Hygiene für Pflegeberufe

Hygiene für Pflegeberufe

von: Enriqueta Fobbe, Barbara Köhler, Eva-Maria Krüger, Dieter Möllenhoff, Hannelore Möllenhoff, Hannelor

Urban & Fischer Verlag - Lehrbücher, 2013

ISBN: 9783437168413 , 209 Seiten

5. Auflage

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 29,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Hygiene für Pflegeberufe


 

Kapitel 1

Bakteriologie


Obwohl Infektionskrankheiten seit Jahrtausenden bekannt sind, liegen exakte Kenntnisse zur Ätiologie (Ursachen der Krankheiten) nur wenig länger als einhundert Jahre vor. Wegbereitend war vor allem die Entwicklung optischer Hilfsmittel und damit das Sichtbarmachen kleinster Lebewesen. Namen wie Anthony van Leeuwenhoek, Louis Pasteur und Robert Koch sind untrennbar mit dieser Entwicklung verbunden.
Nachdem gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu einer Reihe lange bekannter Krankheiten die verursachenden Erreger entdeckt wurden, gewann man auch Einblick in den epidemiologischen Ablauf. Damit begann die Erforschung der Immunität.
Im 20. Jahrhundert wurden spezifische Chemotherapeutika und Antibiotika entwickelt, die unterstützt durch die erfolgreiche Entwicklung von Impfstoffen, die Mortalität bei Infektionskrankheiten entscheidend senkten. In den vergangenen Jahrzehnten sind weitere Fortschritte im Verständnis, in der Erkennung sowie in der Bekämpfung der Infektionskrankheiten erzielt worden.
Auch in der Industrie haben, durch die Biotechnologie gefördert, die Mikroorganismen einen wichtigen Platz eingenommen, z. B. bei der Herstellung von Eiweißen und Vitaminen.
Im Vergleich zur Gesamtzahl der in der Natur vorkommenden Arten von Mikroorganismen ist der Anteil menschenpathogener Krankheitserreger gering. Mikroorganismen, die in der Lage sind, Krankheiten hervorzurufen, sind:
• Bakterien
• Bakterienähnliche wie Chlamydien, Mykoplasmen, Rickettsien
• Viren
• Protozoen
• Pilze
• Prione (organische Gifte mit virusähnlichen Eigenschaften – Creutzfeld-Jakob-Krankheit)

1.1. Einteilung der Bakterien


MERKE
Die Bakterien lassen sich aufgrund ihrer Form (Morphologie) einteilen (Abb. 1.1) in

Abb. 1.1 Grundformen der Bakterien.
a: Haufenkokken (Staphylokokken).
b: Kettenkokken (Streptokokken).
c: Diplokokken (Neisserien).
d: Plumpe Stäbchen (z. B. Enterobakterien).
e: Bazillen.
f: Klostridien.
g: Spirochäten. [L126, L217]
• kugelförmige Zellen (Kokken),
• stäbchenförmige Zellen (Stäbchen),
• spiralförmige Zellen (Schraubenbakterien; Spirochäten).
Außerdem lassen sich an den Kokken weitere Merkmale beobachten, z. B.:
• Haufenlagerung (Staphylokokken)
• Paarweise Lagerung (Diplokokken wie Gonokokken)
• Aneinanderlagerung wie Ketten (Streptokokken)
Auch die Stäbchen können unterschiedliche Formen aufweisen, z. B. abgerundet, eckig, spitz, keulenförmig, lang, kurz oder plump.
Mit der 1884 von dem dänischen Pathologen Hans Gram eingeführten Färbemethode, die den unterschiedlichen Zellwandaufbau ausnutzt, steht ein weiteres Einteilungsschema für die meisten Bakterien zur Verfügung: grampositiv oder gramnegativ.
Unterschiede wie die Kolonieform, abweichende Stoffwechselleistungen, das Verhalten gegen Luftsauerstoff (aerob und anaerob), ob Sporen gebildet werden oder nicht oder ob Geißeln (Beweglichkeit) vorhanden sind oder nicht, führen zu weiteren Unterteilungen der Bakterien (Taxonomie).
Unter Taxonomie versteht man die Zuordnung gleichartiger oder ähnlicher Bakterien in ein hierarchisch geordnetes System, das in Reich (Prokaryotae), Division, Klasse, Ordnung, Familie, Gattung (Genus) und Art (Spezies) eingeteilt ist.
Anhand der Gattungs- und Artnamen (z. B. Staphylococcus aureus) und der beschriebenen Einteilungsschemata können medizinisch wichtige Bakterien identifiziert werden. Da die modernen molekularbiologischen Methoden neue Erkenntnisse über die Bakterien erbrachten, ist es zurzeit schwierig, eine gültige Systematik zu erstellen (Tab. 1.1).

Tab. 1.1

Humanpathogene Bakterien.


Sektion 1: Spirochäten, gramnegativ, spiralig gewunden

Spirochaetaceae

– Treponema pallidum

Nur beim Menschen, nicht kultivierbar Syphilis, drei Stadien

– Borrelia burgdorferi

Durch Zecken übertragen, kultivierbar Lyme-Borreliose, drei Stadien

– Borrelia afzelii

– Borrelia garinii

– Borrelia duttonii

Durch Zecken übertragen Endemisches Rückfallfieber

– Borrelia hermsii

Antigenvariabilität

– Borrelia recurrentis

Durch Kleiderläuse übertragen Epidemisches Rückfallfieber

• Leptospira interrogans

Serogruppen und Serovare (z. B. icterohaemorrhagiae, pomona, grippotyphosa)

• Leptospirose

• Morbus Weil

• Zoonose (Nager, Igel, Rind)

Sektion 2: Gramnegative Stäbchen, beweglich, gekrümmt, aerob/mikroaerophil

Campylobacteriaceae

– Campylobacter jejuni

Kultivierbar Enteritis

– Campylobacter fetus

Verschiedene Infektionen

• Helicobacter pylori

Kultur schwierig, produziert viel Urease

• Gastritis Typ B

• Peptische Ulzera

• Spirillum minus

Nicht kultivierbar Rattenbissfieber (Sodoku)
Sektion 4: Gramnegative Stäbchen und Kokken, aerob

Pseudomonadaceae

Stäbchen, beweglich

• Wundinfektionen, Infektionen bei Verbrennungen

• Harnwegsinfektionen

• Nosokomiale Infektionen

– Pseudomonas aeruginosa

Überall verbreiteter Wasserkeim,
bildet Pigmente

– Burkholderia cepacia

Häufig Mehrfachresistenz gegen Antibiotika

– Stenotrophomonas maltophilia

Legionellaceae

Stäbchen, beweglich, Spezialmedien für Kultur

– Legionella pneumophila

Häufigste Spezies, aquatische Biotope Legionärskrankheit, Pneumonie

Neisseriaceae

Diplokokken/Kurzstäbchen,

– Neisseria gonorrhoeae

Unbewegliche Kokken in Phagozyten Gonorrhö

– Neisseria meningitidis

Meningitis, Sepsis

Moraxellaceae

– Moraxella catarrhalis

Normalflora, Respirationstrakt Sinusitis, Otitis media bei Kindern

– Acinetobacter baumanii

Kurzstäbchen, überall vorkommend Nosokomiale Infektionen, häufig

– Acinetobacter calcoaceticus

Mehrfachresistenz gegen Antibiotika

Genera ohne Familie

– Brucella abortus

• Kurzstäbchen, intrazellulär

• Anspruchsvoll

Brucellose (Morbus Bang, Malta-Fieber)

– Brucella canis

– Brucella melitensis

• Kurzstäbchen, intrazellulär

• Anspruchsvoll

Zoonose

– Brucella suis

– Bordetella pertussis

• Kokkoide Stäbchen

• Unbeweglich

• Nur beim Menschen

Keuchhusten

– Francisella tularensis

• Kokkoide Stäbchen

• Anspruchsvoll

Tularämie, Zoonose (Nagetiere)
Sektion 5: Gramnegative Stäbchen, fakultativ anaerob

Enterobacteriaceae

Standort: Darm von Mensch und...