Medien und Aktien - Theoretische und empirische Modellierung der Rolle der Berichterstattung für das Börsengeschehen

von: Bertram Scheufele, Alexander Haas

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2008

ISBN: 9783531910185 , 319 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 49,99 EUR

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Medien und Aktien - Theoretische und empirische Modellierung der Rolle der Berichterstattung für das Börsengeschehen


 

3 Kommunikationswissenschaftliche Überlegungen (S. 79-80)

Nach den finanzwissenschaftlichen Grundlagen geht es nun um kommunikationswissenschaftliche Überlegungen. Unsere Untersuchung fragt nach dem Zusammenhang zwischen der Medienberichterstattung einerseits und den Aktienkursen bzw. Handelsvolumina ausgewählter deutscher Unternehmen andererseits. In diesem Kapitel gehen wir zunächst auf Angebote und Nutzung der Wirtschafts- und Börsenberichterstattung ein. Danach diskutieren wir mögliche Wirkungen der Wirtschafts- und Börsenberichterstattung in volkswirtschaftlicher, vor allem aber in finanzwissenschaftlicher Hinsicht.

3.1 Wirtschaftsrelevante Angebote und deren Nutzung

Die Finanz- und Wirtschaftsberichterstattung ist entweder ein redaktioneller Teil oder der alleinige Gegenstand einer Vielzahl von Angeboten im Rundfunk, in Tages- und Wochenzeitungen, in Publikumszeitschriften und inzwischen auch verstärkt im Internet. Aufgrund der hohen Komplexität des Themas dominiert jedoch noch die Berichterstattung in Printmedien (vgl. Heinrich & Moss, 2006: 19). Wir stellen zunächst die Entwicklung, Angebote und Inhalte, anschließend empirische Befunde zur Nutzung bzw. zu Nutzern vor.

3.1.1 Entwicklung, Angebote und Inhalte

Zu einem regelrechten Boom mit einer deutlichen Ausweitung der Wirtschafts- und Finanzberichterstattung kam es Ende der 1990er Jahre (vgl. Mast, 2003: 280). Getragen wurde diese Entwicklung hauptsächlich durch das Börsengeschehen. In Folge des Börsengangs der ‚Deutschen Telekom‘ im Jahr 1996 waren viele Bürger erstmalig mit der Anlageform ‚Aktie‘ in Berührung gekommen. Die rasante Kursentwicklung in den folgenden Jahren dürfte ebenfalls dazu geführt haben, dass die Zahl der Aktionäre und Fondsbesitzer in Deutschland zwischen 1996 und 2001 von 5,6 auf 12,9 Millionen angestiegen war.

Bis 2004 sank sie auf 10,5 Millionen, hält sich aber seitdem auf diesem Niveau.50 Das hat sicherlich mit dazu beigetragen, dass die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung und das Geschehen an der Börse immer mehr Menschen interessieren. Aktien- Tipps, Branchen-Reports und die Aussicht auf Kursgewinne haben auch in der Wirtschaftsberichterstattung an Bedeutung gewonnen (vgl. Schuster, 2000, 2001). Zugleich stiegen auch die Werbeeinnahmen der Wirtschaftspresse deutlich an (vgl. Mast, 2003: 280). Der März 2000 markierte dann zumindest an den Börsen einen deutlichen Wendepunkt.

Nach einer lang anhaltenden Hausse folgte eine Phase deutlicher und nachhaltiger Kurskorrekturen. Die Geschäftsmodelle einiger bisheriger Vorzeigeunternehmen der New Economy entpuppten sich als wenig solide, die Kurse fielen zum Teil ins Bodenlose und die Depotwerte vieler Anleger folgten ihnen. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 verstärkten die negativen Erwartungen. Die Auflagen der Wirtschaftsmedien brachen ein, manche der neuentstandenen Angebote verschwanden komplett wieder vom Markt und auch die Werbeeinnahmen gingen deutlich zurück. Nach einer Phase der Konsolidierung existiert heute jedoch ein – im Vergleich zu der Zeit vor der beschriebenen Börseneuphorie – deutlich gewachsenes und auf einzelne Zielgruppen zugeschnittenes Angebot wirtschafts- und börsenrelevanter Informationen in unterschiedlichen Medien.