt deshalb keine Werbung dar. Das lässt sich nicht nur systematisch aus einem Umkehrschluss zu Art. 2 lit. b) RL 2006/114/EG14 und aus der Aufzählung der Angaben ableiten, die nach Art. 3 RL 2006/114/EG15 bei der Beurteilung der Irreführung durch eine Werbung zu berücksichtigen sind16. Dafür sprechen neben dem allgemeinen Sprachgebrauch auch die Erwägungen der Kommission in ihrer Begründung zum Vorschlag für die RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken.

Darin geht sie offenbar davon aus, dass das bloße Schlechtmachen des Konkurrenten als eine ausschließlich Mitbewerber schädigende Praktik der nationalen Regelungshoheit unterliegt17. Eine solche Feststellung wäre aber nicht möglich gewesen, wenn diese Praktik Werbung ist, weil sie dann als eine den Mitbewerber erkennbar machende Werbung bereits gemeinschaftsrechtlich als vergleichende Werbung geregelt wäre. Die reine Individualkritik unterliegt daher nicht dem für vergleichende Werbung geltenden Herabsetzungsverbot.