Steuerbescheide in der Praxis - Änderungen und Festsetzungsfristen

von: Karin Thomas, Gerrit Windhorst

Gabler Verlag, 2008

ISBN: 9783834995728 , 285 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 38,66 EUR

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Steuerbescheide in der Praxis - Änderungen und Festsetzungsfristen


 

§ 1 Verwaltungsakte – §§ 118 ff . AO (S. 21)

A. Allgemeines zu Verwaltungsakten

Aufgabe der Finanzbehörden ist es, die einschlägigen Steuergesetze auf den Einzelfall anzuwenden und die Rechte und Pflichten der Beteiligten rechtsverbindlich festzustellen. Dies tun sie in Form von Verwaltungsakten. Verwaltungsakte werden in den Steuergesetzen oft als „Bescheid", manchmal auch als „Verfügung", „Beschluss" oder „Entscheidung" bezeichnet.

I. Begriff des Verwaltungsakts

Unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsakt i.S. der AO (auch als „Steuerverwaltungsakt" bezeichnet) vorliegt, ist in § 118 S. 1 AO beschrieben. Ein Steuerverwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde trifft, zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.

Fehlt es nur an einer dieser Voraussetzungen, liegt kein Verwaltungsakt i.S. der AO vor. Eine hoheitliche Maßnahme ist eine Willensäußerung eines Amtsträgers, eine verbindliche Entscheidung mit nach außen gerichteter Rechtswirkung zu treffen. Maßnahme i.d.S. ist jede Anordnung (Gebot oder Verbot), sonstige Rechtsgestaltung, Feststellung, Entscheidung sowie deren Versagung. Eine hoheitliche Maßnahme kann im Gegensatz zu einem Vertrag auch gegen den Willen des Betroffenen eintreten.

Beispiel:

Die Aufrechnungserklärung des Finanzamts mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis ist die rechtsgeschäftliche Ausübung eines Gestaltungsrechts und für sich allein kein Verwaltungsakt. Zwar liegt insoweit eine Maßnahme auf dem Gebiet des öff entlichen Rechts vor. Der anordnende – hoheitliche – Charakter einer Verwaltungsmaßnahme fehlt aber, es mangelt insoweit an einer hoheitlichen Maßnahme, da das Finanzamt zur Geltendmachung der A ufrechnung mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis keine hoheitlichen Befugnisse benötigt. Sie könnten ihm keine weitergehende Rechtsposition verschaff en, als sie jedem Gläubiger, der zugleich Schuldner ist, nach den Vorschriften der §§ 387 ff . BGB zustehen.

Die Maßnahme muss von einer Behörde getroffen sein. Eine Behörde ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 6 Abs. 1 AO). Im Bereich der Steuern ist dies meist das Finanzamt. Aber auch andere Behörden, wie z.B. oberste Finanzbehörden (Ministerien) oder Familienkassen, kommen in Betracht. Es kommt nicht darauf an, ob der für die Behörde handelnde Amtsträger sein verwaltungsinternes Zeichnungsrecht überschritten hat. Voraussetzung ist lediglich, dass die Maßnahme von einem Amtsträger getroffen wird, der befugt ist, für die Behörde zu handeln. Andernfalls liegt kein Verwaltungsakt, sondern ein sog. „Nichtakt" oder „Scheinverwaltungsakt" vor.

Ein Verwaltungsakt zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (zu der das Steuerrecht zählt) muss für einen bestimmten Betroffenen oder mehrere bestimmte Betroffene eine konkrete Rechtsfolge vorsehen. Die Maßnahme muss verbindlich sein und ggf. erzwungen werden können. Wer vom Verwaltungsakt betroffen ist, muss eindeutig feststehen. Allgemeine Verfügungen, z.B. Richtlinien, sind daher keine Verwaltungsakte, sondern Anweisungen für die Finanzbehörden.

Ein Verwaltungsakt kann jedoch auch dann vorliegen, wenn er keinen Einzelfall regelt, sondern sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft. Es handelt sich dann um eine Allgemeinverfügung (§ 118 S. 2 AO).