Bankstrategien für Unternehmenssanierungen - Erfolgskonzepte zur Früherkennung und Krisenbewältigung

von: Christian Lützenrath, Kai Peppmeier, Jörg Schuppener

Gabler Verlag, 2007

ISBN: 9783834992215 , 286 Seiten

2. Auflage

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 56,64 EUR

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Bankstrategien für Unternehmenssanierungen - Erfolgskonzepte zur Früherkennung und Krisenbewältigung


 

7.6 Freigabe von Sicherheiten (S. 120-121)

7.6.1 Ausgestaltungsmoglichkeiten

Die Freigabe von Sicherheiten dient der Zufuhrung zusatzlicher liquider Mittel. Eine Wirkung hinsichtlich eines Uberschuldungstatbestandes entfaltet sie naturgemaB nicht. Grundsatzlich erfolgt die Freigabe entweder als direkte Zufuhrung liquider Mittel zum Beispiel durch Freigabe verpfandeter Guthaben oder von Zahlungseingangen bzw. als indirekte Zufuhrung durch Freigabe von Sicherheiten, nachrangigen Grundpfandrechten oder Forderungszessionen. Die direkte Zufuhrung liquider Mittel ist in der Praxis unwahrscheinlich. Ein Kreditinstitut ist in der Regel nicht bereit, ohne Gegenleistungen auf liquide Sicherheiten zu verzichten und eine Verschlechterung seiner Kreditsicherung hinzunehmen. Ein Tausch von liquiditatsnahen in liquiditatsferne Sicherheiten (zum Beispiel Verpfandung von Guthaben gegen Grundschuld) ist dagegen denkbar, sofern das freigebende Kreditinstitut hierdurch seine Risikoposition nicht verschlechtert.

Praxisrelevanter ist die Freigabe von Sicherheiten, die von Banken und Sparkassen als eingeschrankt werthaltig betrachtet und daher bei der Sicherheitenbewertung nicht oder nur begrenzt angesetzt werden. Messen andere Fremdkapitalgeber diesen einen hoheren Wert bei, werden sie unter „Beiziehung" dieser Sicherheiten zusatzliche Liquiditat zur Verfugung stellen. Zum Beispiel ist die Freigabe von zedierten Forderungen an einen Factor/Forfaiteur eine Moglichkeit, zusatzliche Liquiditat zu generieren. Naturlich erwarten Banken und Sparkassen im Gegenzug eine Reduzierung ihrer Kreditlinie, die in der Praxis jedoch geringer ausfallen muss, als der Liquiditatszufluss aus dem Forderungs verkauf, zumal der Factor/Forfaiteur normalerweise die Zustimmung zum Forderungsankauf davon abhangig macht, dass dem Unternehmen durch den Abschluss dieses Geschaftes zusatzliche liquide Mittel zur Verfugung stehen.

Insofern wird vor der Freigabe der Sicherheiten regelmaBig vereinbart, dass die neu gewonnene Liquiditat zu einem wesentlichen Teil dem Krisenunternehmen zur freien Verfugung bleibt und nicht zur vorzeitigen Tilgung ftir andere Glaubiger „missbraucht" werden darf. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus iiblich, vor Freigabe der Sicherheiten zwischen dem Krisenunternehmen und den Kreditinstituten einen bestimmten Verwendungszweck - Bestreitung betriebsnotwendiger Ausgaben, wie Materialeinkauf, Lohn-/Gehaltszahlungen, Zahlungen an wichtige Lieferanten etc. - fur die zusatzlichen Mittel schriftlich zu vereinbaren. Dies kann bis zur Vereinbarung einer Treuhandauftrages im Uberweisungsauftrag an ein fremdes Kreditinstitut fiihren, um die Verwendung der eingehenden Gelder zur Linienreduzierung bei dem empfangenden Kreditinstitut zu verhindern. Bei Zuwiderhandlung durch das empfangende Kreditinstitut wird die uberweisende Bank die Betrage zuruckfordern. Dariiber hinaus kbnnen ihn Schadenersatzanspriiche aus treuhandverletzender Verwendung erwachsen.

7 7.6.2 Risiken bei der Freigabe von Sicherheiten

Im Grundsatz ist die Freigabe von Sicherheiten - auch bei teilweiser Reduzierung der Kreditlinien - vor dem Hintergrund moglicher Anfechtungsrisiken in einem spateren Insolvenzverfahren unproblematisch. Tatsachlich kbnnen fiir die Kreditinstitute jedoch einige Probleme entstehen, die nachfolgend dargestellt werden sollen. Ein Problemfeld im Zusammenhang mit der Freigabe von Sicherheiten besteht in moglichen Anfechtungsmoglichkeiten des Insolvenzverwalters bei einer spateren Insolvenz.8

Sofern eine Freigabe von Sicherheiten im Zusammenhang mit Tilgungsleistungen des Kreditnehmers erfolgt und Sicherheitenfreigabe und Tilgungsleistungen hierbei wirtschaftlich etwa gleichwertig sind, handelt es sich regelmaBig um so genannte Bargeschafte gem. § 142 InsO, die von einer spateren Anfechtung durch den Insolvenzverwalter ausgeschlossen sind. Bestimmend fiir das Vorliegen eines Bargeschafts sind die Merkmale „Gleichwertigkeit" und „Gleichzeitigkeit". Fallen die Tilgungsleistungen hoher aus als der Wert der Sicherheitenfreigabe, kann der ubersteigende Teil angefochten werden.

Fallen Tilgungsleistungen und Sicherheitenfreigabe zeitlich soweit auseinander, dass nicht mehr von einem Bargeschaft gesprochen werden kann (nach herrschender Meinung ca. drei Wochen), kann sogar die vollstandige Tilgungsleistung durch den Insolvenzverwalter erfolgreich angefochten werden, wahrend die freigegebene Sicherheit fiir das Kreditinstitut in der Regel verloren ist. Die Freigabe einer Sicherheit im Rahmen eines Sicherheiten tauschs, also gegen Hereinnahme einer anderen, nicht hoherwertigen Sicherheit, gilt in diesem Zusammenhang ebenfalls als Bargeschaft.