Für eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung in der Schweiz, 2. Auflage

von: Antoine Bailly, Martin Bernhardt, Mauro Gabella (Herausgeber)

Hogrefe AG, 2008

ISBN: 9783456945729 , 147 Seiten

2. Auflage

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 19,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Für eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung in der Schweiz, 2. Auflage


 

5 Gesundheitsnetzwerke für eine bessere Qualität der medizinischen Versorgung (S. 59-60)

1. Die Netzwerke in der Welt der Gesundheit: mehr Kontinuität in der Behandlung

Das schweizerische Gesundheitssystem beruht auf einem Kompromiss zwischen Liberalismus und Kontrolle, zwischen Föderalismus und Zentralismus: Aufgrund dieser zweifachen Gebundenheit vervielfachen sich die Regulierungsmaßnahmen, oft sind sie schwierig umsetzbar und wenig wirkungsvoll. Die Schweizer stehen einem blinden Liberalismus, der ein Zweiklassensystem oder ein autoritäres, zentralistisches Zwangssystem hervorbringen würde, kritisch gegenüber, sie ziehen es vor, Solidarität, Effizienz und Freiheit miteinander in Einklang zu bringen. Dieser Wille zur Mitte erschwert die Umsetzung neuer Vorschläge beträchtlich. Doch die Kostenfrage zwingt alle Akteure des Gesundheitssystems, das System zu evaluieren und Gesundheitspolitiken zugleich aus ökonomischer und sozialer Sicht zu definieren. Gesundheitsnetzwerke als dezentralisierte und einfach umsetzbare Initiativen zählen zu den gängigsten Vorschlägen. Die medizinischen Leistungserbringer, die Finanzierer und die Patienten sind in den Netzwerken miteinander verbunden und sollen gemäß diesen Vorschlägen leistungs- und verantwortungsbewusster werden.

Einer der wichtigsten Vorschläge zur Weiterentwicklung der Gesundheitssysteme in der Schweiz ist der Übergang von einem System unabhängiger Akteure und Institutionen zu einem System von Gesundheitsdienstleistungen durch Komplementarität und Koordination, innerhalb dessen die Prävention und der Informationsfluss zwischen den verschiedenen Partnern besser integriert werden könnten. Aus diesem Grund müssen neue Organisationen ins Leben gerufen werden, die Netzwerke sind logischerweise ein Teil dieser Vorschläge.

Im Folgenden geht es darum, die Netzwerke wie koordinierte Organisationen zu betrachten, welche eine ganzheitlichere Behandlung der Patienten, die Kontinuität von Behandlung und Pflege sowie eine bessere Ergebnisqualität anstreben.

2. Das Paradigma des 21. Jahrhunderts
Netzwerke sind in Mode: Postnetzwerke, Verkehrsnetzwerke, Gesundheitsnetzwerke… Dabei wird von der Vorstellung ausgegangen, dass Netzwerke an sich positive Organisationsformen sind. Eine Fülle von Publikationen bezeugt tatsächlich den Erfolg von «Unternehmensnetzwerken », die der Bildung von Gesellschaftsnetzen vorangehen und die für die Erhöhung der Firmenproduktivität notwendig sind.

Es ist daher logisch, dass in Analogie dazu Gesundheitsnetzwerke im Kommen sind: Netzwerke für die Behandlung und Pflege, koor- dinierte Netzwerke, Spitalnetzwerke… Der Begriff «Netz» bezeichnet das, was früher mit System und Struktur bezeichnet wurde, verbunden damit ist zusätzlich die Idee der Zirkulation, des Austausches, der Komplementarität, des Vertrauens und der Koordination. Er beinhaltet die Idee von Effekten, die durch den Austausch entstehen, was auch als «Netzwerkeffekte» bezeichnet wird. Die Versuchung ist jedoch groß, im Begriff «Netzwerk» das Paradigma des 21. Jahrhunderts zu sehen, d. h., einen Versuch zur Eröffnung neuer Ressourcen in schwieriger finanzieller Lage. Ist dies tatsächlich der Fall? Tatsächlich ist die Analogie heikel: Ist das, was für einige Güter- und Dienstleistungsunternehmen gilt, auch für soziale Dienstleistungen gültig? Kann man die Produktivität der Gesundheitseinrichtungen wie diejenige von Unternehmen erhöhen, wenn dabei die Qualität der Dienstleistungen gleich bleiben soll? Dies wirft ebenfalls die Frage nach dem Ziel öffentlicher und privater Netzwerke auf: Soll der Service verbessert, die Produktivität erhöht oder die Qualität gesteigert werden …?

Je nach der Bedeutung, die man dem Netzwerk zuschreibt, kann dieses «Orte und Menschen einander näher bringen», das «Netzwerk von Externalitäten» mit der Idee von Personen, welche für einen Dienst vernetzt sind, das «Netzwerk gebietsmäßiger Organisation», das «Netzwerk als Werkzeug zu Koordination und Transaktion».