Das Leben ist zu kurz für Knäckebrot - Selbstbewusst in allen Kleidergrößen

von: Sabine Asgodom

Kösel, 2011

ISBN: 9783641052126 , 304 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 8,99 EUR

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Das Leben ist zu kurz für Knäckebrot - Selbstbewusst in allen Kleidergrößen


 

EINLEITUNG
Eigentlich wollte ich ein Buch für dicke Frauen schreiben. Richtig dicke Frauen. Frauen wie mich. Frauen, die nach dem Kauf eines Kleidungsstücks in XL oder XXL als Erstes das Schildchen mit der Größe rausschneiden (was, das machen Sie bei Größe 40 auch?). Frauen, die nicht gerne schwimmen oder joggen gehen, da sie die Blicke der anderen fürchten. Frauen, die alle Diäten des Orients und Okzidents ausprobiert haben und immer nur dicker geworden sind. Frauen mit Übergewicht eben.
Dann habe ich Seminarteilnehmerinnen und Kundinnen von diesem Buch erzählt. Dünnen, molligen, runden, großen, kleinen, kurvigen, dicken, hageren, starken, vollbusigen, kleinbusigen, dickbäuchigen, Röllchen-tragenden, sportlichen, kräftigen. Ich habe erwähnt, dass es darin um Selbstbewusstsein für dicke Frauen geht. Und alle (in Worten »alle«) Frauen haben gesagt: »Au ja, wann kommt das Buch raus? Das brauche ich!« Und ich habe noch einmal gesagt: »Das wird ein Buch für dicke Frauen!« Und sie haben gesagt: »Ja, super, ich muss auch ein paar Kilo abnehmen.« Und ich habe gedacht: »Spinne ich?« Und dann: »Spinnen die?«
Daraufhin habe ich im Internet auf Twitter eine Umfrage gestartet: »Was glauben Sie – wie viele Frauen fühlen sich zu dick?« Die Antworten haben mich umgehauen. Hier eine kleine Auswahl der Mutmaßungen meiner Tweet-Bekannten:
 
»Ich kenne eigentlich nur eine, die sich nicht als zu dick bezeichnet. Traurig.« verbesseRunge
»99 Prozent?« Astrid13
»99 Prozent derer, die Frauenzeitschriften lesen, würde ich sagen.« Tanteschmitt
»Ich schätze, 90 Prozent meiner schönen und fantastischen Frauen bezeichnen sich als zu dick – obwohl sie es nicht sind.« villarrasa
»Alle außer mir. Ich bin nämlich manchmal zu dünn.« Quiete_something
»Ich denke, dass sich über 80 Prozent der Frauen als zu dick bezeichnen, aber gleichzeitig das Gewicht nach unten schummeln.« Goldlamm
»Ich befürchte, dies dürften über 50 Prozent sein?« RainerKrumm
»Die meisten finden sich zu dick. Da kann ich mich nur wundern.« Pgerike
»Ich schätze, 80 Prozent; gehöre auch dazu, macht aber nix...« nokidesign
»Vermutlich mehr als 90 Prozent. Gott sei Dank lassen wir den Magerwahn auch in den Medien langsam hinter uns. Das ist gut so.« Linda42a
»Wie viele? ZU VIELE! Die Frage ist doch, woher die Frauen wissen, dass sie zu dick sind. Wer sagt das? Der Spiegel, die Zeitung, die Gesellschaft?« Hartig_Coaching
»Wohl alle Frauen, die Germanys Next Topmodel gucken. Ich glaube, selbst schlanke Frauen ab Größe 38.« Pro-Charisma
»83 Prozent? Super Thema übrigens, auf das Buch freue ich mich.« Haseltweet
»Es gibt keine zu dicken Frauen. Es gibt nur Männer mit zu kleinen Händen ☺« Redenstrafferin
 
Wenn ich das alles richtig verstehe, heißt das: Wir sind viele. Und zwar »zu viele«. Wie kommen Frauen mit Größe 38 oder 40 dazu, sich selbst als zu dick zu sehen? Warum machen ca. ein Drittel der Frauen in Deutschland ständig Diäten? Was ist los mit dem Selbstbewusstsein von Frauen, die »ganz nebenbei« super begabt und ausgebildet, prima in ihrem Job, tolle Mütter und Ehefrauen, liebevolle Töchter und gute Freundinnen sind? Warum hauen sie sich das Wort »dick« selbst um die Ohren?
Dicksein ist kein vorübergehendes Unwohlsein, keine Anwandlung für einen Tag. Dicksein bestimmt das Lebensgefühl, das Seelenheil, wenn Sie so wollen. Denn: Dicksein wird geächtet, Dicksein gilt als Charakterfehler. Wir können es jeden Tag in der Zeitung lesen: Dicke belasten die Krankenkasse und die Umwelt. Dicke sind eigentlich an allem schuld. Ganz abgesehen mal von der Ästhetik! Zu jedem Sommeranfang mokieren sich irgendwelche Journalisten und auch Journalistinnen in Zeitungen und Zeitschriften darüber, dass jetzt wieder der Anblick fetten Fleisches zu befürchten ist, der ihr Auge beleidigt.
 
Es ist okay, dick zu sein. So, du bist also dick.
Also, sei dick und rede nicht mehr
darüber!
ROSEANNE BARR

Dicksein ist kein Charakterfehler


Mein Gott, hört auf damit! Dicksein ist kein Charakterfehler, Dicksein ist kein Zeichen von Stupidität und Labilität. Sehr dick sein ist vielleicht ungesund, aber nicht gefährlich für die anderen! Man stirbt nicht beim Anblick eines entblößten XXL-Oberschenkels. Das gilt für die öffentliche Meinung, aber auch für die Einschätzung von Frauen selbst. Dicksein heißt für viele: hässlich sein, nicht richtig sein, eine Versagerin sein – und das beginnt bei drei Kilo zu viel!
In einem Interview hat mir die Leiterin einer kommerziellen Abnehmgruppe erzählt, dass die dünnen Frauen die dicken in ihrer Gruppe verdrängen: »Die ganz dicken kommen gar nicht mehr, die sind sowieso frustriert. Jetzt kommen die Frauen, die vielleicht drei oder fünf Kilo zu viel haben. Wenn überhaupt, oft glauben sie auch nur, dass sie zu dick sind. Und sie erzählen mir, wie sie mit diszipliniertem Sport, Schwimmen oder Laufen, ihren Körper stählen. Ich bin manchmal fassungslos!«
Vielleicht sollten wir die Bedeutung des Gewichts einmal wieder ins rechte Maß bringen:
› Es gibt Menschen, die können sich selbst motivieren. Und andere können es nicht.
› Es gibt Menschen, die können super Ordnung in ihren Unterlagen halten. Andere können es nicht.
› Es gibt Menschen, die Freude daran haben, jeden Tag joggen zu gehen. Andere können es nicht.
› Es gibt Menschen, die haben einen grünen Daumen für Pflanzen. Andere können es nicht.
› Es gibt Menschen, die sind ehrgeizig und wollen voran- kommen. Andere wollen es nicht.
› Es gibt Menschen, die können sich beim Essen disziplinieren. Andere können es nicht.
› Es gibt Menschen, die können Gedichte schreiben. Andere können es nicht.
› Es gibt Menschen, die können schwimmen, radfahren und 84 Kilometer laufen. Andere können es nicht.
› Es gibt Menschen, die können ihren »inneren Schweinehund« bekämpfen. Andere können es nicht.
Niemand würde jemanden beschimpfen, der nicht eislaufen, Ballett tanzen oder dichten kann. Menschen, die nicht bereit oder in der Lage sind, sich dünn zu hungern, werden beschimpft und an den Pranger gestellt. Ihnen wird unterstellt, undiszipliniert, erfolglos und labil zu sein oder wie es in meiner Kindheit hieß: fett, faul und gefräßig.
 
Mit ein paar Pfund mehr auf den Rippen sehe ich besser aus!
BEYONCÉ, SÄNGERIN
 
Gestern Abend habe ich durch Zufall eine Sendung auf »Pro7« gesehen, in der die blonde Ansagerin und unbekannte Möchtegern-Models und unattraktive B-, ach was, C-Schauspieler über die Gewichtsprobleme von Schauspielerinnen und Sängerinnen hergezogen sind. Anschließend hat die dünne Moderatorin Ausschnitte aus (vor allem amerikanischen) Talkshows anmoderiert, in denen Dicke aufeinander und aufs Publikum losgelassen wurden. Im alten Rom wurden Sklaven den Löwen zum Fraß vorgeworfen, in manchen Sendungen werden mittlerweile die Dicken als Abschaum vorgeführt. Und das Publikum grölt. In den Reklamepausen dieser«lustigen« Sendung wurde Werbung für Produkte aus den Bereichen Eiscreme, Schokolade, Alkohol und Fastfood gemacht.
Ein Schelm, der Böses dabei denkt. In der Sendung macht man sich über Dicke lustig, und in den Werbepausen werden die Zuschauer angefixt mit lecker, lecker. Das ist kein Zufall, denn alle Mediaplaner überlegen sich die Platzierung von Werbung genau. Die Zuschauer am späten Abend werden offensichtlich als »Genuss-affin« erkannt, die sich aber daran ergötzen, dass sich andere Dicke im Fernsehen zum Affen machen.
 
Wissen Sie nicht, dass Mangelernährung
so was von vorbei ist?
Wie können Sie nur so 2006 sein?
MIMI SPENCER
 
Aber auch in deutschen Hochglanzmagazinen werden Hollywood-Schauspielerinnen öffentlich vorgeführt: Vorher-Nachher-Bilder und der Stempel: 7 Kilo zugenommen, 15 Kilo zugenommen. Und man spürt, wie sich die stark untergewichtige, 1,81 m große Promi-Redakteurin vor Ekel schüttelt (ich habe 25 Jahre lang in den Medien gearbeitet, ich kenne solche). Was für eine Unverschämtheit!
Hallo, das Leben ist zu kurz für Knäckebrot! Ich denke, Sie wissen, wie ich das meine. Das Leben ist zu kurz für Selbstbestrafung, Selbstverachtung und ein Leben im Mangel. Zur Ehrenrettung des Knäckebrots: Ich esse gerne Knäckebrot – aber aus Lust, nicht aus Diätenfrust.
Überhaupt Diäten: Warum sollen Millionen von Frauen ihren Körper nach den Vorstellungen von Medien und Meinungsmachern modellieren? Wir sollten lieber die anprangern, die Frauen mit Kurven das Leben schwer machen: Modedesigner schaffen Kleider ausschließlich für hagere, große Bohnenstangen; Möbeldesigner schaffen Stühle für schmalhüftige Kindfrauen mit kleinem Popo.
Und die deutsche Lufthansa ist nicht in der Lage, die Sitzgurte in der Businessclass so großzügig zu bestellen, dass die geschäftsreisende Rubensfrau sich anschnallen kann, ohne die Flugbegleiter um ein Verlängerungsstück bitten zu müssen.
Das alles macht Frauen, die dick sind, Stress. Und damit ist die Grundlage dafür gelegt, dass sie noch dicker werden. Denn Stress macht...